Die Akteure aus fünf Stormarner Vereinen beenden ihre Laufbahn mit einem selbst organisierten Abschiedsspiel.

Hoisdorf

Auf dem Koffer für Tape, Bandagen und allerlei Salben klebt ein grüner Sticker mit der Aufschrift "Oberliga", ein Relikt aus den guten alten Zeiten des TuS Hoisdorf. Er steht in einer Ecke der Kabine an der Oetjendorfer Landstraße, wie von einem Bühnenbildner drapiert als Kulisse für die Männer, die dicht gedrängt auf Holzbänken sitzen. Trainer Carsten Holst schreibt mit schwarzem Filzstift die Aufstellung an eine Tafel. 16 Stormarner Fußballer erfahren zum letzten Mal, ob sie in der Anfangself stehen. Für sie ist es heute ihr Abschiedsspiel. Die letzte Schlacht.

Die Erfahrung von mehr als 10 000 Ligaspielen sitzt zusammengepfercht auf ein paar Quadratmetern. "Liga-Legionäre" hat sich das Team mit Spielern aus fünf Vereinen genannt, so steht es auf den weißen Trikots. Es geht gegen den TuS Hoisdorf, in dessen Kreisliga-Elf Organisator Björn Gerlach bisher gekickt hat. "Ich wollte einfach nicht, dass man auf irgendeinem Dorf mit 0:1 verliert und dann ist alles vorbei", sagt er. "Ich wollte einen würdigen Abschluss."

Alles soll noch einmal so sein wie immer: das Treffen zwei Stunden vor dem Anpfiff, ein straffes Aufwärmprogramm, eine leidenschaftliche Ansprache in der Kabine. Holst, aktuell Trainer des TSV Trittau und einst bei der FSG Südstormarn für viele der 16 Routiniers verantwortlich, hat sich Notizen gemacht. "Hinten konsequent, im Mittelfeld klar, vorn kreativ", sagt er. "Nicht rumeiern. Fußball spielen, die Pille laufen lassen."

Marco Hecht, als Torwart mit dem TSV Bargteheide erfolgreich, hat den Tunnelblick auf dem langen Weg von der Kabine auf den Rasenplatz, den sie heute "Kampfbahn" nennen. "Ich war ja schon immer mehr der Joker, das hast du gut erkannt", ruft der Hoisdorfer Timo Bock in Richtung Holst. Dann laufen sie auf, einmal noch 90 Minuten für Björn Liedtke (TuS Hoisdorf), den feinen Techniker mit dem Hüftgold, für Christian Lewerenz (FSG Südstormarn), eines der größten Talente der vergangenen Jahre in Stormarn, für Olaf Axel, der die Hoisdorfer Oberligazeiten mitgestaltet hat, für all die anderen Recken.

Liedtke schießt zwei Tore, auch Florian Bergmann und Volker Warmuth (beide SSV Großensee) treffen, am Ende steht es 4:2 für die "Liga-Legionäre". Erst hatten sie sich die "Liga-Legenden" nennen wollen, aber das war ihnen dann doch zu pathetisch. Zumindest auf manchen hätte die Bezeichnung gepasst, Axel ist so einer. "Das ist jetzt schon komisch, dass es vorbei sein soll", sagt er. "Die Familie ist da, ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Die Jungs, die Kameradschaft, das wird mir fehlen."

"Es ist ja nicht so, dass man nie wieder einen Fußballplatz betritt", sagt Norman Habenicht, für seine Grätschen gefürchteter Mittelfeldmann des TuS Hoisdorf. "Aber das Semiprofessionelle eines Ligaspiels, das ganze Drumherum werde ich vermissen."

Für Organisator Gerlach ist Fußball auch eine Generationenfrage. "Leute wie wir vom alten Schlag, für die der Fußball alles war, verschwinden", sagt er. "Die jungen Spieler haben zwar viel Talent, aber wenig Einstellung." Am Ende der letzten Schlacht sind auch Gerlach und seine Kumpels zu Relikten aus der guten alten Zeit geworden.