Faruk Tekin hatte irgendwann keine Lust mehr, er verließ seinen Platz im Tor, er zog sein Trikot aus und ging in die Kabine, einfach so, mitten während des Spiels.

Ahrensburg. Die Szene stand am Ende eines schwarzen Tages sinnbildlich für die Situation des SV Türkspor Bad Oldesloe, einen ehemaligen Erfolgsklub, der nach vier Aufstiegen in Folge in seiner ersten großen Krise steckt: Gökhan Akdemir trainiert eine Mannschaft aus Einzelkönnern, jeder für sich ein sehr passabler Fußballspieler, doch auf dem Feld stehen elf Individualisten, keine Einheit.

Die Realität zu Beginn der Winterpause der Kreisliga Stormarn sieht deshalb so aus, dass der SV Türkspor nach einer niederschmetternden 2:7-Heimniederlage gegen den direkten Konkurrenten TSV Zarpen auf dem vorletzten Tabellenplatz steht und niemand weiß, wie es weitergehen soll. "Ich war erschrocken, fassungslos, dass es möglich ist, gegen einen Tabellennachbarn so hoch zu verlieren", sagte Akdemir. Mehrere Stunden lang tagten er und der Vereinsvorstand nach dem Debakel. Akdemir bot seinen Rücktritt an, am Ende fiel die Entscheidung, alles erst einmal zu überdenken. "Ich muss mir erst darüber klar werden, ob ich überhaupt weitermachen möchte", sagte Akdemir. "Wenn ja, werde ich dem Vorstand bis zum Jahresende ein Konzept vorlegen, wie es wieder aufwärts gehen könnte."

Nach 16 Spielen und nur sieben Punkten hat Akdemir das Problem erkannt, "spielerisch sind wir gut, aber jeder spielt nur für sich. Jetzt könnten wir die typisch deutschen Tugenden gut gebrauchen", sagte der Coach, der Satz klingt gewöhnungsbedürftig aus dem Mund des Trainers eines türkischen Klubs. Worum es Akdemir geht, ist mannschaftliche Geschlossenheit: "Die brauchen wir, sonst hilft es uns auch nichts, wenn wir in der Winterpause fünf oder sechs neue Leute holen."

Verhaltensweisen wie die des Torwarts Tekin wird Akdemir wohl kaum akzeptieren können, er kündigte ein Gespräch an. "Irgendwie kann ich ihn ja verstehen, aber so etwas geht natürlich nicht", so der Coach. Seine Elf hatte wenigstens ein kurzes Aufbäumen gegen die schlimme Niederlage erkennen lassen, Mahmud Rastagar verkürzte kurz vor und kurz nach der Pause zum zwischenzeitlichen 2:4. Nach gut einer Stunde aber machte Zarpen das halbe Dutzend voll - und Tekin sich aus dem Staub.

Der SSV Großensee überbot die deutliche Pleite sogar noch, unterlag dem SC Union Oldesloe mit 0:7. Coach Stefan Grau sprach von einem "einsamen Rekord": 14 Gegentreffer in zwei Spielen seien in seiner Trainerlaufbahn beispiellos. "In dieser Zusammensetzung, das muss man so deutlich sagen, haben wir in der Kreisliga einfach nichts zu suchen", sagte er. "Alles andere wäre Augenwischerei."

Trotzdem stehen noch eine Reihe von Klubs hinter dem SSV: neben dem SV Türkspor der Rümpeler SV und die FSG Südstormarn, deren direktes Duell wegen Unbespielbarkeit des Platzes ausfiel, sowie nach einer 2:6-Niederlage gegen den Zweiten SSV Pölitz nach wie vor auch der SV Hammoor. Eine Halbzeit lang verkaufte sich der Außenseiter beim Aufstiegskandidaten teuer, auch weil das Pölitzer Abwehrbollwerk diesmal Risse zeigte. "Wir müssen glücklich sein über dieses Ergebnis", sagte SSV-Sprecher Jens-Peter Ehrlich. "Wir waren unkonzentriert, unser Auftritt war sogar ein bisschen arrogant."

Kommenden Sonntag soll das anders werden, Pölitz trifft dann auf den diesmal nur äußerst unglücklich mit 0:2 dem Tabellendritten SV Timmerhorn-Bünningstedt unterlegenen VfL Tremsbüttel - und hat die Chance, unmittelbar vor der Winterpause wieder ganz nach vorn zu stürmen. Spitzenreiter SSC Hagen Ahrensburg stellte den Betrieb nach einem 4:0 beim SV Hamberge nämlich bereits bis Mitte Februar ein, kann seinen knappen Vorsprung also nicht verteidigen. Beim Tabellensiebten war diesmal Kampf gefragt von den doch eher für ihre spielerischen Fertigkeiten bekannten Kunstrasen-Kickern vom Braunen Hirsch. "Am Schluss waren alle Trikots dreckig. Das ist ein gutes Zeichen", sagte Trainer Georg Jobmann.

Tremsbüttels Niederlage in Timmerhorn nahm nach gut einer Stunde Formen an, als Carsten Holzmüller einen Schuss von Florian Beckmann so unglücklich abfälschte, dass nicht einmal ein gelernter Schlussmann eine Chance gehabt hätte - Jonas Fahrenkrog, als Feldspieler zwischen die Pfosten gegangen, weil alle Tremsbütteler Torhüter verletzt sind, streckte sich vergeblich. "Dass wir eines unserer besten Saisonspiele auf diese Weise verlieren, ist sehr bitter für die Mannschaft", sagte Trainer Günter Schmidt.