Entwicklungsplan prognostiziert 40 Prozent weniger Schüler im Jahr 2033. Möglicherweise sind bald Kooperationen nötig.

Bad Oldesloe. Die Zahl der Geburten ist rückläufig in Stormarn - eine Folge des demografischen Wandels. In der Konsequenz müssen sich die Schulen im Kreis langfristig auf einen deutlichen Rückgang der Schülerzahlen einstellen. Das ist die Quintessenz des ersten stormarnweiten Schulentwicklungsplanes, den die Kreisverwaltung jetzt vorgelegt hat. Er soll regelmäßig aktualisiert werden. Als Basis des knapp 100-seitigen Zahlenwerks gilt die Annahme, dass die Geburtenzahl für den Kreis Stormarn bis zum Jahr 2033 auf 1255 pro Jahr zurückgegangen sein wird - auf den niedrigsten Wert seit dann mehr als 60 Jahren. Für dieses Jahr werden noch 1697 Stormarner Babys prognostiziert. 1995 waren es noch 2331 gewesen - ein Allzeit-Hoch. Daraus folgt die Annahme, dass die Schülerzahl in Stormarn binnen der kommenden 23 Jahre um fast 40 Prozent zurückgehen wird - von heute 27 123 auf 16 361 zum Schuljahr 2033/2034. "Diese Tendenz wird viele Schulträger vor große Probleme stellen", sagt Wilhelm Hegermann, Leiter des Kreisjugendamtes. Seine Behörde hat den Schulentwicklungsplan federführend ausgearbeitet.

Zum einen dürfte sich schon in zehn Jahren die Frage nach der Existenzberechtigung einzelner Schulen stellen. Betroffen sind insbesondere Grundschulen in kleinen Dörfern ohne riesige Neubaugebiete.

Dort kommt der Einbruch bei den Geburten am schnellsten an. Beispiel Grönwohld. An Stormarns zweitkleinster Grundschule werden zurzeit 96 Schüler unterrichtet, im Schuljahr 2014/2015 werden es 94 sein. Dann kommt laut der Prognose binnen kurzer Zeit der Absturz. Für die Jahre 2017/2018 wird erstmals eine Unterschreitung des Sollwertes von 80 Schülern vorausgesagt. In den 20er-Jahren werden es nur noch 60 und weniger sein - zum Teil 13 pro Jahrgang. Das Gutachten empfiehlt: "Zur Erhaltung des Standortes sollten daher rechtzeitig Gespräche über Kooperationsmöglichkeiten, zum Beispiel mit der Grundschule Lütjensee, geführt werden."

Ganz ähnlich sieht es in Hamberge im äußersten Norden des Kreises aus. Dort ist eine organisatorische Zusammenlegung mit der Grundschule im benachbarten Zarpen im Gespräch. Jugendamtsleiter Hegermann geht zurzeit davon aus, dass auf diese Art und Weise alle Standorte erhalten bleiben können. Mehr noch: Sie sollen es auch. Hegermann spricht vom "Prinzip kurze Beine, kurze Wege".

Ganz anders ist die Situation in Bargteheide, das - ebenso wie die Amtsgemeinden Delingsdorf und Elmenhorst - extrem viele junge Familien in große Neubaugebiete gelockt hat. Dort werden sich die Zahlen noch sieben, acht Jahre ungefähr auf heutigem Niveau halten, bevor sie weitaus weniger stark zurückgehen. An den Bargteheider Gymnasien werden deshalb in den kommenden Jahren sogar noch deutlich mehr Schüler erwartet als zurzeit. Das Eckhorst-Gymnasium zum Beispiel besuchen aktuell 801 Jungen und Mädchen. 2014/2015 wird mit 912 die Spitze erwartet, dann sinken die Zahlen wieder.

Und genau in dieser Entwicklung liegt nach Wilhelm Hegermanns Einschätzung die zweite große Herausforderung für die Schulträger: Jetzt sind viele Schulen zu klein, bald aber zu groß. Beispiel Theodor-Mommsen-Schule in Bad Oldesloe, größtes Gymnasium Schleswig-Holsteins und viertgrößtes in Deutschland. Vor sechs Jahren hatte die Kreisstadt mehr als vier Millionen Euro in einer Erweiterung investiert. Damals besuchten rund 1100 Schüler das Gymnasium, heute sind es 240 mehr. Ein erneuter Anbau wäre problemlos möglich. Die Oldesloer Stadtverwaltung schätzt die Kosten für fünf zusätzliche Klassenräume auf ungefähr 850 000 Euro, acht würden 1,175 Millionen Euro kosten. Doch diese Räume stünden in einigen Jahren wieder leer.

Allerdings scheint es für die weiterführenden Schulen ungleich schwerer als für die Grundschulen, eine verlässliche Prognose zu treffen. Denn noch ist unklar, wie sich die Schulreform auswirkt. Wie werden die neuen Gemeinschaftsschulen angenommen? Wie wirkt sich die Einführung des Abiturs nach acht Gymnasialjahren aus? Welche Rolle spielt die neue Profiloberstufe, und wie wird sie sich auf die Anmeldezahlen auswirken?

"Das sind unbekannte Größen, die wir noch nicht berücksichtigen konnten", sagt Wilhelm Hegermann. Erfahrungen mit dem neuen Schulsystem werden erst in die Fortschreibung des Entwicklungsplanes einfließen.