Neues Projekt des Kreises: Fünf Menschen unterstützen Kommunen bei der Aufnahme von Asylbewerbern

Bad Oldesloe. Die Familie aus Syrien hat Grauenhaftes erlebt. „Sie mussten ansehen, wie die vier Brüder des Vaters von der Isis getötet wurden“, sagt Hazzal Ciminski. Der Oldesloer zögert. „Sie wurden geköpft.“ Jetzt lebt die Familie mit ihren drei kleinen Kindern in Bargteheide. Hazzal Ciminski war da, als sie ankamen. Er ist selbst Syrer. Er kennt ihr Land. Er spricht ihre Sprache. „Es war gut, dass die Flüchtlinge gleich mit jemandem reden konnten, der sie versteht. Das hat sie ruhiger gemacht.“

So wie Hazzal Ciminski sind jetzt vier weitere Sprachvermittler in Stormarn unterwegs, um die Gemeinden bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen zu unterstützten. Sie teilen sich vier Stellen – zwei für den Norden Stormarns, zwei für den Süden. Finanziert wird das jetzt gestartete Projekt vom Kreis, der für den Norden einen Vertrag mit der Diakonie abgeschlossen hat, für den Süden mit der Awo kooperiert und 116.000Euro für die Umsetzung des Konzeptes ausgibt (wir berichteten).

2014 kamen 1045 Flüchtlinge nach Stormarn

„Dass wir vor Ort sind, ist ganz wichtig“, sagt Kirstin Schwarz-Klatt, die die Migrationssozialberatungsstelle der Diakonie in Bad Oldesloe leitet. „Unsere Mitarbeiter kommen deswegen auch nicht nur am Tag der Zuweisung. Sie kommen regelmäßig jede Woche in die Gemeinden.“ So wie Hazzal Ciminski. Er ist seit 14 Jahren in Deutschland und wurde mehr als nur gut aufgenommen. „Eine Familie in Lübeck hat mich damals adoptiert“, sagt er. „Seit 2007 habe ich die deutsche Staatsbürgerschaft.“ Früher habe er auf dem Flughafen gearbeitet, jetzt habe er einen Job als Auslieferungsfahrer. „Ich lebe in Bad Oldesloe und bin hier anerkannt und sehr gut integriert“, sagt der Sprachvermittler, der schon von 2003 bis 2008 für die Diakonie gearbeitet hat – ehrenamtlich.

Jetzt hat der Syrer eine 0,4-Stelle, um sich um Menschen zu kümmern, die aus arabischen Ländern geflüchtet sind. Ob sich seine „Schützlinge“ genauso gut integrieren können wie er, ist fraglich. „Die Situation hat sich verändert“, sagt Kirstin Schwarz-Klatt. „2013 kamen 350 Flüchtlinge nach Stormarn. 2014 waren es 1045. Das stellt uns vor große Herausforderungen.“

Das sehen die Kommunen genauso. Sie bekommen Flüchtlinge zugeteilt und müssen die Kosten tragen. Dabei geht es um Summen, die zum Teil die Millionengrenze übersteigt. Den Bürgermeistern ist die Finanzierung des jetzt gestartete Projekts der Diakonie daher ein Dorn im Auge. Das Konzept sei zwar nicht schlecht, aber die dafür bewilligten 116.000 Euro hätte der Kreis den Kommunen lieber direkt geben können. Genauso wie das Geld, das vom Land für die Asylbewerberbetreuung gezahlt wird und das ebenfalls an die Fachstellen der Diakonie und Awo fließt.

„Die Kommunen wollen alles haben“, sagt Margot Sinning (SPD), Vorsitzende des Sozial- und Gesundheitsausschusses des Kreistags. „Und das verstehe ich auch. Aber es gibt Verträge mit den Fachstellen. Und an denen halte ich fest.“ Die übergeordnete, professionelle Hilfe für schwierige Fälle sei unverzichtbar. Die Leiterin der Migrationsberatungsstelle der Diakonie gibt ein Beispiel. „Eine afghanische Familie ist auf der Flucht getrennt worden“, sagt Kirstin Schwarz-Klatt. „Wir haben den internationalen Suchdienst eingeschaltet und uns um die Familienzusammenführung gekümmert.“

Bei einem Gespräch mit den Bürgermeistern wurde noch keine Einigung erzielt. „Wir waren uns aber einige, dass wir die Aufgabe nur gemeinsam bewältigen können“, sagt Margot Sinning. Bis August soll nun an einer Lösung des Problem gearbeitet werden. Ein möglicher Kompromiss deutet sich schon an: Das Land hat angekündigt, die Pauschale von 63 auf 95 Euro pro Asylbewerber und Quartal zu erhöhen. Sinning: „Ich hätte kein Problem damit, den Differenzbetrag an die Kommunen weiterzugeben.“

Neuankömmlinge fassen Vertrauen, wenn jemand ihre Sprache spricht

Für Shirin Moghaddam zählt etwas anderes. „Wir waren gerade in Ammersbek, bei der Erstaufnahme von Familien aus Tadschikistan“, erzählt die Iranerin, die seit 34 Jahren in Deutschland lebt und nun die Gemeinden bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen unterstützt. „Die Menschen hatten Schreckliches erlebt. Ihre Nerven lagen blank“, sagt die Reinfelderin. „Aber wir haben ihre Sprachen gesprochen. Sie haben Vertrauen gefasst.“

Auch Ganna Benke war dabei. Sie war vor zwölf Jahren aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. „Ich weiß, was Flucht bedeutet“, sagt die Oldesloerin. „Meine Eltern sind jetzt in Kiew.“ Die Kriegsbilder aus ihrem Land lassen sie nicht los. Jetzt wird sie sich auch um die Vernetzung der Flüchtlings-Unterstützerkreise in Stormarn kümmern. In den 90er-Jahren habe es diese Willkommenskultur noch nicht gegeben, sagt Margot Sinning: „Was die Ehrenamtler vor Ort leisten, ist so wichtig. Auch sie müssen wir begleiten.“