Wenn andere Feierabend haben oder Weihnachten feiern, sind sie im Dienst: Eine Nachtschicht mit zwei Polizisten in Ahrensburg.

Ahrensburg. Wenn die meisten Menschen in Ahrensburg schlafen gehen, beginnt für die beiden Polizisten Arne Inhülsen und Felix Schumacher alles andere als eine stille Nacht. Einbrüche, Schlägereien und Ruhestörungen stehen auf dem Programm - auch am Wochenende und an Feiertagen. Das Abendblatt hat die Polizeikommissare bei einer Nachtschicht begleitet.

Um 22.40 Uhr kommt über Funk der erste Einsatz: Ruhestörung am Heidekamp. Eine Frau und ihr Kind können nicht schlafen, weil der Nachbar laut Musik hört. Tatsächlich: Aus einer Wohnung im Obergeschoss dringt laute Musik. Mehrfach klingelt Arne Inhülsen an der Tür, doch niemand öffnet. Erst als der 38-Jährige energisch klopft, tut sich etwas. "Sie wissen, warum wir hier sind?", fragt der Beamte. Verdutzt antwortet der 49 Jahre alte Bewohner: "Ich war wohl zu laut." Inhülsen zieht Schreibblock und Kugelschreiber aus der Brusttasche seiner Lederjacke und sagt: "Ich brauche dann mal Ihren Personalausweis."

Doch der Mann reagiert aggressiv und behauptet, er müsse seinen Ausweis nicht zeigen. "Dann müssen wir Sie mit zur Wache nehmen", sagt der Polizist. Kurz überlegt der Mann in der grauen Jogginghose, dann geht er in seine Wohnung. Im Treppenhaus ist ein Knacken zu hören. Schumacher hat den Sicherungsbügel an seinem Gürtelholster, in dem die Pistole steckt, gelöst. "Wir können nie wissen, womit er gleich vor uns steht", sagt der 30-Jährige später. Doch der Mann hat sich beruhigt und präsentiert seinem Ausweis. Kurz darauf ist der Einsatz beendet.

"Ich kann nicht verstehen, warum Menschen wegen eines so geringen Anlasses gleich aggressiv werden. Beim ersten Mal bleibt es schließlich nur bei einer Verwarnung", sagt Schumacher. Er berichtet von einem ähnlichen Einsatz in Todendorf. Als der Störenfried bemerkte, dass seine Nachbarn die Polizei verständigt hatten, trat er deren Wohnungstür ein. Gegen seine Festnahme wehrte sich der junge Mann und trat Felix Schumacher gegen das Knie. "Ich war sechs Wochen nicht dienstfähig", sagt der Beamte.

Noch bevor die beiden Männer den Stadtteil Ahrensburg-West verlassen, kommt der nächste Funkspruch. Einem jungen Mann wurde in seinem Haus an der Lübecker Straße das iPhone gestohlen. Er hatte Bekannte zu sich eingeladen. Während die Beamten mit dem Opfer im Flur stehen und sich Notizen machen, meldet sich der Dieb per Handy bei einem Freund des Opfers und sagt, dass er das iPhone zurückbringen werde. Dennoch gibt es eine Anzeige. "Es hat offenbar geholfen, die Polizei zu rufen", sagt Schumacher, als er auf der B 75 zurück in die Innenstadt fährt.

Am Schloss bemerken die Beamten, dass sich zwei Autofahrer ein Rennen liefern. Beide Autos rasen in die Straße Am Weinberg. Arne Inhülsen schaltete sofort das Blaulicht an. Nach wenigen Hundert Metern stoppen sie den BMW. "Sie wissen, warum wir Sie anhalten?", fragt Schumacher den jungen Fahrer, der noch kindlich wirkt. Da der Tempoverstoß nicht zu beweisen ist, erzählt der Polizist, was bei solch leichtsinnigen Aktionen passieren kann. Der Kommissar achtet darauf, nicht oberlehrerhaft zu wirken. "Ich versuchen, quasi ihre Sprache zu sprechen", sagt er.

Auf dem Rückweg zur Wache passiert der Streifenwagen im Schritttempo die Diskothek an der Großen Straße, wo bis zu 200 Jugendliche feiern. "Wir zeigen Präsenz. Das hilft manchmal, Schlägereien zu verhindern", sagt Schumacher. In dieser Nacht bleibt tatsächlich alles friedlich.

"Ich mach' gerne Nachtschichten", sagt Schumacher um 2 Uhr. Er sitzt am großen Holztisch im Gemeinschaftsraum. Ein Kollege sitzt im Nachbarraum am Funkgerät, zwei weitere fahren ebenfalls Streife. "Über die Feiertage sind wir aber paar mehr", sagt Inhülsen, während er sich einen Kaffee einschenkt. Denn am sogenannten Fest der Liebe komme es vermehrt zu Ehe- und Familienstreitigkeiten. "Während wir solche Einsätze einmal in zwei Wochen haben, sind es allein Heiligabend mindestens zwei", sagt Schumacher.

Nach einer halben Stunde sitzen die Beamten wieder im Streifenwagen. Schumacher fährt ins Gewerbegebiet. "Dort kommt es ab und zu auch mal zu Einbrüchen", sagt er. Doch es gibt nichts Auffälliges. Ganz anders in Hoisdorf: Dort soll es einen Einbruchversuch gegeben haben. Mit Blaulicht und Tempo 140 rast der Streifenwagen um 2.55 Uhr über die Manhagener Allee.

Kurz bevor die Polizisten an dem Haus angekommen, schaltet Inhülsen das Blaulicht aus. Die Einbrecher sollen nicht gewarnt werden. Am Einsatzort geht Inhülsen an einer Seite des Hauses Richtung Terrasse, Schumacher nimmt die andere Seite. Mit ihren Taschenlappen leuchten sie überall hin, doch es gibt keine Einbruchspuren. Der Bewohner, der die Polizei alarmiert hat, sagt: "Mein Frau und ich sind wach geworden, weil wir ein Klirren gehört haben." Doch weder an dem Haus noch an den Nachbarhäusern ist irgendetwas zu erkennen. Lediglich kleine Kratzer an einem Aluminium-Fensterrahmen fallen auf. Ob diese von einem Einbruch stammen, ist aber unklar. "Es ist richtig, dass Sie uns gerufen haben. Wir kommen lieber einmal zu viel als zu wenig", sagt Schumacher.

Zurück in Ahrensburg, schauen die Polizisten wieder an der Disco vorbei. Dort läuft die Party ohne Zwischenfälle. Plötzlich kommt über Funk ein neuer Einsatz. In einem Zug zwischen Hamburg und Lübeck gab es eine Schlägerei. Der Zugführer alarmierte die Polizei und stoppte in Bargteheide. Weil die Bargteheider Kollegen gerade einen anderen Einsatz haben, rasen die Ahrensburger zum Bahnhof. Im ersten Waggon des Regionalzugs sitzt das Opfer, bekleidet mit HSV-Schal und -Mütze. Die Jacke des Mannes ist blutverschmiert, er hält sich ein Taschentuch gegen die Nase. Zeugen berichten, dass ein Unbekannter sich zunächst einen Zahnschutz in den Mund gesteckt und dann den 30-Jährigen angegriffen habe. Nachdem die Fahrgäste eine Täterbeschreibung gegeben haben, gehen die Polizisten durch alle Waggons. Doch von dem Schläger fehlt jede Spur. Rettungsassistenten versorgen das Opfer und fahren es in ein Krankenhaus.

Zurück an der Wache, muss sich Schumacher um einen betrunkenen jungen Mann kümmern. Dieser lag völlig hilflos im Vorraum einer Bargteheider Sparkasse. Weil die dortige Station keine Gewahrsamszellen hat, wurde der Betrunkene nach Ahrensburg gebracht. "Wenn Menschen für sich oder andere eine Gefahr darstellen, kommen sie bei uns in Gewahrsam", sagt Schumacher, der um 4.30 Uhr die Eltern anruft. "Die Mutter war völlig überrascht und sagte, dass sie solch ein Verhalten von ihrem Sohn nicht kenne."

Doch für den 21-Jährigen wird dies eine teure Übernachtung. Für den Einsatz sowie den Amtsarzt, der ihn in der Zelle untersucht hat, muss er 250 Euro zahlen. Noch bevor die Mutter zur Wache kommt, sind die beiden Polizisten wieder auf Streife. Schon wieder geht es um Ruhestörung. Dann ist es 7 Uhr. Endlich Feierabend.