Neue Daten belegen: Zwischen Lübeck und Hamburg ist jeder zehnte Zug zu spät. Pendler sind der Meinung, dass es sogar noch mehr sind.

Ahrensburg. Was viele Pendler aus ihrer täglichen Erfahrung wissen, ist nun statistisch belegt: Die Regionalzüge auf der Strecke zwischen Hamburg und Lübeck werden immer unpünktlicher. Gleichzeitig nutzen immer mehr Fahrgäste diese Verbindung. Das geht aus einer Antwort hervor, die der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Ole Thorben Buschhüter (SPD) auf eine entsprechende Anfrage an den Senat bekommen hat. Der Senat schaltete seinerseits die in Schleswig-Holstein zuständige Landesweite Verkehrsservicegesellschaft (LVS) ein, die im Auftrag des Landes den Bahnverkehr organisiert und die Vertragspartner kontrolliert. Für die Strecke Hamburg-Lübeck ist das die Bahntochter DB Regio AG.

Nach Angaben der LVS waren im vergangenen Jahr nur 88,7 Prozent der Regionalexpress-Züge und nur 87,7 Prozent der R 10-Züge pünktlich. Die R 10-Züge gehören zum Hamburger Verkehrsverbund (HVV) und fahren bis Bad Oldesloe, die schnelleren Regionalexpress-Züge fahren bis Lübeck. Ermittelt man für beide Linien einen Durchschnittswert, liegt dieser für 2011 bei 88,2 Prozent. Im Jahr 2010 lag er noch bei 89,1 Prozent. "Das sind keine guten Werte", sagt LVS-Sprecher Dennis Fiedel zu dem Ergebnis.

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Zu den Pendlern, die die wachsende Unpünktlichkeit immer häufiger zu spüren bekommen, gehört Jan-Michel Bokelmann. Der Hotelfachschüler fährt jeden Morgen vom Hamburger Hauptbahnhof nach Lübeck. Er sagt: "Meine Erfahrung ist, dass es sich verschlechtert. Teilweise kommt jeder zweite Zug zu spät." Ähnlich sieht es Simona Syversen, die in Bad Oldesloe wohnt und nach Hamburg pendelt, wo sie als Schifffahrtskauffrau arbeitet. "In der Hauptverkehrszeit sind die Züge immer unpünktlich", sagt sie. Bettina Wach-Becker hat aus diesem Grund sogar ihren Wohnort gewechselt, wie sie sagt. "Ich arbeite als Produktionshelferin in Ahrensburg und wohnte früher in Bad Oldesloe. Die Züge kamen aber ständig zu spät, sodass ich auch nicht pünktlich zur Arbeit erscheinen konnte. Das ist einer der Gründe, weshalb ich jetzt nach Ahrensburg gezogen bin."

In der Tat dürfte es noch weitaus mehr Verspätungen geben, als in den Daten erfasst werden. Denn dort werden nur Züge gezählt, die mehr als fünf Minuten zu spät abfahren. Fahrgäste wie Renske Steen, die von Hamburg nach Lübeck pendelt, sagen aber, dass es auch häufig zu Verspätungen von drei oder vier Minuten kommt. Das bestätigt auch Ali Hentei aus Bad Oldesloe, der als Koch in Ahrensburg arbeitet: "Ich fahre jeden Tag auf der Strecke zur Arbeit und der Zug kommt nur selten wirklich pünktlich. Weil ich eigentlich jeden Tag mit solchen Verspätungen rechnen muss, bin ich gezwungen, immer einen erheblich früheren Zug zu nehmen." Alexander Tichonoff aus Ahrensburg, der eine Ausbildung in Hamburg macht, zählt zu den Pendlern, die von einer weitaus höheren Verspätungs-Rate ausgehen als angegeben. "Nach meiner Wahrnehmung ist eher jeder dritte Zug unpünktlich."

Die Bahn wird nun für diese Verspätungen zahlen müssen - zwar nicht an die Fahrgäste, dafür aber an die Vertragspartner, die Stadt Hamburg und das Land Schleswig-Holstein. Der Grund ist, dass vertraglich 95 Prozent Pünktlichkeit vereinbart wurde. Wird das Ziel nicht erreicht, werden Strafzahlungen fällig. 2010 hat Schleswig-Holstein auf diese Weise einen sechsstelligen Betrag kassiert. Wie hoch er genau war und wie viel die DB Regio hat zahlen müssen, wollte Dennis Fiedel nicht sagen.

Nicht geheim hingegen ist die Tatsache, dass immer mehr Personen die Bahnverbindung Hamburg-Lübeck nutzen. Im Abschnitt Ahrensburg/Bad Oldesloe gab es im Vergleich der Jahre 2000 und 2010 eine Zunahme um 56 Prozent. Im Abschnitt zwischen dem Hamburger Hauptbahnhof und Ahrensburg waren es 47 Prozent.