Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Kürzlich im Lokal. Die Tochter, 9, durfte eine Freundin, 9, mitnehmen. Die Gören haben die Schnitzel verdrückt, und schont keimt Langeweile. „Wann gehen wir?“, fragt Tochter. „Wenn Papa das Bier ausgetrunken hat, das er sich gleich noch bestellt. Spielt doch irgendwas!“

Die Freundin zieht einen Block mit selbst klebenden Zetteln aus ihrer Jackentasche. Die Mädchen beginnen zu malen. Plötzlich kleben sie sich Zettel auf die Stirn. Bei meiner Tochter steht „Kenguru“ drauf. Bei der Freundin „Tätuwiererin“. Jetzt raten beide wie wild, was sie sind: „Bin ich ein Tier? Bin ich braun? Bin ich groß? Mag ich Gras?“

Großes Hallo, als beide ihr Alter Ego erraten. Die Leute an den Nebentischen schauen belustigt. Die Tochter pappt jetzt Mama und Papa ein Zettelchen auf die Stirn. Meine Frau ist „Michael Dscheksen“ und ich bin „Ladi Gaga“. Wir kommen recht schnell drauf. „Jetzt macht ihr mal. Aber was Schweres“, sporne ich die Mädels an.

Die Tochter überlegt kurz, schreibt schnell und pappt der Freundin den Zettel an den Kopp. „Adolf Hitler“ steht drauf. Am Nebentisch sagt eine Frau „Oha!“ Meine Frau muss so lachen, dass sie ganz rot wird. Und die Freundin schaut grübelnd unter dem Namen des Bösen hervor. „Bin ich ein Mann?“, fragt sie. „Ja!“, sagt die Tochter. „Lebe ich noch?“, fragt die Freundin. „Nö. Und das ist auch gut so.“ Wie aus der Pistole, die Freundin. „Ach so, klar. Adolf Hitler.“

Ich überlege schon lange, wann man eigentlich mit einem Kind über den Holocaust reden kann. Beruhigend zu wissen, dass die Gören die Basics schon drauf haben.