Erlenhof-Entwickler: Parteien wurden sich jahrelang nicht einig, jetzt gibt es zu wenige Wohnungen. Politiker kontern. FDP-Fraktionschef betont, dass seine Partei sich immer mehr Wohneinheiten gewünscht habe.

Ahrensburg. Die Bagger graben, die Lastwagen rollen endlich im Neubaugebiet Erlenhof in Ahrensburg. Nach Jahren der Planung, nach Jahren des politischen Streits. Doch schon gibt es erneut Kritik an dem Projekt - von unerwarteter Seite. Klaus Göttsche, der Geschäftsführer der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG), die der federführende Investor ist, übt deutliche Kritik an dem Projekt und auch an der Stadt Ahrensburg. Die Zahl der Mietwohnungen hält er für zu niedrig, er spricht von einer "Fehlentscheidung aus Angst". Zudem habe sich die Politik jahrelang nicht zu Entscheidungen durchringen können, das habe die Planungen unnötig in die Länge gezogen. Personalwechsel in der Verwaltung hätten zu zusätzlichen Problemen geführt.

Erst im April hatte Norbert Leinius, Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS), kritisiert, dass die Stadt Großvorhaben zu zögerlich realisiere. Tatsächlich war der Weg zur Realisierung des Neubauvorhabens an der Bundesstraße 75, das bis zu 1000 Menschen eine neue Heimat bieten soll, ungewöhnlich lang. Schon im Jahr 1982 kaufte die Vorläufer-Gesellschaft der LEG die ersten Teilflächen im Nord-Osten von Ahrensburg. Die 1995 gegründete LEG erwarb weitere Flächen von Landwirten - "immer auf Wunsch der Stadt", wie Klaus Göttsche betont. 1998 sei das Gebiet "arrondiert" gewesen.

Im Jahr 2005 sei man schließlich "guter Hoffnung" gewesen, das Vorhaben bald realisieren zu können. Denn die LEG und Vertreter der Stadt hatten Vorarbeit geleistet, in einer gemeinsamen Planungswerkstatt. "Es gab ein städtebauliches Konzept, das klare Zielsetzungen abgebildet hat", so Göttsche.

Was dann kam, bezeichnet er heute mit den Worten "Ernüchterung" und "Grabenkampf". Göttsche: "Ab 2005 war die CDU für uns die entscheidende Partei, die sich nicht einig werden konnte." In der Fraktion habe es "eine Gruppe gegeben, die die Bebauung nicht wollte." Göttsche weiter: "Zum Glück gab es eine Vertragsklausel, nach der die Stadt einen Teil der Fläche zurück nehmen muss, wenn kein Baurecht geschaffen wird." Von dieser Klausel, die die Stadt vier Millionen Euro gekostet hätte und die Diskussion maßgeblich mit beeinflusste, hätte die LEG auch "Gebrauch gemacht."

Dem heutigen Fraktionsvorsitzenden der CDU, Tobias Koch, der dieses Amt seit 2010 ausübt, bescheinigt Göttsche zwar, sich "enorm für einen Konsens in seiner Partei" eingesetzt zu haben. Doch den letztlich gefundenen Kompromiss, den auch die SPD mittrug, hält Göttsche für nicht glücklich. Die Variante, die jetzt realisiert wird, sieht die Begrenzung auf 360 Wohneinheiten vor, gedrittelt in Einzelhäuser, Doppelhäuser und Geschoss-Wohnungsbau. Die CDU hatte auf eine Begrenzung der Wohneinheiten gedrungen - der ursprüngliche Plan sah etwa 500 Wohneinheiten vor. Göttsche: "Das wäre eine bessere Lösung gewesen."

Die Reduzierung sei aus der Furcht erfolgt, dass sich "soziale Brennpunkte" entwickeln könnten. Indes zeige ein anderes Projekt der LEG, dass diese Angst unbegründet sei. Es ist das Neubaugebiet Alte Wache in Glinde, ein mit 40 Hektar fast ebenso großes Gebiet wie das Erlenhof-Gelände. 750 Wohneinheiten werden in Glinde realisiert. 360 davon sind Mietwohnungen, die meisten von ihren werden von der Baugenossenschaft Neue Lübecker realisiert. "Da entsteht eine sehr interessante Mischung. Und es gibt keine sozialen Verwerfungen", betont Klaus Göttsche. Die Chance, etwas Ähnliches zu realisieren, sei in Ahrensburg vertan worden.

Die niedrige Zahl der Wohneinheiten ist seiner Ansicht nach der Hauptgrund dafür, dass die Preise für die Grundstücke vergleichsweise hoch sind. Die Preise für den Quadratmeter liegen zwischen 290 und 340 Euro und damit deutlich über den Durchschnittswerten in der Region. In Ahrensburgs Westen liegt er bei 240 Euro.

Grüne und FDP hatten die Preise vehement kritisiert. Wie die WAB stimmten beide Parteien im vergangenen Jahr gegen die Erlenhof-Beschlüsse. Doch laut Constanze Göttsche, sie ist Projektleiterin bei der LEG, tragen auch die kleinen Parteien Verantwortung: "Sie haben die Chance vertan, sich gemeinsam mit der SPD für ein anderes Bild des Erlenhofes einzusetzen." Insgesamt mangele es in Ahrensburg an Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen. Anders sei es in Glinde. Das Resultat: Im Jahr 2007 kaufte die LEG die ersten Grundstücke auf dem Gelände. Heute ist es weitgehend bebaut. "Das ist eigentlich der normale Vorgang", sagt Klaus Göttsche.

Nicht nur die Politik, auch die Verwaltung hat seiner Ansicht nach einen Anteil daran, dass das Verfahren so lange dauerte. Göttsche: "Alle haben versucht, nach Kräften mitzuwirken. Aber es hat mir ein bisschen an der Gesamtkoordination gemangelt." In den vergangenen vier Jahren habe es im Bauamt viele personelle Wechsel gegeben. "Das hat die Sache nicht erleichtert."

Bürgermeister Michael Sarach sagt dazu nur: "Personelle Veränderungen gibt es immer und überall." Die weiteren Äußerungen vonseiten der LEG wollte er nicht kommentieren.

Vertreter der Politik indes kontern. Zum Beispiel Roland Wilde, Bürgervorsteher und langjähriges CDU-Fraktionsmitglied: "In der CDU gibt es keine zwei Lager, das war auch früher nicht so." Allerdings sei es der Partei darum gegangen, beim Erlenhof eine Fehlentwicklung zu verhindern. "Wir wollten das Filetstück nicht so zupflastern. Der Fehler ist im Gartenholz gemacht worden", sagt Wilde. Der Erlenhof sei nun gut gelungen. Weshalb das Verfahren so lange dauerte, lasse sich im Nachhinein kaum beantworten.

FDP-Fraktionschef Thomas Bellizzi betont, dass seine Partei sich immer mehr Wohneinheiten gewünscht habe. Doch: "Eine Mehrheit gegen die CDU-Fraktion zu organisieren war leider nicht möglich." Die Grünen-Fraktionschefin Monja Löwer betont, dass auch ihre Partei sich mehr Wohnungen gewünscht habe - doch die Grünen wollten das Projekt erst später realisieren. Das sei wiederum an den Sozialdemokraten gescheitert. Dazu Béla Randschau (SPD): "Wir mussten einfach handeln." Die Rücknahme-Klausel wäre sonst teuer für die Stadt geworden. Randschau hält aber, angesichts neuer Mehrheiten im Stadtparlament, noch "Nachbesserungen" am Erlenhof für möglich.