Entscheidung der Disziplinarkammer, Verfahren gegen Pastor Hasselmann einzustellen, sei “schwer verständlich“

Ahrensburg. "Ich bin entsetzt über die Entscheidung des Kirchengerichts": Sebastian Isert, Stiefsohn von Pastor Dieter K., kann nicht verstehen, warum das Gericht das Disziplinarverfahren gegen den Ahrensburger Pastor Friedrich Hasselmann eingestellt hat. Isert: "Die Kirche muss gegen diese Entscheidung vorgehen, sonst kann man die Kirchenleitung wirklich nicht mehr ernstnehmen." Und Anselm Kohn, ebenfalls Stiefsohn und Mitbegründer des Vereins Missbrauch in Ahrensburg, sagt: "Die Begründung des Gerichts, Hasselmann habe auch Gutes getan, ist null nachvollziehbar."

Die Verantwortlichen in der Nordkirche sind offenbar selbst unzufrieden mit dem Spruch des unabhängigen Gerichts. Der Kirchensprecher Frank Zabel kündigte eine "intensive Prüfung" an. "Für uns, aber vor allem für die Betroffenen ist das eine schwer verständliche Entscheidung", sagte er.

Die Anwälte der Kirche hatten beantragt, Hasselmann wegen "erheblicher Amtspflichtverletzungen" aus dem Dienst zu entfernen. Wäre dies geschehen, hätte der Ruhestandsgeistliche Hasselmann seine Altersversorgung verloren. Er hätte dann auch keine Gottesdienste mehr abhalten können. Aber das Gericht unter Leitung des Reinbeker Amtsgerichtsdirektors Bernd Wrobel hat anders entschieden. Unter anderem hat es "zahlreiche Milderungsgründe" entdeckt. In der Pressemitteilung der Disziplinarkammer heißt es: Der "lange Zeitraum seit den Pflichtverletzungen, in dem sich der Angeschuldigte einwandfrei geführt hat, sowie der Umstand, dass der Angeschuldigte und seine Familie unter den Folgen einer regelrechten Hetzkampagne gelitten haben", rechtfertige "eine mildere Bewertung". Eine Entfernung Hasselmanns aus dem Dienst komme selbst dann nicht in Frage, "wenn die Beweisaufnahme die gegen den Angeschuldigten erhobenen Vorwürfe vollen Umfangs bestätigen würde". Deshalb wurde auf die Anhörung von Zeugen verzichtet. Das Gerichte wollte sie nicht "den Belastungen einer für das Verfahrensergebnis unerheblichen Beweisaufnahme" aussetzen, heißt es in der Pressemitteilung.

Dass nicht einmal die Zeugen, die schon geladen waren, gehört worden sind, hat in der Kirche viele erbost. Isert sagt: "Hasselmann ist nicht Opfer des Missbrauchsskandals, er ist Täter gewesen, und dafür gibt es Zeugen."

Heinz Wagner, der Anwalt von Pastor Hasselmann, findet es hingegen richtig, dass auf die Beweisaufnahme verzichtet wurde: "Für einige Zeugen wären die Aussagen sicherlich unangenehm geworden, denn nach meinem Eindruck war manches frei erfunden."

Ob das so stimmt, wird sich wohl vor dem Kirchengericht nicht mehr klären lassen. Von Kirchenrechtlern ist zu hören, dass eine Berufung gegen die Hasselmann-Entscheidung nicht möglich sei. Möglich sei aber ein erneutes Disziplinarverfahren - allerdings nur dann, wenn Zeugen neue Vorwürfe gegen den Pastor äußern würden.