Der rechte Modeladen in Glinde wird vorerst bleiben. Vor dem Landgericht Lübeck scheiterte die Güteverhandlung zur Räumungsklage.

Glinde. Die Demonstranten der Glinder Bürgerinitiative "Glinder gegen Thor Steinar" müssen sich weiter in Geduld üben. Denn der rechte Modeladen an der Möllner Landstraße wird vorerst bleiben. Vor der Zivilkammer des Landgerichts Lübeck scheiterte gestern die Güteverhandlung zu der Räumungsklage, die der Vermieter der Ladenzeile, Jürgen Herbst, gegen die Firma Bestmarke Textil GmbH in Mittenwalde (Brandenburg) angestrengt hat.

"Der Laden bleibt auf jeden Fall. Wir wollen da nicht raus, der rechnet sich auch wirtschaftlich", sagte Geschäftsführer Thomas Pohlandt gestern vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, den Vermieter arglistig getäuscht und verheimlicht zu haben, dass dort die in der Neonazi-Szene beliebte Modemarke Thor Steinar verkauft werden soll. Bei den Vertragsverhandlungen und auch im Vertragsentwurf sei lediglich von "norwegischer Outdoorkleidung" die Rede gewesen.

Erst später, nach einem Ablenkungsmanöver und einem wahren Papierchaos, das die Gegenseite nach Meinung des Vermieters absichtlich inszeniert haben soll, sei aufgefallen, dass drei Absätze mittels Schreibmaschine zum Vertrag hinzugefügt worden waren. Dort stand dann nicht nur, dass ausschließlich Thor-Steinar-Mode verkauft werden soll, sondern auch, dass der Vermieter mit Protesten rechnen müsse, die sich negativ auch auf umliegende Geschäfte auswirken könnten. "Der Passus war in dem Entwurf nicht enthalten", sagte der Anwalt des Vermieters, Christian Verstege. Dies zu beweisen, wird für die Klägerseite jedoch nicht leicht sein. Denn der Entwurf soll vermutlich während der Verhandlungen entwendet worden sein.

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Thomas Pohlandt, im seriös wirkenden anthrazitfarbenen Anzug mit passender Schiebermütze und modischer Brille ausgestattet, gab sich vor Gericht wortkarg. Er überließ es seinem Anwalt Roman Petereins, Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen. Beide bestanden darauf, dass alles rechtmäßig abgelaufen sei, es keine Täuschung gegeben habe.

Christian Verstege, der nun das Gegenteil beweisen muss, beschäftigt sich bereits seit Jahren in seiner Funktion als Anwalt mit der Modemarke Thor Steinar und den Geschäftspraktiken der dahinter stehenden Media Tex GmbH, die mittlerweile ihren Sitz in Mittenwalde (Brandenburg) hat. Der Jurist war 2010 mit einer Räumungsklage gegen einen Berliner Thor-Steinar-Laden vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe gezogen - und hatte Erfolg.

Nicht nur das Geschäft in Berlin, sondern auch ein Laden in Leipzig musste schließen. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass der Mieter des Geschäfts verpflichtet gewesen wäre, dem Vermieter bei den Vertragsverhandlungen auch ohne ausdrückliche Nachfrage mitzuteilen, dass er überwiegend Ware der Marke Thor Steinar verkaufen wolle. Der Verkauf dieser Marke könne nämlich zur Folge haben, dass ein Mietobjekt in den Ruf gerate, Anlaufstelle für Rechtsradikale zu werden. Und das könne wiederum andere Kunden abschrecken und andere Pächter veranlassen, Mietnachlässe einzufordern.

In Glinde haben die anliegenden Geschäfte bereits kurz nach der Öffnung des Modeladens über Umsatzeinbußen geklagt. Das Nachbargeschäft, ein Laden, der Handyzubehör verkaufte, ist in der Zwischenzeit geschlossen worden.

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Einer Anfechtung des über fünf Jahre laufenden Mietvertrags sowie einer fristlosen Kündigung Ende September hatten die Mieter schnell widersprochen. Anwalt Verstege will jetzt auch eine vorzeitige Kündigung nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres erwirken und beruft sich auf einen Schriftformfehler im Mietvertrag. Im Vertrag seien Details nicht eindeutig beschrieben, was beim Verkauf des Gesamtobjektes - zu dem vier weitere Geschäfte gehören - hinderlich wäre.

Erst am 9. August werden sich die Parteien wieder vor dem Landgericht treffen. Zur Beweisaufnahme ist unter anderem auch der Thor-Steinar-Chef Uwe Meusel als Zeuge geladen. Verstege rechnet damit, dass es im Spätherbst zu einem Urteil vor dem Landgericht kommen wird, doch die Gegenseite auch in Revision gehen werde.

Johannes Ratzek, Sprecher der Bürgerinitiative, ist dennoch zufrieden mit dem gestrigen Ergebnis: "Es ist ein Erfolg, dass die Klage angenommen worden ist und jetzt ihren Weg geht." Die Aktionen vor dem Laden werden weitergehen. "Wir hatten ohnehin bis Weihnachten geplant. Im Sommer soll es beispielsweise eine große Menschenkette vom Glinder Markt bis zum Laden geben", so Ratzek.

Über die Aussage, dass der Laden wirtschaftlich sei, konnte Ratzek nur lachen. Laut Bürgerinitiative, die täglich vor dem Geschäft eine Mahnwache abhält, gebe es kaum Kunden. Das größte Geschäft macht die Media Tex GmbH mit dem Handel übers Internet. Der Umsatz soll im siebenstelligen Bereich liegen. Verstege: "Die Läden sind dafür da, Werbung zu machen."