Experten halten Vorstoß für wenig sinnvoll. Gespräche über die Ursachen seien wichtiger

Ahrensburg. Wenn das Kind die Schule schwänzt, bekommen die Eltern eine SMS. So hat sich Dirk Teubner das ausgedacht, der für die Gelsenkirchener Sicherheitsfirma ibs arbeitet. Seine Idee: Software für Schulen, mit der sie Sammel-SMS an die Eltern verschicken können. Zum Beispiel, wenn die erste Stunde ausfällt oder Kinder unentschuldigt fehlen. Stormarner Schulen halten das System allerdings für wenig sinnvoll.

Einer, der sich mit Schwänzen auskennt, ist Aleksander Wojtczak von der Stormarner Kompetenzagentur. Er hält nicht viel von der Idee. Eine SMS könne nur helfen, wenn es eine Vertrauensbasis zwischen dem Lehrer und den Eltern gibt. "Dann merkt der Schüler vielleicht, dass er keine Schlupflöcher mehr hat", sagt Wojtczak. Wenn es die Eltern bisher nicht interessiert hat, was ihre Kinder machen, bewirke die SMS das Gegenteil: Das Verhältnis zwischen Lehrer und Eltern droht unpersönlicher zu werden. Wenn Lehrer statt anzurufen immer nur simsen, "könnte der Kontakt ganz verloren gehen".

Auch bei Stormarner Schulen kommt der Vorschlag nicht gut an. Henning Bergmann, Leiter der Theodor-Mommsen-Schule in Bad Oldesloe, stört, dass "die Pädagogik außen vor bleibt". Man müsse pädagogisch reagieren, sagt er. Die Idee mit der Kurzmitteilung mache auf ihn "einen Überwachungseindruck".

Auch Hubert Franke, stellvertretender Rektor der Erich-Kästner-Schule Barsbüttel, findet, "dass der persönliche Draht wichtiger ist". An der Gesamtschule begleiten die Klassenlehrer ihre Schüler von der fünften Klasse bis in die Oberstufe. "Wir kennen unsere Pappenheimer", sagt Franke, "und wissen, um wen wir uns besonders kümmern müssen." Das sei "wichtiger als technische Hilfsmittel".

Schulrätin Katrin Thomas ist ebenfalls alles andere als begeistert. "Das ist ein Geschäft mit den Sorgen und Nöten der Eltern", sagt sie. Jeder schwänze mal - wenn es sich häufe, steckten meist soziale Probleme dahinter. "Dem müssen wir ernsthaft begegnen, nicht mit einer SMS", sagt Thomas. Ohnehin bleibe heute nichts mehr unentdeckt. Auch früher sei geschwänzt worden, die Tendenz sei vielleicht steigend - "in Stormarn zumindest aber nicht alarmierend". Man müsse aufpassen, "normales pubertäres Verhalten" nicht zu überhöhen.

Im Bildungsministerium in Kiel will man sich zu Sinn und Nutzen der Schwänzer-SMS nicht äußern. Sprecherin Patricia Zimnik sagt, der Kauf sei Sache der Schulen. "Die können sich das System theoretisch anschaffen, wenn auch die Schulkonferenz befasst wird und alle einverstanden sind."

Entwickler Dirk Teubner spricht von 80 Schulen bundesweit, die sich sein System bisher zugelegt hätten. Die Schulen bezahlen für die Installation 350 Euro, danach pro 1000 SMS 150 Euro. Auf die Frage, wie er überhaupt auf die Idee kam, hat Teubner eine einfache Antwort: "Es ist ein neues Marktfeld."