Die Generalprobe ist geglückt: Bei den norddeutschen Meisterschaften belegten die beiden ehemaligen Gerätturnerinnen in ihren Klassen jeweils den zweiten Platz.

Hamfelde

Sechsmal pro Woche dreht sich die Welt für zwei Stunden um Svenja Trepte. Die Welt, das ist dann mal die Turnhalle der TSG Bergedorf, mal die des TSV Trittau, die Hamfelderin sieht sie durch ein 50 Kilogramm schweres Gerüst aus zwei Stahlreifen und sechs Sprossen. Svenja Trepte ist Rhönradturnerin, und mit ihrer Leidenschaft hat sie längst auch ihre jüngere Schwester Sandra angesteckt.

In Hamburg studiert Svenja Trepte im zweiten Semester Sport und Biologie auf Lehramt, zwischen den Vorlesungen ist sie Leistungssportlerin und Botschafterin einer nach wie vor wenig populären Turndisziplin. Sie hat eine Trainer-C-Lizenz erworben und in Trittau eine kleine Trainingsgruppe für Kinder gegründet, nachmittags bildet sie an der Großenseer Straße die Sieger von morgen aus. "Unser Sport muss wieder bekannter werden", sagt sie und schildert die Vorteile: "Gerätturnen kann für Jugendliche sehr frustrierend sein. Bei uns ist das nicht so, obwohl wir im Training im Prinzip genau die gleichen Dinge vermitteln."

Svenja Trepte muss es wissen, sie war selbst einmal Gerätturnerin und auf Kreisebene unter anderem als dreifache Gewinnerin des Hans-Behnke-Pokals erfolgreich. Nun hat sie der Ehrgeiz im Rhönradturnen gepackt, mit beachtlichem Erfolg. Bei deutschen Meisterschaften ist sie schon Fünfte geworden, bei den norddeutschen Titelkämpfen vor zwei Wochen Zweite. Zum ersten Mal hat sie sich für die am kommenden Mittwoch in Baar (Schweiz) beginnenden Weltmeisterschaften qualifiziert.

Diesmal wird es noch nicht zum Familienduell kommen, obwohl auch Sandra ihr Ticket gelöst hat. Die Schülerin, Zwölftklässlerin am Gymnasium Trittau mit den Leistungsfächern Biologie und Kunst ("Sport konnte ich leider nicht wählen"), tritt noch in der Jugendklasse an. "Zum Glück", sagt sie, "gegen die eigene Schwester zu turnen, das wäre doch blöd." Wer gewinnen würde? "Noch Svenja", sagt die jüngere kämpferisch. "Bevor du daran denken kannst, mich zu schlagen, müssen wir erst mal deinen Sprung verbessern", entgegnet die ältere und grinst.

Der Sprung vom Rhönrad auf eine Matte ist eine von drei Disziplinen neben dem Geradeturnen im rollenden Sportgerät und dem Spiraleturnen, bei dem das Rhönrad nur auf einem seiner beiden Stahlreifen kreist. Kampfrichter bewerten die Kür- und Pflichtübungen nach einem Punktesystem. Es gibt Mehrkampf- und Einzelwertungen.

Die WM-Teilnahme ist für die Schwestern auch ein Kostenfaktor, Svenja Trepte beklagt mangelnde Unterstützung vom Deutschen Turner-Bund. "Als nichtolympische Sportart ist für uns wenig Geld da", sagt sie. Die Unterkunft in der Schweiz wird zwar gestellt, die Flüge aber müssen die Treptes selbst bezahlen: "Wir bekommen ja nicht einmal ein Wettkampftrikot vom Verband gestellt. Für ein einheitliches Auftreten müssen wir nun wohl die Anzüge eines anderen Vereins mitbenutzen."

Jeweils ein Einzelfinale, das ist das Ziel der Stormarnerinnen für die Titelkämpfe, ihre Chancen stehen nicht schlecht. Die Generalprobe auf norddeutscher Ebene hat richtig gut geklappt, die Schwestern belegten jeweils hinter Mitfavoritinnen auf den WM-Titel Rang zwei. Und auch der Trittauer Nachwuchs schnitt gut ab: Alina Knie (11) schaffte als Zwölfte die DM-Qualifikation, Leonie Reimers (12) verpasste die Teilnahme als 14. nur ganz knapp. Svenja Trepte konnte stolz sein auf ihre Schützlinge.

Erst einmal aber konzentrieren sie und ihre Schwester sich nun voll auf die WM, am Dienstag geht der Flieger in die Schweiz. "Ganz vielleicht, wenn alles perfekt klappt, ist vielleicht sogar eine Medaille für mich möglich", sagt Svenja. Es wäre für die Stormarnerin wieder so ein Moment, in dem sich die Welt nur um sie zu drehen scheint.