In Badendorf wurden Fährten entdeckt. Eine Kamera soll nun den endgültigen Beweis liefern

Badendorf. Immer mehr Indizien sprechen dafür, dass im Norden Stormarns ein Wolf unterwegs ist. Der Wolfexperte Jens Matzen hat im Umkreis der Wüstenei im Westen von Lübeck Einzelfährten gefunden, einige auch in einem Waldstück bei Badendorf. "Es kann ein Wolf sein", sagt er. Die Spuren hätten durchaus die richtigen Maße. Der endgültige Beweis fehle allerdings noch - eine längere Spur, der "geschnürte Trab". "Die Hinterpfote muss direkt in die Vorderpfote getreten sein", erklärt Matzen. Dieses für den Wolf typische Laufmuster hat er bislang noch nicht gefunden. "Das ist auch ein bisschen wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Das Gebiet ist recht groß, und der Wolf ist ein sehr wanderfreudiges Tier", sagt Matzen, einer von drei vom Land ernannten "Wolfsbetreuern". Nun sollen Wildkameras dabei helfen, Isegrim auf die Spur zu kommen.

Bereits Anfang Juli waren zwei Anrufe beim Naturschutzbund und dem Kieler Umweltministerium eingegangen. Augenzeugen berichteten, in der Wüstenei einen Wolf gesichtet zu haben. "Der erste Zeuge meldete sich am 5. Juli. Der zweite Hinweis kam eine Woche später", sagt Jens Matzen, der als Forstwirt für die Naturparkverwaltung Holsteinische Schweiz arbeitet. Die drei Wolfsbetreuer wurden sofort aktiv. Seitdem kontrollieren sie beinahe täglich auch das Waldstück bei Badendorf im Kreis Stormarn, das zum Landschaftsschutzgebiet Wüstenei gehört. Der überwiegende Teil des 335 Hektar großen, nordwestlich des Autobahnkreuzes A 1 und A 20 gelegenen Geländes befindet sich auf Lübecker Gebiet. Ein Teil des Areals wird seit 1965 als Truppenübungsplatz genutzt.

"Es ist ein unberührtes Stück Natur. Für den Wolf ideal", sagt Jens Matzen. Er sucht bei seinen Kontrollgängen auch nach dem Kot des Tieres, der "Losung". Sie könnte wertvolle Hinweise auf das Herkunftsland des Tieres liefern. Hoffnung, dass er den Wolf zu Gesicht bekommen könnte, hat er kaum. "Das wäre wie ein Sechser im Lotto. Wölfe sind sehr intelligente und ausgesprochen scheue Tiere. Sie meiden Menschen, wo sie nur können", sagt der Forstwirt, der sich seit gut 15 Jahren mit den Tieren beschäftigt und erst ein einziges Mal für Bruchteile von Sekunden eines gesichtet hat. Der "böse Wolf" - das sei ein Mythos, ein Märchen, das sich hartnäckig halte, jedoch nicht der Wirklichkeit entspreche. Matzen: "Der Wolf geht kein Risiko ein und stellt für die Bevölkerung keine Bedrohung dar."

Den letzten Beweis für die Existenz des Wolfs soll nun eine Wildkamera bringen. "Sie wird vier Wochen lang von jeder Bewegung fünf Standbilder machen", erklärt Jens Matzen.

Der Stormarner Wolf wäre bereits das zweite Tier in Schleswig-Holstein. 2007 wurde ein aus Sachsen eingewanderter Einzelgänger bei Süsel in Ostholstein überfahren und getötet. Seine Herkunft wurde mittels eines Gentests festgestellt. Ausgestopft steht er heute im Kreishaus in Eutin.

150 Jahre lang galt der Jäger in Deutschland als ausgerottet. Seit mittlerweile zehn Jahren breitet er sich wieder aus. In der Lausitz (Sachsen) leben mittlerweile sechs Rudel. Auch in Hessen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern wurde er nachgewiesen. Seit dem Fund in Süsel kommt für die Fachleute auch Schleswig-Holstein als Wolfseinwanderungsland in Frage. Das Landwirtschaftsministerium und Naturschutzverbände haben deshalb einen Managementplan erarbeitet, der seit einem Jahr in Kraft ist. Zudem hat das Land eine Richtlinie verabschiedet, nach der Zuschüsse für Präventivmaßnahmen wie wolfssichere Einzäunungen gewährt und Landwirte für eventuelle Tierverluste entschädigt werden können. Sollten sich einzelne Tiere dauerhaft in Schleswig-Holstein niederlassen, werden die betreffenden Kreise durch das Landwirtschaftsministerium zum Wolfsgebieten erklärt. "Wir sind für den Fall der Fälle vorbereitet", sagt Jens Matzen.

Er ist sich sicher, dass die streng geschützten Tiere künftig vermehrt in Schleswig-Holstein auftauchen werden. "Sie sind auf dem Vormarsch, weil der Abwanderungsdruck wächst", sagt er. "Wölfe verlassen im Alter von zwei Jahren den Familienverband, suchen sich ein neues Revier und finden mit Glück einen Gefährten. Das ist wie im richtigen Leben." Sie legen weite Strecken zurück, nicht selten bis zu 70 Kilometer in einer Nacht. Dass sich Familienverbände in Schleswig-Holstein entwickeln, sei eher unwahrscheinlich, sagt der Wolfsbetreuer. "Das Land ist zu dicht besiedelt. Wir werden es vielmehr mit Einzelgängern zu tun haben. Auch in Stormarn."