Die Stadt lockt mit ihren Baugebieten nicht nur zusätzliche Einwohner an. Auch politisch wird sich mit der Rückkehr der Grünen einiges verändern

Bargteheide. Der Bürgerwindpark, die Gründung eigener Stadtwerke, das Klimaschutzkonzept und der Weiterbau der Westumgehung werden Bargteheide in den nächsten Jahren beschäftigten. Und die Stadt soll schuldenfrei bleiben. Die grobe politische Linie für das 16.000 Einwohner zählende Städtchen ist vorgezeichnet. Aber bei der Feinjustierung wird es spannend, denn die Grünen treten wieder an.

Die SPD rechnet für den Neuling sogar mit einem zweistelligen Ergebnis - und macht sich deswegen noch nicht einmal große Sorgen. "Das eröffnet neue Möglichkeiten", sagt SPD-Spitzenkandidat Jürgen Weingärtner. "Zusammen mit den Grünen haben wir die Mehrheit. Dann können wir CDU und FDP ablösen."

Auch die CDU hat keine Berührungsängste. "Wir wollen stärkste Fraktion bleiben", sagt CDU-Spitzenkandidatin Cornelia Harmuth. Die Grünen haben sich gut entwickelt. Sie werden neue Idee einbringen. Und das belebt das Feld."

Und in diesem freundlichen Tenor geht es weiter. "Die Basis für die Zusammenarbeit mit den Grünen ist positiv", sagt Norbert Muras, der die Wählergemeinschaft (WfB) anführt. Zuversicht verbreitet auch die FDP. "Der Kuchen wird neu aufgeteilt. Und wir werden nicht das Opfer sein", sagt Spitzenkandidat Gorch-Hannis la Baume.

Und was sagen die Grünen selbst? "Wir werden vier bis fünf Sitze bekommen und ein wichtiger Partner sein", so Spitzenkandidatin Wiebke Garling-Witt, die 2005 mit ihrem Umzug nach Bargteheide politisch aktiv geworden ist. "Wir haben vorher in Hamburg-Rahlstedt gewohnt. Die Infrastruktur hat sich dort sehr verschlechtert. Bargteheide ist dagegen eine Perle", sagt die 56 Jahre alte Studienrätin. "Hier gibt es so viel Schönes. Ich habe mir gedacht, ich muss unbedingt etwas tun, dass das so bleibt."

Grüne wollen Konzepte zum Verkehr und zur Stadtentwicklung

Ganz leicht dürfte es allerdings nicht werden, sich mit einem neuen Farbakzent von den Mitbewerbern abzugrenzen. Der Ausbau regenerativer Energien ist mit der Planung des Windparks im vollen Gang. Es gibt eine Klimaschutzmanagerin. An der Umsetzung des Klimaschutzkonzepts wird gearbeitet. Die Schulen werden energetisch saniert. Und die geplante Übernahme der Strom- und Gasnetze von der Schleswig-Holstein Netz AG soll Unabhängigkeit bringen. "Unsere Ideen sind so gut, dass schon vieles umgesetzt wird, obwohl wir noch gar nicht in der Stadtvertretung sind", sagt Garling-Witt. Für das Klimaschutzkonzept habe ihre Partei mit einer Befragung der Bürger und dem Sammeln von 600 Unterschriften die Initialzündung geliefert.

Die Grünen wollen ein Stadtentwicklungskonzept für ein behutsames Wachstum und ein Verkehrskonzept. "Die Bahn ist dabei ein großer Pluspunkt", sagt Garling-Witt. Aber nur für Autoparkplätze zu sorgen, sei nicht mehr zeitgemäß. "Wir wollen ein Fahrrad-Parkhaus in Bahnhofsnähe."

Wählergemeinschaft ist beim Windpark uneins, CDU klar dafür

Die WfB setzt auf ihre Unabhängigkeit. "Wir sind an keine Doktrin, an keine Parteirichtlinie gebunden, sondern nur an Bargteheide", sagt Fraktionschef Norbert Muras. Das frühe Einfordern von mehr Krippenplätzen sei von der WfB gekommen. Genauso wie der Hinweis darauf, dass das Parkdeck am Kreisel zu teuer und die Öffnung der Eckhorst rechtlich nicht durchsetzbar sei. Was dringend fehle, sei eine Baumschutzsatzung und preiswerter Wohnraum in der Innenstadt.

Den Windpark sieht Muras kritisch. "Die Räder stehen viel zu nah an der Wohnbebauung und sind viel zu groß", sagt er. Er habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, das Projekt stoppen zu können. Es müsse nur ein Rotmilan in der Nähe brüten, schon werde es schwierig. "Wir sind in dieser Frage allerdings nicht einig", sagt Muras, "bei uns herrscht kein Fraktionszwang."

Die CDU befürwortet dagegen den Bürgerwindpark am Glindfelder Weg. Auch die 3,7 Millionen Euro für die Gründung der Stadtwerke seien sinnvoll angelegt. "Das kann ein Erfolgsmodell für Bargteheide werden", sagt Cornelia Harmuth, die als Nachfolgerin von Bürgervorsteher Horst Kummereincke erstmals Spitzenkandidatin ist.

Vorrangig sei zudem die Schaffung von Kita-Plätzen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu fördern, sagt Harmuth. Angesichts des demografischen Wandels müssten außerdem ältere Menschen mehr berücksichtigt werden. Zu den Angeboten gehörten Senioren-Spielplätze und Generationenwege genauso wie sozialer Wohnungsbau für Menschen mit geringem Einkommen. Zum Glück gebe es Rückenwind vom Land - und Zuschüsse. "Das oberste Ziel ist die Schuldenfreiheit", sagt Harmuth. "Jeder Euro, der für Zinsen und Tilgung draufgeht, fehlt uns für Investitionen."

Der faire Umgang miteinander ist allen Parteien wichtig

Mit der Schuldenfreiheit sei das so eine Sache, meint der Sozialdemokrat Jürgen Weingärtner. "Ohne die außerordentlichen Steuereinnahmen und den Verkauf von Grundstücken wäre sie schon längst weg." Deswegen sei erneut Bodenbevorratung angesagt und langsames Wachstum unabdingbar. Zu schnelles Erschließen von Neubaugebieten bringe zu hohe Folgekosten bei Kitas und Schulen. Bei Krippenplätzen gebe es schon jetzt Handlungsbedarf. Weingärtner: "Angestrebt ist eine Versorgungsquote von 60 Prozent. Das könnte knapp werden."

Bezahlbaren Wohnraum schreibt sich die SPD originär auf ihre Fahne. "Wir fordern das schon lange. Aber jetzt scheint endlich etwas zu passieren" sagt Weingärtner.

Die Stadtwerke und der Windpark seien "durch" und wichtig. Bei Neubauten müsse auf den Einsatz regenerativer Technik geachtet werden. Zudem müsse der Öffentliche Personennahverkehr gestärkt werden. Unter anderem fordert die SPD, dass der Bus nach Hamburg-Poppenbüttel öfter fährt. Ein weiterer Wunsch ist ein Seniorenlotse im Rathaus, der bei Anträgen oder der Suche nach einem Heimplatz hilft.

Die FDP plädiert für G 9 an Gymnasien, für ein Straßen- und Verkehrskonzept, für eine städtische Kita, in der durchweg Englisch gesprochen wird, und für den Bau eines Gesundheitszentrums. Das Geld dafür hätte man, wenn man die Finger vom Ankauf der Netze ließe. Die Gründung der Stadtwerke sei überflüssig. "Wir müssen das nicht selbst in der Hand haben. Damit rutschen wir ziemlich sicher in die Verschuldung", sagt Gorch-Hannis la Baume, der auch gegen den Windpark ist. "Die Verschandelung der Landschaft steht in keinem Verhältnis zur Energieausbeute."

Bislang war die FDP oft das Zünglein an der Wage und stimmte mit der CDU. Mit der Ablehnung des Windparks und der Stadtwerke ist die bisherige Übereinstimmung in zentralen Fragen weg. Der Liberale möchte nicht mehr Einzelkämpfer sein. "Unser Ziel ist es, eine Fraktion zu werden", sagt der Spitzenkandidat. Zwei Sitze sind dafür nötig.

Aber wie auch immer die Wahl ausgeht, eins soll so bleiben wie bisher. Alle Politiker quer durch die Parteien wollen den fairen Umgang miteinander beibehalten. Damit man nach den Sitzungen gemeinsam ein Bierchen trinken kann.

Dienstag in unserer Wahlserie: Ammersbek