Sven Kelling aus Travenbrück geht gern baden: Mit seiner Frau Carola und einem Schwimmauto bereist er die Flüsse und Seen

Travenbrück. Mancherorts werden für Frauen viele Kamele bezahlt, in Travenbrück bei Sven Kelling ist die Welt ein bisschen anders und ohne Kamele, dafür mit Amphibien: Sven Kelling hat mit Frauen bezahlt, was ihm wichtig ist: seine Schwimmautos. „Es hat mich drei Frauen gekostet, die vierte hab’ ich dann geheiratet – sie zieht ’nen Overall an und spielt mit“, sagt Kelling und lacht. Spielen steht in diesem Fall für schrauben – oder abdichten, denn seine Amphicars, wie die Amphibienfahrzeuge heißen, wurden Anfang der 1960er-Jahre gebaut, sind also Oldtimer. Und die brauchen bekanntlich viel Zuneigung, was ja auch für Frauen gilt. Und für Männer. Und für Kamele.

Nun sind Schwimmautos etwa ebenso häufig in Stormarn unterwegs wie Kamele – also eher selten. Woher kommt die Liebe? „Mein Vater wollte unbedingt einen VW-Schwimmwagen aus dem Zweiten Weltkrieg haben. Meine Mama hat gestreikt, weil der keine Türen hat und sie nicht ohne Türen einsteigen wollte.“ 1964 habe er sich dann den Wagen gekauft, der von der Deutschen Waggon- und Maschinenfabrik hergestellt und teilweise in Lübeck-Schlutup gefertigt wurde. „Sohnemann wollte auch mal fahren. Vadder sagte: ,Nee’. Ich kriegte ’nen eigenen. Und den hab ich dann hergerichtet, bis ich 18 war“, sagt Kelling. „Ich hab’ ihn bei ’nem Rentner aus dem Vorgarten gezogen, der hat ihn mir für 3,50 Mark verkauft. Seitdem pfleg’ und heg’ ich das Auto.“ Heute ist Kelling 58 Jahre alt. Und das Auto gerade in der Werkstatt. Überhaupt, und weil es wieder seine Ursprungsfarbe bekommen soll: altweiß. Derzeit ist es blau.

Das rote Auto hat Sven Kelling von seinem Vater geerbt. Das kommt gerade aus der Werkstatt. Und es heißt Trötter. Das ist schwedisch. „Auf deutsch heißt das ,der Langsame’“. Weil er langsamer ist als alle anderen Schwimmwagen. Warum weiß ich auch nicht. Es hat denselben Motor und alles.“ Ein bisschen sei das ja aber auch egal. Etwa 110 km/h fahre ein Schwimmauto „bergab, mit Rückenwind und Heimweh“, vielleicht auch 120 km/h, aber so schnell fahre man mit so einem Auto nicht. „Und im Wasser fährt es maximal zwölf km/h.“ Wer je eine Ente in Richtung Brotkrumen hat paddeln sehen, kann sich vorstellen, dass eine ambitionierte Ente das Schwimmauto überholen könnte. Aber um Geschwindigkeit geht es nicht.

Um Schönheit schon eher. Weil ein Fernsehteam einen Film über Kellings Amphicar drehen wollte, hat er es schnell noch mal hübsch gemacht. „Ich dachte: In zwei Wochen kommt die Kamera, das reicht. Und dann habe ich es auseinander gebaut und neu lackiert. Leider sind mir dabei einige Roststellen aufgefallen. Aber es war rechtzeitig fertig“, sagt Sven Kelling. Dass sich die Arbeit gelohnt hat, stellt jeder fest, der Kellings Auto schwimmen sieht – ampelrot gegen das Blau des Wassers, viel schöner wird’s nicht, zumindest nicht farblich.

Fröhlich macht das schon. Kelling, seine Frau Carola, alle anderen. „Viele winken, wenn wir vorbeifahren. Kinder sind die ersten, die erkennen, dass ein Schwimmauto vor ihnen steht. Sie sind klein und sehen die Propeller.“ Erwachsene müssen sich erst bücken. Häufig werde dann gefragt, ob das Auto auch fliegen könne. Oder ob man mitfahren dürfe. Häufig ist die Antwort ja. Die Kinder von freundlichen Campingplatzbesitzern etwa dürfen. Manchmal fragen Väter dann, was es kostet, wenn sie selbst einmal mitfahren würden. „Ich sag: ,Wir setzen die Kinder hinten drauf, du bringst ne Buddel Bier mit und passt auf, dass sie nicht über Bord gehen.‘ So habe ich schon mal ein halbes Landjugendheim mitgenommen.“

Viele Ausflüge hat Familie Kelling so schon gemacht: nach Plau am See, an den Kölpinsee, den Gardasee, den Bodensee, die Elbe entlang, über die Mosel, die Weser, die Aller, die Eider, den Rhein. Das Auto hat alles, was ein Boot auch hat. Kleine Haken, um Fender zu befestigen, einen Anker, Topleuchten für Abendfahrten. Und manchmal ein Leck. Zur Sicherheit liegen Paddel unter der Haube vorn. „Wenn wir ausfahren, ist dort auch ein Campingtisch“, sagt Kelling. Das Auto hat Heckantrieb, der Motor ist hinten. Die Haube öffnet sich zur Seite, damit man auch auf See durch eine Klappe nachgucken kann, wenn etwas kaputt ist. Nicht an Bord sind Seenotraketen. „So weit raus fahren wir nicht.“ Einmal ist Kelling von der Wasserschutzpolizei kontrolliert worden, weil die ein Fernsehteam an Bord hatten. Die Papiere waren in Ordnung, das Schwimmauto hat TÜV.

Sven Kelling repariert vieles selbst. Auf seinem Grundstück in Travenbrück hat er eine Werkstatt eingerichtet. Viele Schraubenzieher gibt es dort, ein Radio und ein Amphicar-Handbuch. Nebenan stehen eine Hebebühne und das blaue Amphicar, das neben dem roten traurig aussähe, aber es steht ja allein. Mit ausgebauten Sitzbänken und etwas staubig. Wenn es fertig ist, soll Carola Kelling es fahren, dann gibt es Ausflüge zu viert. Und dann ist auch genug. Fast. „Wenn jemand noch eins im Schuppen hat und es loswerden will, soll er sich melden.“ Am schönsten wäre es, wäre es blau. „Schlüpferblau“, sagt Kelling. Wer das dann fahren soll, ist unklar. Vielleicht ein Kamel. Fröhlicher geht nicht.