In Glinde wurde die erste unternehmensübergreifende Einrichtung in Stormarn eingeweiht. Die Begeisterung ist groß

Glinde. Es ist ein Pilotprojekt, das Schule machen soll. Das wünschen sich Bürgermeister und Politiker aus dem Kreis Stormarn. Am gestrigen Dienstag wurde in Glinde im Gewerbegebiet Glinnkamp die erste unternehmensübergreifende Betriebs-Kita in der Region eingeweiht. Gründer der Einrichtung an der Wilhelm-Bergner-Straße sind die Firmen Alfa Laval, Allergopharma, Amandus Kahl und das e-Werk Sachsenwald, die zusammen rund 1500 Mitarbeiter haben. Am Donnerstag ist Betriebsstart. Zur Verfügung stehen elf Plätze in einer Gruppe für Kinder bis zu einem Alter von drei Jahren. Auch Glinde und Reinbek beteiligen sich. Die beiden Städte haben insgesamt vier Plätze gebucht.

„Es ist ein Leuchtturm und zugleich ein Beispiel, dem viele Unternehmen folgen sollten. Dadurch wird den Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, schnell wieder in den Beruf einzusteigen. Dieses Projekt steht für Innovation und Kreativität“, sagt Glindes Bürgermeister Rainhard Zug. Begeistert ist auch Reinbeks Verwaltungschef Björn Warmer. „Es kann nur der Beginn sein. Für mich ist das ein Zukunftsmodell und der richtige Weg. Hier ist man mit dem Angebot ganz nahe an den Eltern dran.“

Vorerst wird die Kita von 7.30 Uhr bis 17 Uhr geöffnet sein. „Wir sind aber flexibel. Sollte ein Betreuungsbeginn um 4 oder 5 Uhr morgens erwünscht sein, werden wir dem nachkommen“, sagt Michael Schwarz, geschäftsführender Vorstand des Trägers Südstormarner Vereinigung für Sozialarbeit (SVS).

Initiatorin des Projekts ist Birte Kruse-Gobrecht, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises und Geschäftsführerin der Beruf und Familie Stormarn GmbH. Bei ihr liefen alle Fäden zusammen. Sie sprach mit den Unternehmen und Kommunen, holte die SVS ins Boot und sicherte die Unterstützung der Kreisverwaltung. Kruse-Gobrecht: „Betriebs-Kitas für die Kleinsten im Verbund haben Charme. Hier besteht in Stormarn noch Ausbaupotenzial.“

Bei Alfa Laval ist Personalchefin Nadine Abraha die treibende Kraft. Sie hatte 2011 bereits ein firmeneigenes Familienprogramm ins Leben gerufen. Bestandteil dessen ist unter anderem die Bezuschussung des Unternehmens externer Kindergartenplätze für seine Mitarbeiter. Zudem nimmt Alfa Laval an der Notfallbetreuung für Kinder von Beruf und Familie Stormarn teil. Ihre Idee einer Betriebs-Kita machte die 34-Jährige auch den Chefs schmackhaft. „Das ist beim Werben um Fachkräfte ein Wettbewerbsvorteil. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird immer wichtiger.“ Abraha ist selbst Mutter zweier Söhne im Alter von einem und drei Jahren. Sie nimmt keinen Platz in der Betriebs-Kita in Anspruch.

Maike Schmidt, Vertriebsmitarbeiterin beim in Reinbek ansässigen Unternehmen Allergopharma, ist froh, dass es jetzt endlich losgeht. Sie hat ihre 15 Monate alte Tochter Leoni in der Einrichtung untergebracht. Die 36-Jährige wohnt in Hamburg-Wandsbek, hatte dort bereits einen Platz für die Kinderbetreuung, ihn dann aber wieder zurückgegeben. In der Hansestadt sind fünf Stunden pro Tag samt Mittagessen gratis, wie viel oder ob sie jetzt überhaupt etwas zuzahlen muss, ist noch nicht sicher. „Darüber reden die Unternehmen noch“, sagt Alfa-Laval-Sprecher Rolf Lindenberg.

„Mir ist es wichtig, Leoni in meiner Nähe zu haben. Außerdem ist der Betreuungsschlüssel besser als in Hamburg. Ich habe ein gutes Gefühl bei meiner Firma, Kinderbetreuung ist auch Vertrauenssache“, sagt Schmidt. Die ganztägige Betreuung kostet laut Schwarz rund 1600 Euro und damit nicht mehr als in einer städtischen Kita. Für das Wohl der Kinder sorgen drei Betreuerinnen. Im Krankheitsfall springen Fachkräfte aus dem 400 Meter Luftlinie entfernten Kinderhaus ein, das die Südstormarner Vereinigung für Sozialarbeit betreibt.

Die kleine Leoni und ihre neuen Spielkameraden erwartet auf 150 Quadratmetern ein Paradies für Kinder. Blauer Linoleumboden, gelbe Wände, dazu jede Menge Spielgeräte aus Holz, eine gepolsterte Kuschelecke in Grün und ein Schlafraum mit bequemen Kinderbetten in verschiedenen Farben – den Kleinen fehlt es an nichts. Zudem können die Kinder im 120 Quadratmeter großen Außenbereich toben. Die Spielgeräte werden in den kommenden Tagen geliefert. Die Räumlichkeiten hat die SVS vom Immobilienunternehmen Beos für 2500 Euro inklusive im Monat gemietet. „Bei Bedarf können wir sogar erweitern“, sagt Schwarz.

Der Reinbeker SPD-Fraktionsvorsitzende Volker Müller, selbst über Jahre Kita-Leiter, ist vom Konzept überzeugt: „Die Einrichtung macht keine Ferien und orientiert sich an den Arbeitszeiten der Menschen. Das ist klasse. In Reinbek sind alle Parteien der Meinung, dass so ein Angebot überfällig ist.“ Der Stormarner Landtagsabgeordnete Martin Habersaat (SPD), zugleich bildungspolitischer Sprecher seiner Partei: „Betriebs-Kitas sind eine wichtige Ergänzung. Ich kann mir vorstellen, dass es mehr werden.“ Bargteheides Bürgermeister Henning Görtz: „Ich finde die Idee gut, würde das auch bei uns unterstützen.“ Lobende Worte findet auch Landrat Klaus Plöger: „Dieses Pilotprojekt ist in die Zukunft gerichtet. Die Unternehmen handeln vorbildlich.“