Priester Nils Schellhaas verlässt Bargteheide. Nach Abendblatt-Informationen hat er den Zölibat gebrochen. Überraschend ist die Wende im Leben des Geistlichen allerdings nicht.

Bargteheide. Eigentlich sollte es nur eine Auszeit von drei Monaten werden. Für diese Zeit, so hatte der Bargteheider Kaplan Nils Schellhaas, 31, während der Messe am Ostermontag verkündet, habe er sich vom Erzbistum suspendieren lassen - "aus persönlichen Gründen". Nun ist aus der Auszeit ein Ende geworden: Wie das Erzbistum Hamburg am Dienstag auf Abendblatt-Anfrage mitteilte, sei "Herr Schellhaas endgültig aus dem Dienst des Erzbistums Hamburg ausgeschieden". Nach Abendblatt-Informationen spielten "zölibatäre Gründe" die entscheidende Rolle. Offensichtlich liebt der Ex-Priester eine Frau.

Erst im August vergangenen Jahres hatte der Kaplan seinen Dienst in der Katholischen Pfarrei "Maria - Hilfe der Christen" angetreten, zu der Ahrensburg, Großhansdorf und Bargteheide gehören. Er war beliebt, nicht zuletzt auch deshalb, weil Krisen und neue Aufbrüche zu seinem Lebenslauf gehören. 1982 in Frankfurt am Main geboren, ließ er sich als Jugendlicher evangelisch taufen. Gleichwohl fand er seine geistliche Heimat in einer hochkirchlichen Bewegung, die stark katholisch geprägt ist. "So bemühte ich mich darum, als Evangelischer so katholisch wie möglich zu leben", schrieb er einmal.

Nach seinem evangelischen Theologiestudium in Frankfurt am Main, Heidelberg, Mainz und Kiel vollzog Schellhaas 2006 endgültig den Bruch mit der evangelischen Kirche: Er konvertierte zum Katholizismus und wollte Priester werden. Während er als evangelischer Geistlicher hätte heiraten und eine Familie gründen können, musste er sich nun dem Zölibat beugen. Bei seiner weiteren Ausbildung im hessischen St. Georgen und im Priesterseminar lernte er mit anderen Anwärtern, diese schwierige Entscheidung zu reflektieren und mit Sinn zu füllen.

Gelegentlich sprach der Geistliche bei NDR 2 das morgendliche "Moment mal". Auch in regionalen Blättern meldete er sich mit Beiträgen zu Wort. "Der Mensch sucht Liebe und Anerkennung, er sucht die Bejahung", schrieb er in einem Karfreitags-Text. "Gott hat einen Menschen ins Dasein gerufen, der fähig ist, zu lieben." Was er grundsätzlich und nicht persönlich meinte. Jetzt hat ihn die Wirklichkeit eingeholt.

In Bargteheide hat das Ausscheiden des Kaplans bereits die Runde gemacht - auch in Kollegenkreisen. "Nils Schellhaas ist ein humorvoller, offener Mann", sagt Jan Roßmanek, Pastor der evangelischen Bargteheider Kirche. "Er ist konsequent. Wenn jetzt eine Frau im Spiel ist, will er das durchziehen und seine Beziehung nicht länger geheim halten. Mit allen persönlichen Folgen." Und die sind beträchtlich. Für den 31-Jährigen ist eine berufliche Zukunft in der katholischen Kirche jetzt ausgeschlossen. Dabei hatte Erzbischof Werner Thissen ihn erst im Mai vergangenen Jahres zum Priester geweiht.

Für den evangelischen Kollegen ist die Schwere des Falls, wie sie aus Sicht der katholischen Kirche vorliegt, nicht nachvollziehbar. "Liebe ist eben nicht nur stärker als der Tod. Ich sehe die Dramatik nicht", sagt Roßmanek.

Überraschend ist die Wende im Leben des Geistlichen jedenfalls nicht. In einem Spiegel Special vom September 2006 wird Schellhaas folgendermaßen zitiert: "Ich bin froh, dass ich schon Freundinnen hatte. Ich weiß nicht, ob ich es sonst nicht doch irgendwann ausprobieren würde, um zu wissen, ob mich überhaupt eine nähme." Und weiter heißt es: "Dass er sich noch mal verlieben könnte, schließt Schellhaas indes nicht aus." Damals war er 24 Jahre alt und gerade vier Wochen im Frankfurter Priesterseminar St. Georgen. Der zum katholischen Glauben konvertierte Protestant hatte nicht nur die Konfession gewechselt, sondern auch sein ganzes bisheriges Leben hinter sich gelassen, schrieb der Spiegel.

Das andere Leben sei eine Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung mit Blick auf die Ostsee in Kiel gewesen und eine Freundin an seiner Seite. "Sie hat mich verlassen, weil ich zu viel Zeit in meinen Glauben investiert habe", wird Schellhaas zitiert. Die Trennung habe sein Leben verändert. "Eine Partnerin braucht Zeit und Zuwendung. Ich bin einer, der aus der Zuwendung von Gott lebt, und wenn ich mich an eine Freundin verschenke, dann fehlt mir Zeit, um diese Liebe von Gott zu empfangen."

Nun hat sich Nils Schellhaas anders entschieden. Er ist weg, nach rund einem Jahr. Ein Nachfolger ist bereits gefunden. Auf der Internetseite der katholischen Kirche St. Michael Bargteheide ist zu lesen, dass der Erzbischof zum 1. Juli Kaplan Germain Gouen aus Neumünster in die Pfarrei gesandt habe. Gouen stamme aus Kamerun und sei dort zum Priester geweiht worden. Nach einem BWL-Studium im Heimatland sei er nach Dublin gegangen, um dort und später auch in Münster Theologie zu studieren. Seit drei Jahren arbeite er in Deutschland.

Über den weiteren Werdegang von Nils Schellhaas war aus Kirchenkreisen nichts zu erfahren. Auch ein Gespräch mit ihm war trotz mehrfacher Nachfrage des Abendblatts nicht möglich. "Ich finde es gut, dass er sich für die Liebe entschieden hat und die Konsequenzen trägt. So gehört sich das. Ich wünsche ihm alles Gute", sagt der evangelische Kollege Roßmanek. Und Erzbischof Thissen wünscht dem Ex-Priester nach dem abrupten Ende der kirchlichen Karriere "auf seinem weiteren Lebensweg von Herzen Gottes Segen".