Im Kreis Stormarn ist eine Anhebung der Tarife um rund 17 Prozent beantragt. Kunden müssen auch mit längeren Wartezeiten rechnen

Ahrensburg/Kiel. Wer mit dem Taxi fahren will, muss ab Januar tiefer in die Tasche greifen: Wegen der Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro haben die Verbände der Taxiunternehmen bundesweit Tariferhöhungen beantragt. Auch in Stormarn wird kräftig an der Preisschraube gedreht. Um Mehrausgaben beim Lohn auszugleichen, ist eine Tariferhöhung von rund 17 Prozent geplant.

„Es ist dazu eine Vorlage in Arbeit“, sagt Lukas Kilian (CDU), Vorsitzender im Verkehrsausschuss des Kreistags. „In zweieinhalb Wochen wird über den Vorschlag im Hauptausschuss abgestimmt, danach muss er noch im Kreistag beschlossen werden.“ Für Fahrgäste in Stormarn bedeutet das: Die Grundgebühr, die für jede Fahrt fällig wird, steigt zum 1.Januar von 2,60 Euro auf 3,00 Euro. Für jeden gefahrenen Kilometer werden jeweils statt 1,64 Euro künftig 1,92 Euro fällig. Die Kosten für die Wartezeit erhöhen sich von 50 auf 60 Cent pro Minute.

Stormarns Taxi-Unternehmer sehen den Veränderungen allerdings mit gemischten Gefühlen entgegen. Sie fürchten, dass durch die höheren Tarife die Kunden wegbleiben. „Die Taxi-Preise sind für uns bindend, wir müssen uns an die Tarife halten“, sagt Olaf Klatt aus Bargteheide. „Wenn wir dadurch weniger Fahrten haben, muss ich die höheren Gehälter trotzdem zahlen.“ Der 49 Jahre alte Unternehmer hat zehn Fahrzeuge im Einsatz, die von acht Festangestellten und zwei Aushilfen gefahren werden.

Klatt rechnet mit Mehrkosten von 25 bis 30 Prozent für seinen Betrieb. „Ab Januar trennt sich dann die Spreu vom Weizen. Groß frisst klein, wie im richtigen Leben.“ Klatt hat keinen finanziellen Puffer. Er arbeitet zwölf Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Fehlen Einnahmen, würde er zunächst sich selbst weniger Gehalt auszahlen, um die Mitarbeiter zu finanzieren. „Im schlimmsten Fall gehen wir dabei vor die Hunde.“

Diese Gefahr sieht auch Thomas Krotz, Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Landesverbandes für das Taxi- und Mietwagengewerbe: „Tarif und Mindestlohn werden festgelegt, aber um die Auslastung kümmert sich niemand.“ Die Menschen müssten sich künftig darauf einstellen, dass es in dünn besiedelten Gegenden nur noch wenige oder gar keine Taxis mehr gebe. Deshalb fordert Krotz staatliche Unterstützung für das Gewerbe: „Mobilität, besonders auf dem flachen Land, hat ihren Preis.“ Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) im Großraum werde „ohne Ende“ subventioniert, Taxis aber nicht.

Bei „Hallo Taxi“ in Reinbek wird der Mindestlohn vermutlich Arbeitsplätze kosten. Betriebsleiter Martin Nietupski: „Ich gehe davon aus, dass wir im nächsten Jahr mehreren Fahrern kündigen und Fahrzeuge stilllegen müssen.“ Seit fünf Monaten schon könne er nachts nicht mehr schlafen, sagt der 57-Jährige. Taxifahren werde durch die höheren Tarife zum Luxus. „Es gibt doch auch alte Mütterlein, die zum Friedhof gefahren werden wollen“, so Nietupski. „Wie sollen die das von ihrer kleinen Rente bezahlen?“

Taxifahrer verdienen derzeit zwischen 5,50 und 6,50 Euro pro Stunde. Manche Fahrer sind zusätzlich am Umsatz beteiligt, dazu kommen noch Trinkgelder. Ab 1.Januar tritt der Mindestlohn in Kraft. Umsatzbeteiligungen sind dann nicht mehr erlaubt. „Das ist für ganz viele Betriebe eine schwierige Situation“, meint Mats Hennig aus Großhansdorf. Auf seinen eigenen Taxibetrieb sieht er keine größeren Probleme zukommen. „Wir zahlen unseren zehn Festangestellten ohnehin schon fast Mindestlohn, rund acht Euro die Stunde.“ Allerdings müssten die Fahrgäste davon ausgehen, dass die Verfügbarkeit von Taxen künftig schlechter werde.

Sven Conradi von „Taxi Reinbek“ hat bereits zu Sparmaßnahmen gegriffen: „Wir haben nachts nur noch zwei Autos draußen. Alles andere macht keinen Sinn.“ Auch Krotz vom Landesverband betont: „Gerade nachts kann sich doch kein Unternehmer die hohen Lohnkosten leisten. Da steht das Taxi vielleicht vier Stunden am Bahnhof rum, kostet den Betreiber 34 Euro Lohn, und dann lässt sich ein Fahrgast für fünf Euro um die Ecke fahren.“

Man dürfe das Taxigewerbe nicht als Lückenbüßer für den ÖPNV nehmen, so Krotz. Gegen den Mindestlohn habe er grundsätzlich nichts. „Aber andererseits: Wo soll das Geld denn herkommen? Der Mindestlohn hätte stufenweise eingeführt werden müssen und nicht mit dieser brutalen Endgültigkeit.“

Die Ahrensburger Taxi-Unternehmerin Stefania Ledwoch sucht bereits nach Alternativen, falls weniger Kunden ins Taxi steigen. „Natürlich habe ich die Sorge, dass Kunden sagen: ‚Taxi fahren ist mir zu teuer geworden, ich fahre lieber Bus und Bahn.‘ Aber ich denke, ich werde überleben.“

Lukas Kilian vom Verkehrsausschuss weist darauf hin, dass der Taxitarif in Stormarn sechs Jahre lang nicht erhöht wurde. „Und in den vergangenen Jahren sind ja auch die Betriebskosten wie Spritpreise und Versicherungen für die Taxis gestiegen.“ Im Vergleich zu anderen Kreisen und Städten liege Stormarn mit seinen Taxipreisen im Mittelfeld. In Ratzeburg liege der Grundpreis beispielsweise bei fünf Euro. Krotz vom Landesverband befürchtet allerdings: „Es wird viele Taxifahrer geben, die irgendwie weiterwursteln. Das Illegale wird künftig blühen, und die Ehrlichen werden aufhören.“