Wir stellen die Kandidaten für den Gesundheitspreis 2011 vor. Heute: Die Ortsgruppe der Deutschen Rheuma-Liga

Ahrensburg. Der Schmerz ist wie ein umgeknickter Fuß, nur permanent, mal mehr, mal weniger, aber immer da. Manchmal konzentriert er sich auf die Fingergelenke, mal auf die Knie, die Schulter, und manchmal sitzt er in jedem Gelenk. So beschreibt die Physiotherapeutin Gisela Conrady für Laien den Rheumatischen Formenkreis, der über 500 Erkrankungsmöglichkeiten umfasst, Osteoporose zum Beispiel, Arthrose oder Gicht.

Der bekanntere Name der Krankheit, die den Schmerz verursacht, ist Rheuma. Bei Klaus Walter genauer: Chronische Polyarthritis, die andauernde Entzündung vieler Gelenke. Klaus Walter ist eines von 690 aktiven Mitgliedern der Rheuma-Liga in Stormarn, und, wieder genauer: Gründungsmitglied jener Selbsthilfeorganisation. "Vor 30 Jahren gab es einen Aufruf in der Zeitung, Betroffene könnten zu einem Informationsabend kommen", sagt Walter. Er war sehr stark betroffen, damals schon, und er ging hin, obwohl er gerade eben so aufrecht stehen konnte. "Der damalige Leiter der AOK hat etwas über die Rheuma-Liga erzählt. Die Krankenkasse suchte Freiwillige, die sich mit einbringen wollten", sagt er.

Die Rheuma-Liga gab es bereits seit 1970, aber es sollten sich weitere Ortsgruppen bilden. Woher Klaus Walter die Kraft nahm, sich trotz seiner Schmerzen zu engagieren, weiß er nicht. Aber inzwischen gehe es ihm besser, er könne gut mit der Krankheit leben, sagt er. Auch wegen des Funktionstrainings der Rheuma-Liga, mit dem sich die Ortsgruppe Stormarn um den Gesundheitspreis 2011 beworben hat.

Funktionstraining ist sanfte Gymnastik in der Gruppe, entweder 30 Minuten in etwa 32 Grad warmem Wasser oder 45 Minuten auf dem Trockenen, ein bis zwei mal pro Woche, ein bis zwei Jahre lang. In Stormarn gibt es mehr als 50 Gruppen, in durchschnittlich 46 Wochen im Jahr gibt es Therapieangebote.

Dann trainieren die Patienten mit Poolnudeln, Therabändern und Gymnastikbällen - und gehen bis an ihre Schmerzgrenze. Denn auch wenn die Gelenke weh tun: Sie müssen bewegt werden, sonst verschlimmern sich die Beschwerden. Durch die speziellen Übungen soll eben das verhindert werden. "Manche kommen mit dem Gehwagen bis zum Beckenrand, um dann im Wasser ihre Übungen zu machen", sagt Gisela Conrady, die einige Gruppen als Physiotherapeutin betreut. Das sei vorbildlich. "Einige Patienten kommen auch noch, wenn die Krankenkasse nicht mehr bezahlt. Sie zahlen dann selbst." Im Kreis sei das Funktionstraining konkurrenzlos. Und in herkömmlichen Sportvereinen würden sich viele Rheumakranke nicht wohl fühlen. Warum erklärt die Schriftführerin der Ortsgruppe, Marianne Bogner. "Eine Patientin konnte in einem Verein bei einer Übung wegen ihrer Schmerzen nicht mitmachen und wurde ausgelacht. So was passiert bei uns nicht."

Und auch das Gruppenkonzept sei einmalig. Ärzte würden oft Einzeltrainings verschreiben, das sei sinnvoll bei sehr speziellen Dingen, wie beispielsweise nach Operationen. "Aber in der Gruppe wird immer der ganze Körper trainiert, weil ja bei jedem Termin für jeden der Teilnehmer etwas angeboten werden muss", sagt Conrady. "Außerdem macht es in der Gruppe mehr Spaß, die Patienten klönen und eigentlich sind in jeder Gruppe schon Freundschaften entstanden".

Einige würden sich inzwischen sogar außerhalb treffen, um etwa gemeinsam auf die Bundesgartenschau zu fahren. Klaus Walter kennt noch mehr Gründe, die für das Trainieren in der Gruppe sprechen. "Die Schmerzen sind oft für die Angehörigen nicht sichtbar. Viele Patienten finden in der Gruppe mehr Verständnis, weil die Mitglieder selbst betroffen sind."

Auch Hilfe geben könne man besser, wenn man selbst Patient sei. Dann könne man ganz anders über Medikamente und deren Nebenwirkungen sprechen. Oder über Ernährung: Bei einigen Krankheitsformen, wie Gicht, ist es sinnvoll, auf bestimmte Lebensmittel zu verzichten, Schweinefleisch oder Bier zum Beispiel. "Wir bieten auch Kochkurse an", sagt Gisela Conrady. Auch Schmerzbewältigung gehörte bereits zum Programm.

Sollte das Funktionstraining beim Gesundheitspreis gewinnen, würden die 3000 Euro Preisgeld dazu verwendet, weitere solcher Kurse anzubieten. Die Physiotherapeuten könnten Schulungen besuchen, Qui-Gong, Pilates und Beckenbodentraining. Und es sollen weitere Veranstaltungen für die Mitglieder organisiert werden. Die nächste ist bereits geplant: Es geht nach Glücksstadt, zum Matjes-Essen.