Gemeindevertreter verzichten auf Sonderausgabe des “Grünen Blattes“. Bürgervorsteher prüft künftig auch alle Berichte der Verwaltung.

Oststeinbek. Ein voller Parkplatz vor und ein bis auf den letzten Platz besetzter Sitzungssaal im Rathaus - selten war der Andrang bei einer öffentlichen Sitzung der Gemeindevertreter in Oststeinbek größer. Selten hatte eine Sitzung bereits im Vorfeld solche Wellen geschlagen. Schließlich war die Terminfindung alles andere als einfach.

Der Beschluss für diese Sitzung wurde in Abwesenheit der amtierenden Bürgermeisterin Martina Denecke getroffen. Sie war zu diesem Zeitpunkt zu Besuch in der englischen Partnergemeinde Caddington. Bei der Reise dabei war auch Bürgervorsteher Hendrik-C. Maier (CDU). In Abwesenheit der beiden wurde die Sitzung von Wolfgang Lorenz (SPD), dem stellvertretenden Bürgervorsteher, einberufen. Ein Vorgang, der die Verwaltungschefin so sehr verärgerte, dass sie versuchte, die Sitzung nicht stattfinden zu lassen. Doch ihr Vorhaben scheiterte (wir berichteten). Deneckes Vorgehensweise stieß wiederum viele Gemeindevertreter vor den Kopf.

Dementsprechend auch die Atmosphäre im Rathaussaal: Während die Außentemperatur kühle drei Grad Celsius betrug, wurde die Stimmung im Saal immer hitziger. Der Grund: Es sollte über eine Änderung der Regularien für die Veröffentlichung einer Sonderausgabe von "Oststeinbek Aktuell", dem lokalen Amtsblatt, mit einer Stellungnahme der Gemeindevertreter abgestimmt werden. Viele Oststeinbeker nutzten die vorangestellte Fragestunde, um sich zu informieren und ihrem Ärger Luft zu machen.

"In den Gremien wird nicht über eine Abwahl diskutiert", beantwortete Gemeindevertreter Christian Höft (SPD) die Frage eines Bürgers, der wissen wollte, was man eigentlich der Bürgermeisterin genau vorwerfe und was es mit den Gerüchten um eine Abwahl auf sich habe. Weitere Themen in der Bürgerfragestunde, die von den üblichen 15 Minuten auf knapp 45 Minuten erweitert wurde: die Querelen im Vorfeld der Sondersitzung.

"Herr Lorenz ist nicht mein Stellvertreter", begründete Bürgermeisterin Denecke ihr Vorgehen nach ihrer Rückkehr aus England. Ihrer Meinung nach sei die Situation so nicht nachvollziehbar gewesen. "Deswegen habe ich auch einen Anwalt eingeschaltet." Der Kommentar der Bürgermeisterin sorgte zuerst für ein ungehaltenes Murren im Publikum, später dann für erstaunte Fragen, ob dies denn notwendig sei, schließlich gebe es für solche Formfragen eine übergeordnete Instanz, das Gemeindeprüfungsamt. Auf die Frage einer Bürgerin, wer denn den Anwalt bezahle, antwortete Bürgervorsteher Hendrik-C. Maier: "Letztendlich zahlen Sie ihn indirekt durch die Gewerbe- und die Einkommensteuer."

Die Frage der Zahlungsmodalitäten veranlasste Gemeindevertreter Axel Soltysiak (CDU) zu dem Ausspruch, dass er "gerne auf mein Sitzungsgeld verzichten würde", wenn Frau Denecke "den Anwalt aus eigener Tasche bezahlt". Deutliche Zeichen, wie tief der Graben in der Zwischenzeit zwischen Bürgermeisterin und den erschienenen Einwohnern und den gewählten Gemeindvertretern geworden ist.

Ein weiterer Streitpunkt: "Oststeinbek Aktuell" beziehungsweise verschiedene Artikel in den jüngsten Ausgaben des sogenannten "Grünen Blattes". In der Oktober- und der Novemberausgabe waren Artikel veröffentlicht worden, die mit "Die Verwaltung" unterschrieben waren. Bei dem Artikel in der Oktober-Ausgabe werden unter der Überschrift "Wussten Sie schon - ..." die verschiedenen Ehrenämter der heutigen Bürgermeisterin vor ihrem Amtsantritt an prominenter Stelle erwähnt als Einstieg zur Einladung zum "Frauenklönschnack mit der Bürgermeisterin".

In der November-Ausgabe wird unter dem Titel "Ist Ihnen auch schon aufgefallen ..." die Zweckentfremdung des Amtsblatts durch verschiedene Parteien bis hin zum "Dysphemismus (neudeutsch: shitstorm)" angeprangert. Auch auf Anfrage des ehemaligen Bürgervorstehers Gerhard Bülow und die direkte Frage von Gemeindevertreter Soltysiak, ob Frau Denecke oder jemand anderes der Verfasser sei, nannte die Bürgermeisterin keinen Namen. Ein Umstand, der mit diversen Zwischenrufen aus dem dicht gedrängten Zuschauerraum kommentiert wurde. "Sie werden wohl keine klare Antwort bekommen", so Maiers Erwiderung auf die Reaktionen des Publikums.

"Ich habe das ,Grüne Blatt' so erst gelesen, als ich es im Briefkasten hatte", beantwortete Bürgervorsteher Maier die Frage seines Amtsvorgängers, ob diese Artikel mit ihm abgestimmt wurden. Er habe die Regularien bisher so verstanden, dass er lediglich die Texte von Vereinen und Verbänden lese.

Ein Umstand, der in der Abstimmung Rechnung getragen wurde. Entgegen dem ursprünglichen Vorschlag stimmten die Gemeindevertreter dafür, auf eine Sonderausgabe zu verzichten und die Stellungnahme auf der ersten Seite der kommenden, regulären Dezember-Ausgabe von "Oststeinbek Aktuell" zu veröffentlichen.

Es wurde ebenfalls über einen Zusatz in den Regularien des Amtsblatts abgestimmt, nachdem der Gemeindevorsteher nun alle zu veröffentlichenden Inhalte im Vorfeld zum Lesen zur Verfügung gestellt bekommt - auch die der Verwaltung. Beide Anträge wurden von den Gemeindevertretern einstimmig angenommen.

Zumindest in der Bürgervertretung herrscht bei diesen Themen Einigkeit. Wie es allerdings um die zukünftige politische Eintracht in Oststeinbek bestellt ist, bleibt weiterhin unklar. "Meine Tür ist immer offen. Ich bin jederzeit für Gespräche bereit", erklärte Denecke bereits am Anfang der Bürgerfragestunde. Eine Aussage, die zumindest Bürgervorsteher Maier nicht weit genug ging. "Es gibt keine Musterlösung. Aber wenn man aufeinander zugehen möchte, dann reicht eine offene Tür nicht."

Damit bleibt eine weitere Frage aus der Bürgersprechstunde, nämlich ob ein Konsens zwischen Verwaltungschefin und Gemeindevertretung noch möglich ist, an diesem Abend unbeantwortet. Während sich manche Besucher am Sitzungsende mit Scherzen wie "In Zukunft nur noch mit Sitzungsordnung" in den kalten Abend verabschiedeten, beschäftigte andere Bürger noch die Frage "Wie soll das weitergehen?" in der abgestandenen Luft des Sitzungssaals.