Im Zentrum der Stadt entstehen 153 Wohnungen. 60 Prozent davon werden öffentlich gefördert. Politik beschließt einen Kreisverkehr

Glinde . Das Gleisdreieck im Zentrum Glindes wird mit 153 Wohnungen bebaut, 60 Prozent davon öffentlich gefördert. Das ist das Ergebnis der jüngsten Sitzung des Bauausschusses mit anschließender Bürgerinformationsveranstaltung. Dort stellte der Investor, das Wohnungsunternehmen Semmelhaack, sein Konzept vor – und stieß bei den Politikern auf Wohlwollen. Zwar segneten sie vorerst nur die Schaffung eines Kreisverkehrs, der von der Möllner Landstraße in die Straße Am Sportplatz führt und einen besseren Verkehrsfluss ermöglicht, ab. Doch schon am 13. November soll der Entwurfsbeschluss für das 2,1 Hektar große Areal folgen. „Es gibt eine große interfraktionelle Mehrheit“, sagt Wolfgang Pohlmann von der SPD. Jan Schwartz, Vorsitzender der Grünen: „Ich gehe davon aus, dass es einstimmig durchgeht.“

Das Projekt ist in Teilen der Bevölkerung umstritten. Anwohner hatten schon vor Monaten eine Bürgerinitiative gegründet, die laut Sprecher Michael Riedinger 300 Mitglieder zählt. Sieglinde Jurgeneit sowie Rüdiger und Hildegard Schildwach sind von Anfang an dabei. Sie kamen mit T-Shirts, auf deren Vorderseite der Slogan „Hände weg vom Gleisdreieck“ prangt, in den Festsaal des Marcellin-Verbe-Hauses. „Wir bewohnen seit 1978 ein Reihenhaus Am Sportplatz. Die Natur soll hier erhalten bleiben“, sagt Rüdiger Schildwach.

Während das Gros der 130 Interessierten den Ausführungen der Planer folgte, sorgte Riedinger für Kopfschütteln bei den Politikern, indem er die Gutachten der Experten anzweifelte. Der zuständige Landschaftsarchitekt Hans-Rainer Bielfeldt reagierte beim Thema Schaffung von Waldersatzflächen empört: „Herr Riedinger hat die Fakten umgedreht. Das ärgert mich. Er kritisiert meine Arbeit mit unwahren Darstellungen.“ Die Stadt muss für das abzurodende Gebiet an anderer Stelle eine doppelt so große Ersatzfläche schaffen. Vorgesehen ist das im Bereich des Papendieker Redders.

„Herr Riedinger hat eine Niederlage erlitten“, sagt Wolfgang Pohlmann. „Seine Argumente wurden durch die Fachleute entkräftet, die alles plausibel erklärt haben.“ Der Investor habe sehr gute Experten eingesetzt, das Projekt werde sauber abgewickelt. Dass die Politiker nicht fahrlässig handeln und jedes noch so kleinste Detail berücksichtigen, bestätigt Glindes Bürgermeister Rainhard Zug. „Die Anforderungen an die Planer waren sehr hoch. Ich bin jetzt guter Dinge, dass es mit dem Projekt klappt.“ Das Gleisdreieck ist laut Verwaltungschef die einzig verfügbare Fläche, um sozialen Wohnungsbau zu realisieren.

In diesem Bereich besteht dringender Handlungsbedarf. Anfang der 80er-Jahre gab es in Glinde noch 1900 Sozialwohnungen, derzeit sind es 600. Davon fallen in den kommenden vier Jahren 400 aus der Zweckbindung raus. Dann können die Eigentümer die Miete erhöhen. „Die jetzigen Bewohner sind dann nicht mehr in der Lage, das nötige Geld aufzubringen und müssen ausziehen. Deswegen beschäftigt sich die Politik mit diesem Thema“, erklärte Zug.

Grünen-Politiker Schwartz kann die Ängste und Sorgen der Anwohner zwar verstehen, weil sich das direkte Umfeld ändere. Er sagt aber auch: „Hier wird nichts niedergewalzt. Was die Untersuchungen der Experten betrifft, so finde ich mich als Grüner darin wieder.“ Erschwinglichen Wohnraum bereitzustellen habe derzeit Vorrang in Glinde. „Außerdem finde ich die vorgestellte Bebauungsvariante mit seiner aufgelockerten Form attraktiv.“

Der Plan sieht die Errichtung von sieben Baukörpern vor. Die beiden zur Möllner Landstraße liegenden sind vier-, der Rest dreigeschossig. Die Größe der Einheiten reicht von 1-Zimmer-Wohnungen mit 40 Quadratmetern bis zu 4 Zimmern mit 90 Quadratmetern. Auch gibt es eine Tiefgarage und eine Stellfläche über zwei Ebenen, die in die Erde eingelassen ist. Pro Wohnung soll auf dem Areal ein Stellplatz entstehen. Sozialdemokrat Pohlmann: „Das ist eine sehr interessante Architektur, die hundertprozentig ins Stadtbild passt. Die Bürgerinitiative muss akzeptieren, dass hier geschmackvoll gebaut wird. Es gibt kein Zurück mehr.“ Im Bauausschuss sei man begeistert gewesen. Deswegen stimmten die Mitglieder auch für den Bau eines Kreisels mit 35 Meter Durchmesser. „Quasi als Vorbote für das, was in zwei Wochen beschlossen wird“, sagt Pohlmann.

Der Kreisverkehr wird allerdings erst gebaut, wenn die Wohngebäude stehen. Er kostet rund 640.000 Euro. Hinzu kommt womöglich noch der Betrag für zwei Bushaltebuchten, die in der politischen Diskussion stehen. Sicher ist: 327.000 Euro davon übernimmt Investor Semmelhaack. Das ist jene Summe, die für eine Linksabbiegespur fällig gewesen wäre und die das Wohnungsunternehmen gezahlt hätte.

Nachdem in den vergangenen Monaten viel über die Zukunft des Gleisdreiecks debattiert wurde, soll nun alles ganz schnell gehen. Noch im Dezember wollen die Stadtvertreter den Entwurfsbeschluss absegnen. Nach der anschließenden Bürgerbeteiligung soll der Bebauungsplan laut Zug Ende des ersten Quartals kommenden Jahres stehen. „Zur Jahreswende 2016/2017 könnten die Mieter einziehen.“