In ihrem Sport der großen Emotionen haben die Verantwortlichen des Ahrensburger TSV das schöne Gefühl der Euphorie schon lange nicht mehr erlebt, dreieinhalb Wochen vor dem Beginn der neuen Saison steuern sie weiter in Richtung Depression.

Ahrensburg. Der Verein, seit Jahren Aushängeschild des Stormarner Handballs, nimmt Abschied von seinen hohen Zielen und orientiert sich nach den Misserfolgen der vergangenen Serie nicht ganz freiwillig neu. Wo von diesem Sommer an zwei Regionalligateams das Publikum begeistern sollten, gilt inzwischen sogar die Qualifikation für die erste Saison der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein in einem Jahr als akut gefährdet, die Spieler laufen dem Klub davon.

Lars Kiesbye kleidet den Niedergang in schmückende Worte, das ist seine Aufgabe als stellvertretender Abteilungsleiter. Er spricht davon, dass es wichtiger sei, "eine homogene Mannschaft zu haben, die zum Verein steht", als wie in der Vergangenheit mit teuer bezahlten, dafür aber höher qualifizierten auswärtigen Kräften anzutreten. "Wir werden eine Mannschaft haben, die wieder mehr mit Ahrensburgern besetzt ist", sagte er, "werden auf den eigenen Nachwuchs setzen." Man nennt so etwas wohl auch aus der Not eine Tugend machen.

Das Männerteam des ATSV, zuletzt klar am anvisierten Regionalliga-Aufstieg gescheitert, besteht nur noch aus einem Dutzend Spieler, gerade einmal die Hälfte davon stammt aus dem Kader der vergangenen Serie. Nachdem ursprünglich fast alle Leistungsträger signalisiert hatten, trotz geringerer finanzieller Anreize dem Verein die Treue halten zu wollen, sprang einer nach dem anderen doch ab - nun, als bislang letzter, auch der tunesische Nationalspieler Amen Gafsi (wechselt zum SV Henstedt-Ulzburg). "Wir sind von verschiedenen Spielern immer wieder hingehalten worden, und am Schluss haben sie uns dann abgesagt. Das ist für mich das eigentlich enttäuschende", sagte Trainer Tilo Labs.

Den Aufwand, von seiner Heimat Schwerin aus zum Training zu pendeln, will er trotz der neuen Voraussetzungen auf sich nehmen. Der Neuaufbau sei für ihn eine "reizvolle Aufgabe", die Vorgaben aber müssten korrigiert werden. "Ursprünglich war die Qualifikation zur neuen Oberliga das Minimalziel", sagte er, "jetzt wäre es schon eine richtig große Sache, wenn wir das schaffen würden."

Kaum besser sieht es im aus der Regionalliga abgestiegenen Frauenteam aus, sogar der Oberliga-Start schien zwischenzeitlich fraglich. Vorsorglich trennte sich der ATSV daher wieder von Trainer Claus Schilk, der das Amt erst im Mai übernommen hatte, nun ist Thies Nowacki, Coach der zweiten Mannschaft, verantwortlich. Auch ihm sind nur sechs Spielerinnen aus der Vorsaison geblieben. Immerhin: "Wir haben jetzt 26 Spielerinnen, aus denen wir in den kommenden Wochen zwei Teams machen werden", sagte Nowacki. Er selbst habe diese Saison eigentlich kürzer treten und sich um die Familie kümmern wollen, "aber jetzt müssen wir erst einmal zusehen, dass wir das Schiff wieder zum Laufen bringen".

Dass der Qualitätsverlust in den Mannschaften bis zum Saisonbeginn noch aufgefangen wird, scheint indes ausgeschlossen. "Die Mittel hätten wir, aber der Markt ist abgeräumt", sagte Labs. "Auf einen solchen Aderlass waren wir im Grunde nicht vorbereitet." Kiesbye baute möglichen weiteren Enttäuschungen schon einmal vor: "Sollten wir die Oberliga-Qualifikation nicht schaffen", sagte er, "wäre das kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Vielleicht klappt es dann ja ein Jahr später."