In unserer Serie stellen wir Menschen aus Stormarn auf ihrer Lieblingsbank vor. Heute ist es der NDR-Sportchef, der in Reinbek geboren wurde und in der Schlossstadt lebt.

Ahrensburg. Unten auf dem Fußballplatz jagen 22 Männer der Lederkugel hinterher. Mehrere Zehntausend Fans verfolgen das Spiel in der HSH Nordbank Arena. Gerd Gottlob sitzt mit Kopfhörer und Mikrofon auf der Pressetribüne und kommentiert das Spiel für die Zuschauer daheim am Fernseher. Seit einigen Jahren gehört der Ahrensburger zu dem kleinen Kreis, der auch die Spiele der Nationalmannschaft kommentiert. Seit November 2009 ist er zudem Sportchef beim Norddeutschen Rundfunk.

Seine journalistische Laufbahn begann Gottlob, der in Reinbek geboren wurde, in Bad Oldesloe. "Mit Herzklopfen bin ich damals beim Stormarner Tageblatt vorbeigegangen und habe mich um ein Praktikum beworben." Mit Erfolg. Nach seinem Abitur am Großhansdorfer Emil-von-Behring-Gymnasium folgte ein Volontariat bei der Zeitung. Gerd Gottlob war damals erst 19 Jahre alt. Bis 1987 blieb er dort als Jungredakteur. Rückblickend spricht Gottlob von einer "super Zeit". Er durfte früh eigenverantwortlich arbeiten. Genoss das Vertrauen der anderen Redakteure. Konnte sich ausprobieren. An den Wochenenden war er meist auf Stormarns Sportplätzen unterwegs. Stapelfeld, Bad Oldesloe und natürlich beim TuS Hoisdorf, für den er selbst in der Landesliga Fußball gespielt hat.

1987 wechselte er zu einer anderen Tageszeitung, der Hamburger Morgenpost. Hafenstraße, St. Paulis Aufstieg in die erste Liga - Gottlob bekommt heute noch leuchtende Augen, wenn er an diese bewegte Zeit zurückdenkt. Seit 1992 ist er Sportredakteur beim Norddeutschen Rundfunk. Aus dem Zeitungsredakteur wurde ein Fernsehjournalist. Erfahrung mit dem Medium hatte er bis dahin eigentlich nicht. Aber seine Stimme hatte den richtigen Klang fürs Fernsehen und seine Kompetenz war gefragt. "Dazu gehören natürlich auch etwas Glück und Leute, die mir vertraut haben", sagt der heute 45-Jährige. Er klingt bescheiden, wenn er über seine Karriere spricht. Die Namen der Menschen, die ihn von Anfang an unterstützt haben, hat er ebenso wenig vergessen wie die der Fußballspieler unten auf dem Platz. Mittlerweile hat Gerd Gottlob mehr als 100 Spiele im Fernsehen kommentiert. Bei seinem ersten Länderspieleinsatz 1997 sei er "saunervös" gewesen. Schon Wochen vorher habe er sich immer wieder Live-Übertragungen von Fußballspielen angeschaut. "Mit ausgeschaltetem Ton natürlich." Um herauszufinden, "wie sich das anfühlt - so als Kommentator". 2006 rückte er für Gerd Rubenbauer ins Team der WM-Kommentatoren. Seitdem sind Gerd Gottlobs Name und seine Stimme vielen Millionen Menschen bekannt - anders als sein Gesicht. Denn vor der Kamera zeigt sich der Ahrensburger nur selten. "Ich bin gar nicht so unglücklich darüber. Vor der Kamera fühle ich mich auch gar nicht so wohl", sagt er. Am wohlsten fühle er sich eben auf der Kommentatorenbank.

Dort brauche man manchmal ein dickes Fell. Nicht wegen der Temperaturen im Winter, sondern wegen der Kritik nach jedem Spiel. "Als Kommentator kannst du es nie allen recht machen. Wichtig ist, das Spiel zu erkennen und flexibel reagieren zu können." Kritiker gäbe es immer. Dem einen redet er zu viel, dem anderen zu wenig. Einigen ist er zu laut und wieder andere meinen, dass Kommentatoren überhaupt keine Ahnung hätten. "Außerdem spielt die Tagesform eine wichtige Rolle," sagt Gottlob. Es gebe nämlich Spiele, bei denen er schon in den ersten Minuten merke: Das wird schwer heute. Auch ein Kommentator müsse dann - wie die Fußballspieler auf dem Platz - "über den Kampf ins Spiel finden", sagt Gottlob. "Und gut informiert sein, muss ich natürlich auch."

Alles kann aber auch ein Sportkommentator nicht wissen. Während der Spiele versorgt ihn ein Assistent mit zusätzlichen Daten und Fakten. Der Assistent, ebenfalls ein Sportjournalist, wohne übrigens auch in Ahrensburg. Er begleitet den Kommentator schon seit langem zu den Spielen.

Dass seine Worte in vielen Wohnzimmern zu hören sind, daran denkt Gerd Gottlob bei seiner Arbeit nicht. "Bei der Weltmeisterschaft 2006 war ich mit meiner Frau zum Viertelfinale auf der Fanmeile am Heiligengeistfeld. Da standen 70 000 Menschen und hörten den Kommentar", erinnert er sich. Einer der Momente, in dem ihm bewusst geworden sei, wie viele Menschen gebannt der Stimme des Kommentators lauschen. Er habe nach wie vor Respekt vorm Kommentieren eines Spieles. "Nachlässig darfst du in dem Beruf nicht sein."

Und was sagt Gerd Gottlobs Frau Christiane zu seinem "unrhythmischen Leben", wie er es selbst beschreibt? Immerhin ist er fast jedes Wochenende unterwegs, bei Großveranstaltungen manchmal sogar drei bis vier Wochen. Gottlob: "Das hat sich über die Jahre gut eingespielt." Und sobald die Arbeit erledigt sei, fahre er immer schnell nach Hause zu seiner Frau und den drei Kindern. "Und meine Frau weiß immer, wo ich bin", sagt der Ahrensburger und lacht. Seit 1996 wohnt er mit seiner Familie in Ahrensburg. "Alle fühlen sich hier sehr wohl", sagt er. Seine Frau kommt aus Großhansdorf. Die Eltern wohnen in der Nähe. Sie seien der Gegenpol zur intensiven Arbeit. Er habe es übrigens noch nie bereut, nicht studiert zu haben. Obwohl er zwischendurch mit dem Gedanken gespielt habe. Aber es lief einfach zu gut.

Gab es dennoch Niederlagen? Gottlob überlegt lange, sein Blick schweift dabei durchs Stadion. Fällt ihm keine ein? "Doch." Aber eigentlich wolle er die Geschichte nicht erzählen. Dann tut er es doch: "Bei der Zusammenfassung eines Länderspiels zweier Nationalmannschaften ging es im Übertragungswagen drunter und drüber." Er habe einen Beitrag mit dem Endergebnis 1:0 verfasst. Am Morgen wunderte er sich, dass in der Zeitung 2:0 stand. "Ich dachte an einen Druckfehler." Doch in Wirklichkeit hatte er das zweite Tor nicht mitbekommen.

Am kommenden Mittwoch, beim Pokalhalbfinale zwischen dem FC Bayern München und Schalke 04, kann das nicht passieren. Es ist eine Live-Übertragung. Dann heißt es wieder: "Es kommentiert für Sie aus dem Stadion: Gerd Gottlob"