Beim Neujahrsempfang ist das Abwahlverfahren der Bürgermeisterin Hauptthema. Suspendierte Verwaltungschefin stellt sich Fragen von Bürgern.

Oststeinbek. Sonntag morgen, 11 Uhr: In der dritten Reihe rechts, mitten zwischen rund 300 Besuchern des Neujahrsempfangs, sitzt die wohl zurzeit umstrittenste Oststeinbekerin ins Gespräch mit ihrer Sitznachbarin. Zwar wird der Name Martina Denecke in den Reden des Bürgervorstehers Hendrik-C. Maier und der des amtierenden Bürgermeisters Hans-Joachim Vorbeck nur einmal genannt. Dennoch ist das gegen die zurzeit suspendierte Bürgermeisterin eingeleitete Abwahlverfahren Thema Nummer eins an diesem Morgen.

"Die Bürgermeisterfrage ist ganz schön schwierig", sagt Bürgervorsteher Hendrik-C. Maier zu Beginn seines Jahresrückblicks. Er sei zu der Erkenntnis gekommen, dass er "nicht alle Sichtweisen kenne". Aber: "Es geht um meine Heimat, von daher kann ich nicht emotionslos sein." Für den Vorsitzenden der Oststeinbeker Gemeindevertretung hätten die Bürger, die Vereine und die Kommunalpolitiker das Vertrauen in die Bürgermeisterin verloren. Er könne sich auch keine Maßnahme vorstellen, die das zerstörte Vertrauen wiederherstellen könne.

Für das Jahr 2013 nennt Maier drei konkrete Aufgaben, die Oststeinbek zu bewältigen habe. "Als erstes müssen wir die Aufgabenliste von 2012 abarbeiten." Darauf: Die im Gemeindeprüfbericht aufgeführten Probleme lösen, der Kita-Bau nördlich der Tennisanlage und das Blockheizkraftwerk. Aber auch die Frage, wie es mit dem Bürgerhaus Kratzmannscher Hof weitergeht.

Zum zweiten Punkt, der finanziellen Situation, zitiert der Bürgervorsteher scherzhaft das Lied von Jupp Schmitz aus dem Jahr 1949: "Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?" Neben den steigenden Kosten, dem Wegfall der Gewerbesteuer erwarte die Oststeinbeker 2013 noch die Frage nach der Sanierung des Rathauses.

Dritte und letzte Aufgabe: "die Wahlen und Abstimmungen 2013". Im März müssen sich die Oststeinbeker beim Abwahlverfahren gegen Martina Denecke entscheiden, dann ist ihre Stimme bei der Kommunal- sowie der Bundestagswahl gefragt. Und je nachdem, wie das Ergebnis im März ausfällt, steht eine Bürgermeisterwahl bevor.

Eine Rede, die Anklang findet beim Publikum. "Eine offene und sehr diplomatische Rede", sagt der Vorsitzende des Oststeinbeker SV, Hans-Helmuth Luther. Dem pflichtet Joachim Wegner bei: "Eine sehr ehrliche Rede."

Der amtierende Bürgermeister, Hans-Joachim Vorbeck, liefert in seiner Rede die Antwort auf die Frage: "Was hat sich in der Verwaltung in den vergangenen vier Wochen getan?" Vier Klageverfahren seien abgewendet worden, Fachbereichsleiter wieder als Experten in Ausschusssitzungen dabei. Weitere Aufgaben in 2013 seien die im Gemeindeprüfbericht aufgeführten handwerklichen Fehler von Verwaltungsmitarbeitern zu korrigieren und die strukturellen Probleme in der Rathausverwaltung zu beseitigen. Zum Thema Personalprobleme im Prüfbericht hat Vorbeck eine klare Meinung: "Dieser Bereich betrifft nur die Amtszeit der Bürgermeisterin."

Parteiübergreifend die Bitte Vorbecks an alle Ehrenamtler: "Bleiben Sie in ihren Ämtern, wir brauchen Sie." Gleichzeitig fordert der ehrenamtliche Politiker Vorbeck "ein bisschen mehr Zuneigung für die politischen Aktiven". Ebenfalls sei die Integration von Neubürgern in das politische Leben der Gemeinde enorm wichtig, denn "die neuen Bürger sind die Ehrenamtler von morgen". Die Bedeutung des Ehrenamts für die Gemeinde Oststeinbek wurde durch die Vergabe des Helmut-Land-Preises der Erwin-Baer-Stiftung an Peter Pfänder unterstrichen. Der Oststeinbeker arbeitet seit Jahren für den Sozialverband Deutschland in Oststeinbek.

Und Martina Denecke? Die suspendierte Bürgermeisterin wirkt locker und entspannt, nutzt den anschließenden Sektempfang, um sich den Fragen von Bürgern zu stellen. Was dabei besprochen wird, bleibt vertraulich. Allerdings: "Frau Denecke hat viel zu erzählen", sagt Radegunde Brüggemann. Sie hat die ganze Zeit neben Martina Denecke gesessen.

Von den Empfängen berichten: Christoph Brix, Birgit Jaklitsch, Thies Jonas, Ralph Klingel-Domdey (Texte und Fotos)