160 Helfer, vier Millionen Liter Wasser, 2000 Liter Diesel: Der Brand von 800 Heuballen im Reinbeker Ortsteil Schönningstedt hat einen der größten Einsätze der vergangenen Jahre ausgelöst. Fragen und Antworten

Es war der größte Heuballenbrand in Stormarn in den vergangenen Jahren. Das sagt Otto Heydasch vom Kreisfeuerwehrverband Stormarn und spricht „von einer enormen logistischen Herausforderung“. Der 61-Jährige war selbst vor Ort im Reinbeker Stadtteil Schönnigstedt. Dort fackelten nahe dem Gut Silk 800 Ballen ab, der Schaden wird auf 40.000 Euro beziffert. Die Polizei schließt Brandstiftung nicht aus. Die Retter waren von Sonntagnachmittag bis in den späten Montagabend gefordert, fuhren reichlich technisches Equipment auf. Das Abendblatt protokolliert ihren 30-Stunden-Einsatz und beantwortet die wichtigsten Fragen zum Brand.

Wie viele Personen waren an dem Einsatz beteiligt?

Als die Meldung von der Leitstelle Bad Oldesloe eingeht, ist vom Brand eines Heuballens die Rede. Die Schönningstedter Ortswehr rückt gegen 15.50 Uhr mit 30 Mann und vier Löschfahrzeugen an. Auch Ohes Wehrführer Oliver Selke ist sofort da. Er erkennt die prekäre Lage und meldet Großalarm, denn das Feuer droht, auf den Wald überzugreifen. An dessen Rand lagert Heuvorrat für Pferde, laut Schönningstedts Wehrführer Claus Brettner rund 600 Ballen. Die Rauchsäule ragt Hunderte Meter in die Höhe. Sie ist weit bis nach Hamburg zu sehen. Eine Viertelstunde später sind 135 Feuerwehrleute vor Ort. Beteiligt sind auch die Wehren aus Reinbek und Ohe. Selke fordert Unterstützung aus Aumühle und Wohltorf an, um die Wasserversorgung aufzubauen. Hinzu kommen 14 Kräfte des Technischen Hilfswerks (THW), sechs vom Deutschen Roten Kreuz und vier vom Rettungsdienst. Insgesamt bindet der Einsatz 160 Helfer.

Welches technische Equipment wurde benötigt?

Die Wehren sind mit zwölf Lösch- und acht Hilfsfahrzeugen im Einsatz, das THW ist mit sieben vor Ort, zwei Rettungswagen und zwei DRK-Fahrzeuge ebenfalls. Dazu schickt das Technische Hilfswerk einen Radlader zur Brandbekämpfung. Heydasch: „Das Heu ist stark zusammengepresst gewesen. Man muss es richtig auseinanderreißen, um beim Löschen die gewünschte Wirkung zu erzielen. Das geht nur mit Maschinen, denn ein Ballen wiegt in trockenem Zustand zwischen 250 und 300 Kilogramm.“ Als um 2 Uhr nachts beschlossen wird, das Feuer kontrolliert abbrennen zu lassen, wird der Radlader abgezogen. Brettner: „Das hat leider nicht funktioniert. Deshalb haben wir am Montagmorgen um acht einen Kellerbagger bei einem Bauern in den Vierlanden organisiert.“ Weiteres schweres Gerät: drei Rad- und zwei Teleskoplader.

Zum Einsatz kommen zudem zwei fahrzeuggebundene sowie zwei tragbare Pumpen mit eigenem Tank, dazu in der Spitze rund ein Dutzend Generatoren, unter anderem für die Beleuchtung in der Nacht. 60 B-Schläuche, durch die maximal 1000 Liter Wasser pro Minute schießen, sowie 30 C-Varianten mit der halben Kapazität garantieren die Wasserversorgung. Die Retter löschen 19 Stunden und verbrauchen dabei rund vier Millionen Liter Wasser. Fahrzeuge, Pumpen, die über die Motoren der Feuerwehrautos laufen, und die schweren Maschinen verschlingen während des Einsatzes rund 2000 Liter Diesel. Brettner: „Die Beanspruchung der Fahrzeuge ist groß. Das war ungefähr so, als wenn man mit ihnen auf der Autobahn 19 Stunden Vollgas fährt. Und wir reden über einen Verbrauch von 20 Litern.“

Wie gingen die Feuerwehrleute bei der Brandbekämpfung genau vor?

In ihren Tanks haben die Fahrzeuge 25.000 Liter Wasservorrat. Er ist jedoch nach rund zehn Minuten verbraucht. Deshalb stellen die Kameraden aus Aumühle und Wohltorf parallel die Versorgung sicher. Hierfür werden nur kurzfristig drei Leitungen in die 250 Meter entfernte Bille gelegt sowie sechs weitere in einen 400 Meter entfernten Fischteich. Dieser Vorgang bindet 50 Personen und dauert etwa eine Viertelstunde. Um das Übergreifen des Feuers auf den Wald zu verhindern, wird ein Schaumteppich ausgelegt. „Aber nur am Randstreifen. Und mehr als 100 Liter Schaummittel sind nicht zum Einsatz gekommen“, sagt Brettner. Um den Boden nicht übermäßig zu belasten. Die Feuerwehrmänner greifen den Brand von vier Seiten mit vier Trupps an. Wegen der starken Rauchentwicklung arbeiten die Helfer mit Filtermasken. Um 22 Uhr wird die Mannstärke auf 90 reduziert, vier Stunden später, als die Löscharbeiten für fünf Stunden eingestellt werden, sind noch 20 Feuerwehrleute vor Ort. Als am Montagmorgen um 7 Uhr wieder Wasser durch die Rohre schießt, sind 30 Einsatzkräfte am Start. Dabei bleibt es bis 17.15 Uhr. Dann heißt es: Feuer gelöscht.

Wann ist Schichtwechsel bei so einem langen Einsatz?

Die ersten sechs Stunden sind laut Brettner alle Mann vor Ort geblieben. „Danach fragen die Wehrführer, wer bleiben möchte.“ Benjamin Woelk bleibt. Den 31-Jährigen, stellvertretender Ortswehrführer in Reinbek, erreicht der Notruf zwar zeitgleich mit den Kollegen, doch sein Einsatz beginnt erst um 17.30 Uhr. Er sagt: „Ich habe gerade auf meine beiden kleinen Töchter aufgepasst, meine Frau war unterwegs.“ Nach einem Anruf ist der Ausflug der Gattin beendet. Woelk verlässt den Brandort erst um 1 Uhr nachts. Nach viereinhalb Stunden Schlaf fährt er am frühen Montagmorgen in die Wache, um 7 Uhr ist er wieder am Einsatzort.

„Am Montag haben wir nach sechs Stunden das Personal gewechselt“, sagt Brettner. Auf Woelk trifft das nicht zu. Er beteiligt sich bis zum Abschluss an den Löscharbeiten, seiner Arbeit als Elektroinstallateur kann er an diesem Tag nicht nachgehen. Auch viele Kollegen, die Sonntag im Einsatz waren, stehen parat. Gegen 17.30 Uhr verabschiedet sich Woelk. Andere räumen noch auf, gegen 18.30 Uhr verlässt auch Brettner als letzter Mann den Ort des Geschehens.

Damit ist die Arbeit für die Feuerwehrleute aber noch lange nicht beendet. Zurück in den Feuerwehrhäusern werden die Fahrzeuge vom Ruß befreit, Mannschaftsräume geputzt, Atemschutzmasken und Kleidung gereinigt. Als die Kollegen der Reinbeker Ortswehr fertig sind, ist es 22 Uhr. Hinter ihnen liegt ein 30-Stunden-Marathon.

Sind Folgeschäden für Flora und Tierwelt zu befürchten?

„In dieser Jahreszeit neigt sich die Vegetationsperiode dem Ende zu. Darum sind keine Folgeschäden zu erwarten“, sagt Ines Walenda, Landesgeschäftsführerin Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Schleswig-Holstein. Der nächste Regen werde die Rußpartikel, die sich auf Pflanzen und Feldern niedergelassen haben, einfach auswaschen. „Wäre der Brand allerdings am Anfang der Erntesaison aufgetreten, hätten Rückstände des Rußes in der Ernte auftreten können.“ Auch der Teich und die darin lebenden Fische werden nicht beeinträchtigt. Walenda: „Solange man das Gewässer nicht über einen Zeitraum von Wochen derart belastet wie jetzt in Reinbek, fließt es wieder nach.“ Die Böden seien noch feucht, eine Gefahr der Austrocknung bestehe bei einem verhältnismäßig kleinem Eingriff nicht.

Wer haftet für den entstandenen Schaden?

Sollte es sich um Brandstiftung handeln und der Täter verurteilt werden, wird er zur Kasse gebeten. Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer: „Er müsste den Feuerwehreinsatz zahlen.“ Genauso wie die 40.000 Euro für die Ballen. Derzeit ist die Polizei bei den Ermittlungen aber nicht weitergekommen. Der geschädigte Landwirt Kai Dusenschön ist versichert. Er sagt: „Ich gehe davon aus, dass der Schaden nach der Regulierung vollständig erstattet wird.“

Was passiert mit dem verbrannten Heu?

Derzeit bedeckt es eine Fläche von 7000 Quadratmetern. Brettner: „Fremdstoffe wie Plastikbänder, sofern sie noch vorhanden sind, müssten aussortiert werden. Den Rest könnte man verteilen und unterpflügen.“