In unserer Serie treffen wir Menschen auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Jochim Schop, der sowohl Plattdeutsch als auch Verwaltungsdeutsch gut beherrscht.

Trittau. 24 Jahre lang Bürgermeister - das schafft heutzutage kaum noch einer. In Bad Oldesloe muss sich Tassilo von Bary nach sechs Jahren nun starker Konkurrenz stellen. In Ahrensburg dankt Ursula Pepper nach zwölf Jahren ab, in Glinde hat Uwe Rehders nach acht Jahren genug. Jochim Schop hat 24 Jahre durchgehalten - und viele meinen, dass es Trittau gut getan hat.

Leicht war es nicht. Zwar ist der Bürgermeistersessel in Trittau nicht gerade ein Schleudersitz, aber Kommunalpolitik hat überall ein irrationales Element. Auch Schop (63) hat da so seine Erfahrungen gemacht - etwa bei seiner letzten Wiederwahl 1996. Da gab es doch tatsächlich einige Gemeindevertreter, die ihm erst gesagt haben, sie würden gegen eine Ausschreibung des Bürgermeisterpostens votieren, also letztlich für Schop stimmen - um dann hinterher genau das Gegenteil zu tun. Der Ex-Bürgermeister, seit 2002 im Ruhestand, wundert sich noch heute darüber. "Hätte ich nicht gedacht", sagt er. Er sagt es mit einem Lächeln, das Distanz verrät.

Ihm selber wäre ein solches Rumgeeier fremd. Der Trittauer, der eigentlich Sülfelder ist, schätzt die Auseinandersetzung "mit offenem Visier". Er ist und war nie Politiker, sondern immer Verwaltungsfachmann. Seine erste berufliche Station war die Kreisverwaltung. 1963 fing er dort an, eigentlich hatte er Berufsschullehrer werden wollen. Aber die Zeiten waren nicht danach. Sein Vater starb, als der kleine Jochim Fünf war. Das bedeutete: Nach Beendigung der Handelsschule musste Geld verdient werden.

Schop geriet in eine Welt, die heute längst Vergangenheit ist, die ihn aber geprägt hat. Wennemar Haarmann war damals Landrat und Chef der Kreisverwaltung, ein Mann preußischen Zuschnitts, ein ehrfurchtgebietender Vertreter eines Obrigkeitsstaats, der heute nur noch in Spurenelementen existiert. 18 Jahr war er Landrat in Stormarn, von 1957 bis 1975. "Er war ein Patriarch", sagt Schop. Wer als neuer Mitarbeiter zum Landrat kam, dem wurde vorher von altgedienten Kollegen eingeschärft: "In Besprechungen haben sie Sendepause. Reden Sie nur, wenn Sie gefragt werden." Und die Bürgermeister wurden regelmäßig mit schriftlichen Anweisungen aus dem Landratsbüro traktiert, die gern mit den Worten begannen "Ich erwarte, dass..." oder "Ich missbillige, dass...".

Dennoch hat Schop - und das ist kein Widerspruch - die Kreisverwaltung durchaus als offen empfunden. Nach der Ausbildung, die teilweise in Kiel stattfand, wo er sich ein Zimmerchen mit Norbert Leinius teilte, dem heutigen WAS-Geschäftsführer, machte er rasch Karriere. "Man konnte neue Ideen einbringen", sagt er. Schon mit 24 war er Abteilungsleiter im Kreisordnungsamt, schon mit 28 rückte er an die Spitze der Kommunalaufsicht.

Ein Jahr später, 1975, erlebt er mit, wie der König gestürzt wurde. Der Kreistag versagte Wennemar Haarmann, der Respektsperson, die Gefolgschaft - und wählte ihn nicht wieder. "Da gab es ein paar junge Abgeordnete, denen reichte das", erzählt Schop. "Man muss sich das mal vorstellen: Sitzungsvorlagen für den Kreisausschuss bekam damals nur der Landrat, und die Kreistagsabgeordneten, damals unter anderem Michael von Schmude und Hubert Priemel, mussten dem lauschen, was vorn vorgetragen wurde."

Mit Hans-Henning Becker-Birck, dem Haarmann-Nachfolger, wurde das anders. Und Schop rückte bald darauf selbst in die Riege der Bürgermeister auf, die nun selbstbewusster als früher ihre Meinung sagten. 1978 wurde er zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister des Amtes Trittau gewählt.

Da war Schop gerade mal 32 Jahr alt. So jung wird kaum jemand Bürgermeister - heute nicht, damals schon gar nicht. Auch in der Trittau Politik gab es damals Bedenken. Schop: "Aber dann hieß es: 'Lass mal, alt wird er von allein.'" Und das wurde er dann tatsächlich. 24 Jahre später fand er: "Nun muss das mal jemand anders machen, der vielleicht auch ein paar neue Ideen hat." Leben tut er immer noch in Trittau. "Ich habe keinen Grund gesehen, hier wegzuziehen. Manche sagen ja: Als Pastor oder Bürgermeister im Ruhestand musst du den Ort verlassen, wo du gewirkt hast. Aber das ist Quatsch."

In einem Punkt ist er allerdings preußisch-streng: Aus der Trittauer Politik hält er sich raus. Test gefällig? "In Sachen Einkaufszentrum auf dem Schützenplatz haben sich die Politiker ja ziemlich in die Sackgasse manövriert, stimmt's, Herr Schop?" "Na ja, ich habe da natürlich eine Meinung zu. Aber die tut hier nichts zu Sache." "Sagen Sie doch mal, wie finden Sie das mit dem Einkaufszentrum?" "Nein, das gehört sich nicht."

Nach der Bürgermeister-Zeit begann Schops zweite Karriere: als plattdeutscher Rezitator. Seine Frau Ingrid, mit der er seit 1967 verheiratet ist, hat abgeraten, aber ihm macht es Spaß. 600 bis 700 plattdeutsche Bücher stehen bei ihm im Regal. Das Niederdeutsche ist ihm seit seiner Jugend vertraut. "Es gibt Leute in Sülfeld, mit denen hab' ich im Leben noch nie ein Wort Hochdeutsch gesprochen", sagt er. Rund 20 Auftritte hat er im Jahr. Außerdem ist sein Rat als Verwaltungsfachmann gefragt. Er bietet Seminare für Kommunalpolitiker an, er macht in der "AktivRegion Alsterland" mit, er ist als Gutachter zu Verwaltungsfragen tätig.

Trockener Stoff. Aber Schop, der schlanke, fast schmale Mann mit den lebendigen Augen, kann sich für Verwaltungsdeutsch genauso begeistern wie für Plattdeutsch. "So ein Auftritt vor 120 Landfrauen in Tangstedt oder Bargteheide - das hat doch was", grient er. Notfalls greift er auch selber einmal zum Telefon, wenn es ihm in den Fingern juckt. Irgendwann im Urlaub, auf der Insel Sylt, hat er einfach den Pastor von List angerufen und einen Auftritt klargemacht. Der lief dann allerdings nicht ganz nach Wunsch. "Ich hab' mit vier ernsten Stücken begonnen, aber da blieb den Leuten der Kloß im Hals stecken, die kamen danach einfach nicht in Stimmung", sagt Jochim Schop.

"Vielleicht lass' ich beim nächsten Mal zwei von den ernsten Sachen weg", hat Schop hinterher zum Lister Pastor gesagt. "Och", hat der Pastor geantwortet, "lass' sie doch alle weg." Hat er dann auch gemacht: "War besser so."