Reinbek. Stadt Reinbek muss die Partei nach Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts gewähren lassen. Vor der Tür protestieren 700 Menschen.

Drinnen die AfD, draußen friedlicher Widerstand: Zu einer Demonstration vor Schloss Reinbekgegen Rechtsextremismus und für Demokratie sind am Freitagabend schätzungsweise rund 700 Teilnehmer gekommen. Zu der Kundgebung hatten die Omas gegen rechts aufgerufen. Sie war eine Reaktion auf eine Veranstaltung der AfD Schleswig-Holstein zur selben Zeit im Schloss. Die Stadt Reinbek als Hausherrin musste der Partei die Räumlichkeiten überlassen, das hatte das Verwaltungsgericht Schleswig am Donnerstag, 4. April, in einer Eilentscheidung verfügt.

Die Omas gegen rechts bildeten vor dem Schloss ein Spalier, das sie „Gasse der Schande“ tauften. Ihr Ziel: Die Gäste der AfD-Veranstaltung mussten hindurchgehen, um zum Schloss zu gelangen. Spießrutenlaufen! Mitglieder des Bürgervereins Ohe unterstützten die „Omas“. Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer, der Landtagsabgeordnete Martin Habersaat (SPD) und viele Kommunalpolitiker waren gekommen. Die Polizei war mit 80 Beamten vor Ort. Sie sperrten den Veranstaltungsort weiträumig ab. Lediglich Menschen, die sich bei der AfD angemeldet hatten, durften passieren.

AfD tagt auf Schloss Reinbek – Verwaltung muss Partei Zugang gewähren

Die Demonstranten machten zunächst mit einem gellenden Pfeifkonzert auf sich aufmerksam. Viele riefen: „Das ist unser Haus, Nazis raus!“ Und: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!“ Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer an der AfD-Veranstaltung auf etwa 50. Sie trafen vereinzelt ein, viele von ihnen gingen den Weg zum Schloss tatsächlich durch die „Gasse der Schande“, einige umgingen das Spalier. Polizeisprecherin Jacqueline Fischer sprach von einer insgesamt friedlichen Atmosphäre.

AfD darf Schloss Reinbek nutzen

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    Das sah auch Inga Stöckmann von den Omas gegen rechts so. Sie sagte: „Ich bin begeistert, dass so viele Menschen hier sind und dass alles so friedlich geblieben ist.“

    AfD tagt auf Schloss Reinbek – neue Satzung sollte das verhindern

    Die Stadtverwaltung wollte die Veranstaltung eigentlich gar nicht zulassen und berief sich bei ihrer Ablehnung einer entsprechenden AfD-Anfrage auf eine neue Nutzungssatzung fürs Schloss, die Reinbeks Kommunalpolitiker im vergangenen Jahr beschlossen hatten und die Anfang Januar 2024 in Kraft getreten war. Seitdem gilt grundsätzlich: Veranstaltungen mit „extremistischen, rassistischen, antisemitischen, nationalistischen, sonstigen menschenverachtenden oder antidemokratischen“ Inhalten sind im Schloss verboten.

    Blick aus dem Schloss auf die Demonstration.
    Blick aus dem Schloss auf die Demonstration. © Stephanie Rutke | Stephanie Rutke

    Nach Überzeugung der Schleswiger Richter taugt die Satzung aber nicht, um die AfD von der Nutzung des Reinbeker Wahrzeichens auszuschließen. Aus Gründen der Gleichbehandlung müsse Reinbek der AfD wie anderen Parteien Zugang zu den Räumlichkeiten gewähren, hieß es in einer Mitteilung des Verwaltungsgerichts.

    AfD nutzt Schloss Reinbek: Verwaltungsgericht kam zu eindeutiger Entscheidung

    Eine Kommune, die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Partei habe, könne dieser die Nutzung ihrer Einrichtung deswegen nicht untersagen. Hier greife das Parteienprivileg, das in Artikel 21, Absatz 4 des Grundgesetzes verankert ist. Danach entscheide über die Frage der Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei allein das Bundesverfassungsgericht, stellten die Schleswiger Richter klar.

    Polizisten sicherten das Schloss.
    Polizisten sicherten das Schloss. © Stephanie Rutke | Stephanie Rutke

    Bei der Veranstaltung am Freitagabend sprach die bayerische Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy unter dem Titel „Sozialsysteme in Gefahr“ über die Themen Rente und Bürgergeld. Huy, die für die AfD als Obfrau im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales vertritt, soll nach Recherche von „Correctiv“ im November 2023 an dem Treffen radikaler Rechter in einer Potsdamer Villa teilgenommen haben, bei dem die Anwesenden unter dem Terminus „Remigration“ über die massenhafte Ausweisung in Deutschland lebender Menschen mit Migrationshintergrund diskutierten. Das Recherchenetzwerk veröffentlichte auf seiner Internetseite ein Foto, das die Politikerin bei der Veranstaltung zeigen soll.

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    Die AfD und die ihr nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) hatten das Reinbeker Schloss bereits mehrfach für Veranstaltungen genutzt, zuletzt waren im November 2022 auf Einladung der DES rund 60 Teilnehmer zu einer Tagung unter dem Titel „Deutschland 2050“ gekommen. In den Vorträgen ging es damals um „konservative Ethik“ und „konservative Ökologie“.

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    Wird sich Reinbek künftig mit solchen Veranstaltungen abfinden müssen? Bürgermeister Björn Warmer sagte am Rande der Demonstration, man werde „mit aller Kreativität prüfen, ob Inhalte der Satzung anders ausgestaltet werden müssen“.

    „Ich finde, wir sind hier alle gut organisiert, zeigen auf eine neue Art Flagge“, sagte der Bürgermeister in Anspielung auf große Regenbogen-Flaggen, die zurzeit das Foyer des Schlosses schmücken und die auf dessen Instagram-Account zu sehen sind. Sein Fazit: Er fühlte sich an diesem Tag nicht ohnmächtig, denn: „Ich habe den Eindruck, dass Verwaltung und Stadtvertretung reichlich Unterstützung haben.“