Geschäftsleute in Ammersbek sind verärgert. „Wenn wir wichtige Post haben, die den Tag über erledigt wird, kommt es zu Verzögerungen von 24 Stunden.“ Bonner Logistikkonzern will mit der Strategie Zeit und Geld sparen.

Ammersbek. Jan Luis ist verärgert. Neben den Geschäftsräumen seiner Firma im Ammersbeker Ortsteil Lottbek steht ein Briefkasten. Das ist ganz in Ordnung, weniger in Ordnung ist aber nach Ansicht des 40 Jahre alten Unternehmers, dass dieser jetzt nicht mehr werktäglich kurz von 17 Uhr geleert wird, sondern morgens um 9 Uhr. "Wenn wir wichtige Post haben, die den Tag über erledigt wird, kommt es zu Verzögerungen von 24 Stunden", sagt Luis, dessen Firma Videosysteme für Autos verkauft. So kämen beispielsweise Rechnungen einen Tag später bei den Kunden an. Außerdem liege die Post die Nacht über in dem Briefkasten. Luis: "Ein paar Mal haben schon Leute dort Flüssigkeit reingekippt."

Auch Annelies Feddern ist nicht begeistert von den Leerungszeiten, die vor ein paar Wochen eingeführt worden sind. Sie ist Geschäftsführerin des Betonherstellers Franz Feddern & Sohn GmbH, dessen Sitz an der Hamburger Straße in Ammersbek liegt. Von dort sind es nur ein paar Schritte zur Kreuzung der Straßen Beekloh und Brennerkoppel, wo der Briefkasten steht. "Es wäre bequemer, wenn der noch gegen 17 Uhr geleert würde", sagt Feddern.

Maike Wintjen, Sprecherin der Deutschen Post, bestätigt, dass viele Briefkästen in Stormarn - aber nicht nur in Stormarn - nun morgens geleert werden, und zwar vom Zusteller. "Wir versuchen, die Leerungen am günstigsten in die bestehenden Fahrten einzubinden", sagt Wintjen. "Das ist eine Möglichkeit, Kosten zu senken und Zeit zu sparen." Auf diese Weise müsse die Post nun nicht mehr einen Fahrer bei seiner oft längeren Tour in ländlichen Gebieten an jedem Briefkasten vorbeischicken. Wintjen: "Aber in der Nähe gibt es stets einen anderen Briefkasten, der gegen Abend geleert wird." Auf den Tafeln an den Kästen werde angegeben, wo der stehe. Außerdem könne über die Website der Deutschen Post ermittelt werden, wann welcher Briefkasten geleerte werde.

Stichproben bestätigen das. Wer etwa in Nienwohld wohnt und seine Post am späten Nachmittag eingesammelt wissen will, muss sie in Briefkästen an der Kayhuder Straße in Bargfeld-Stegen, Am Markt in Sülfeld oder am Kronskamp in Nahe einwerfen. Und wer in Fliegenfelde wohnt, wie etwa die Bürgermeisterin von Wesenberg, Karin Dettke, kann seine Briefe in Zarpen einwerfen, wo gleich zwei Kästen an der Hauptstraße nach 16 Uhr geleert werden. "Aber nach Fliegenfelde kommt der Briefträger sowieso erst nach 14 Uhr und nicht morgens um neun", empört sich Dettke - aber nicht wegen der Leerungszeiten. "Aufgrund der langen Touren können es die Zusteller gar nicht schaffen, bis 9 Uhr hier zu sein." Deshalb kämen Briefe oft sogar mit mehreren Tagen Verspätung an. Dettke: "Ich habe schon Einladungen zu Sitzungen deshalb erst erhalten, als diese längst vorbei waren."

Das Problem hat Annelies Feddern nicht, die nun die Tagespost am späten Nachmittag mit nach Bargteheide nimmt, wo sie wohnt, und dort auf den Weg bringt. Die Firma Luis weicht auf einen Postschalter in dem gut einen Kilometer entfernten Angelfachgeschäft "Go Fishing" an der Georg-Sasse-Straße aus, wo die Briefe um 16.45 Uhr abgeholt werden. "Wenn der Fahrer allerdings dann auf dem Weg zum Briefzentrum in Altona in einen Stau kommt, kann es auch schon mal passieren, dass die Briefe mit einem Tag Verspätung ausgeliefert werden", sagt Dierk Scholz, Inhaber des Angelgeschäfts. "Ich würde aber ohnehin jeder Firma raten, ihre Post nicht in einem Briefkasten zu werfen, sondern bei einem Postschalter abzugeben." Da sei sie sicherer. In einen Briefkasten könne immer mal jemand Müll schmeißen.

"Solch Vandalismus ist kein verbreitetes Phänomen", sagt Maike Wintjen. "Das sind seltene Einzelfälle." Trotzdem rät auch sie Firmen, ihre Post an Schaltern auf den Weg zu bringen. "Unternehmen versenden oftmals großformatige Umschläge, die die Einwurfschlitze verstopfen können." Außerdem hätten Firmen meist viel Post. Wintjen: "Das dauert dann auch lange sie in den Kasten einzuwerfen." Briefkästen seien generell eher für Privatkunden gedacht.

Christel Schmidt, 71, die in Sichtweite des Briefkastens an der Straße Beekloh wohnt, sagt denn auch: "Auf die anderen Leerungszeiten kann man sich einstellen." Eilige Briefe bringe sie zum Schalter in dem Angelgeschäft. Und ein anderer Anwohner, der nicht namentlich genannt werden möchte, meint: "Die meiste Post wird heute ja ohnehin elektronisch verschickt." Für ältere Leute in dem Wohngebiet könne es aber ein Problem sein, wenn der nächste Briefkasten, der gegen Abend geleert werde, weiter weg sei.