Stormarns erfolgreicher Springreiter eröffnet mit Stephanie Bargstädt in der Alten Vogtei einen Ausbildungsstall für alle Leistungsstufen

Grönwohld. Bald wird Jordi Sander wieder im Sattel sitzen, soviel steht fest. Noch aber posiert er höchstens für ein Foto ohne Krücken. Der Pferdesportler vom PS Granderheide heilt seinen Beinbruch aus. „Ich gehe aber davon aus, zum Ende des Jahres wieder vollständig einsatzbereit zu sein“, sagt der 30 Jahre alte Berufsreiter.

Er stärkt damit die Diagnose der Ärzte, die ihm prophezeiten, schnell wieder aufs Pferd zurückzukehren. Geschehen wird dies allerdings an neuer Wirkungsstätte, denn Sander zieht in Kürze – privat wie auch beruflich – von Schretstaken (Kreis Herzogtum Lauenburg) auf die Reitanlage Alte Vogtei in Grönwohld. Diese ist seit April im Besitz von Stephanie Bargstädt.

Trotz der schweren Reitverletzung sah der 30-Jährige der Veränderung von Beginn an gelassen entgegen. „Sich mit der neuen Situation zu arrangieren ist besser als sich zu ärgern“, sagt Sander. Und offenbart eine philosophische Ader: „Das ärgerlichste am Ärger ist nämlich, dass man sich selbst schadet ohne anderen zu nutzen.“

Rückblick: 16. August 2014. Während des Springturniers in Mühlengeez bei Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern) geht etwas schief, und dann alles viel zu schnell. Sander reitet auf das fünfte Hindernis zu. Er merkt, dass sein Pferd vor dem Absprung die Balance verliert. Für eine Reaktion ist es zu spät. Mit einem gewaltigen Satz überqueren beide die Barriere, ehe sein Pferd beim Aufkommen ins Straucheln gerät. Sander fliegt in hohem Bogen aus dem Sattel und bleibt verletzt liegen.

Der ziemlich langen Pause vom Reitsport gewinnt der Neu-Grönwohlder, dessen Leben sich in den zurückliegenden Jahren einzig um den Reitsport drehte, auch gute Seiten ab. Er sagt: „Endlich hatte ich Zeit, mich ausgiebig mit anderen interessanten Dingen zu beschäftigen. Allerdings habe ich schnell feststellen müssen, dass es in meinem Leben nichts gibt, was mich so erfüllt wie die Reiterei mit allen ihren Höhen und Tiefen.“

Vor 14 Jahren absolvierte Sander im Reiterzentrum Hanstedt eine dreijährige Ausbildung zum Bereiter. Nach Zwischenstationen in Neumünster und im Emsland arbeitete er fünf Jahre auf einer Reitanlage in Schretstaken. Vor drei Jahren wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit. Im Sommer 2013 lernte Sander in Schretstaken Stephanie Bargstädt kennen. „Ich benötigte noch den letzten Schliff für die Abnahme des Reiterabzeichens“, erzählt die 43-Jährige.

Ende vergangenen Jahres beschloss sie gemeinsam mit ihrem Ehemann aus dem lauenburgischen Wohltorf weiter aufs Land zu ziehen. Sie wurde schnell fündig: „Mehr durch Zufall sind wir in Grönwohld auf das Anwesen in der Dorfstraße gestoßen und wollten spontan einen neuen Lebensabschnitt beginnen“, sagt Bargstädt. Im April übernahmen sie die Alte Vogtei, im Juni folgte der Umzug – inklusive der eigenen Pferde – aus Wohltorf nach Stormarn. Kurze Zeit später trainierte Bargstädt wieder gemeinsam mit Sander. Die Idee reifte, nach ausgiebigen Renovierungsarbeiten in Grönwohld einen auf den 30-Jährigen abgestimmten Ausbildungsstall für alle Leistungsstufen aufzubauen.

Auf die Frage, was ihn zu einem Wechsel bewogen hat, antwortet Sander: „Stephanie und ich verfolgen im Pferdesport nicht nur die gleiche Philosophie, die Alte Vogtei bietet darüber hinaus mit ihrer großen Reithalle, dem Springplatz, dem Longierzirkel und der weitläufigen Galopprennbahn beste Bedingungen für Training auf hohem Niveau.“ In früheren Jahren diente das Areal ausschließlich der Landwirtschaft. Traute Christier-Heidemann erinnert sich: „Vor mehr als 100 Jahren haben meine Großeltern das Anwesen neu aufgebaut, nachdem ein Feuer dort eines der größten Reetdachhäuser der Gegend komplett vernichtet hatte“, sagt die 78 Jahre alte Grönwohlderin. Sie verbrachte die ersten 40 ihres Lebens dort. „Erst seit wenigen Jahren hat das Anwesen den Charakter einer Reitanlage bekommen“, sagt Christier-Heidemann.

In der ersten Jahreshälfte – vor seiner Verletzung – erzielte Sander seine bisher größten sportlichen Erfolge. Mit vier Pferden qualifizierte er sich für das Bundeschampionat in Warendorf (Nordrhein-Westfalen), drei von ihnen ritt er in unterschiedlichen Springprüfungen auf den ersten Rang. Und: Beim großen Preis von Granderheide auf dem Hof Masler sicherte er sich seinen insgesamt zehnten Sieg bei einer Springprüfung der Klasse S – davon acht mit verschiedenen Pferden.

Nun soll Sander der Reitausbildung in Grönwohld neue Impulse geben. „Ich werde meiner Ethik dem Pferdesport gegenüber wie bisher treu bleiben“, verspricht der 30-Jährige.

Er hat eine klare Vorstellung von der hohen Kunst der Pferde-Ausbildung. Er sagt: „Ein Pferd sollte ein für den Sport notwendiges Verhalten aus seiner eigenen Motivation heraus anbieten und und nicht unter Druck und Zwang erbringen.“