Kaufmann errichtete Anlage Ende des 19. Jahrhunderts. Nachfahren nicht mehr auffindbar. Kirchengemeinde sammelt Spenden.

Trittau. Jahrzehntelang fristete die Grabanlage der Familie Wickel auf dem kirchlichen Friedhof in Trittau ein unscheinbares Dasein. Von Efeu überwuchert, von Büschen fast vollständig verdeckt, drohte das Bauwerk mehr und mehr zu verfallen. Der Pflegevertrag war vor Jahren ausgelaufen, Nachfahren der Familie konnten trotz intensiver Bemühungen nicht mehr ermittelt werden, und so war die Kirchengemeinde für die Anlage zuständig.

Anfang des Jahres beschloss der Kirchenvorstand den Abriss, nicht wissend, was für ein Kleinod sich unter dem Grün verbarg. Beim Landesamt für Denkmalpflege erkannte man den kunst- und kulturhistorischen Wert sofort, beteiligte sich an den Kosten für die Restaurierung und stellte die Grabanlage unter Denkmalschutz.

"Der lokalgeschichtliche Wert ist durch die Person des hier bestatteten Heinrich Ernst Adolf Wickel begründet", zitiert Asmus Bergemann, ehrenamtlicher Redakteur der Trittauer Kirchen-Homepage, aus dem Bescheid des Landesdenkmalamts. Und weiter: "Den besonderen künstlerischen Wert der baulich einzigartigen Anlage bewirkt der ornamentale Jugendstilschmuck."

Anlagen dieser Art kennt man eher im Zusammenhang mit Adelssitzen und auf großstädtischen Friedhöfen. Die Grabanlage ist die einzige Gruft auf dem 1865 angelegten Friedhof. Die Treppe, die zu der unterirdischen Kammer führt, ist mit Erde bedeckt. Der Überbau ist ein imposanter torartiger Aufbau aus Sandstein mit dekorativen Elementen aus getriebenem Kupferblech. "Auf die Familie Wickel verweist lediglich ein Schild mit der von Ranken umrahmten Schrift", sagt Asmus Bergemann.

Der Spruch auf dem Grabmal lautet: "Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst: ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!" (Jesaja 43,1). Die Grabanlage muss gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sein, denn 1901 ließ Heinrich Ernst Adolf Wickel seine Frau Luise Margarethe dort beisetzen.

Wer waren die Wickels? Die Familie stammte ursprünglich aus dem Elsass, widmete sich dem Weinbau und später dem Weinhandel, der einzelne Familienmitglieder bis nach Norddeutschland führte.

Adolf Wickel kommt 1847 in Bad Segeberg zur Welt. Als Assistent und Teilhaber seines neun Jahre älteren Bruders Johannes Heinrich bringt er es zu Vermögen. Die Männer handeln mit Wein und Holz in Helsingfors, dem heutigen Helsinki. Johannes Heinrich lässt 1885 in Bad Segeberg das Kurhaus errichten. Heinrich Ernst Adolf kauft 1889 das Gut Grönwohldhof, das er bis 1902 bewirtschaftet. "Im Protokollbuch des Grönwohlder Kirchenvorstands ist er von 1898 bis 1902 als Gemeindevertreter aufgeführt", sagt Asmus Bergemann. Sohn Felix William wird 1899 in Grönwohld geboren.

Nach dem Tod seiner Frau verliert Heinrich Ernst Adolf die Freude an seinem Besitz - so steht es in der Grönwohlder Chronik. Er verkauft das Gut und zieht nach Wiesbaden. 1922 wird sein Bruder William in der Gruft beigesetzt, 1924 Heinrich Adolf Wickel selber, 1975 dessen Sohn Felix William.

Neben dem imposanten Grab gibt es noch eine weitere Verbindung der Familie Wickel mit Trittau. "Heinrich Ernst Adolf Wickel stiftete 1911 die drei Glasfenster für den damals wieder erbauten Chor unserer Martin-Luther-Kirche", sagt Asmus Bergemann. Laut Inventarliste hat er dafür 11 000 Goldmark bezahlt. Die Fenster stammten aus der damals renommieren Glaskunstwerkstatt Professor Linnemann in Frankfurt, der auch Fenster des Frankfurter Doms ausstattete.

Asmus Bergemann hat bei seiner Arbeit für den Friedhofs-Flyer das Wickelsche Familiengrab wiederentdeckt. Es war in einem desolaten Zustand: Der obere Stein des Überbaus war heruntergefallen, diverse andere Steine waren zum Teil stark beschädigt, die Platte mit der Inschrift war herausgebrochen.

Der pensionierte Schifffahrtskaufmann und begeisterte Hobby-Kulturhistoriker Bergemann ahnte, dass die Anlage etwas Besonderes ist und schickte ein Foto an das Nordelbische Kirchenamt. Die Antwort kam postwendend und lautete: "Unbedingt erhalten!" Bergemann begleitete die Restaurierungsarbeiten im Sommer. Die Friedhofsgärtner pflanzten Hortensien und Bodendecker. Das kupferne Gefäß, das unter den torartigen Überbau gehört, soll im Frühjahr mit roten Blumen bepflanzt werden.

Trotz der Zuschüsse der staatlichen und kirchlichen Denkmalschutzämter musste die evangelische Kirchengemeinde aus der Rücklage 15 000 Euro beisteuern. Das Geld soll nun durch Spenden wieder eingeworben werden. "Eine erste private Spende gibt es schon", sagt Asmus Bergemann erfreut. Der Historiker und Schriftsteller Hans-Jürgen Perrey hat der Kirchengemeinde einige signierte Bücher überlassen, die im Kirchenbüro verkauft werden. Spenden sind auf das Konto der Kirchengemeinde mit der Nummer 120 256 468 bei der Sparkasse Holstein (BLZ 213 522 40) mit dem Stichwort "Restaurierung Grabanlage" möglich.

"Fachkundige Besucher haben uns zur gelungenen Restaurierung der Anlage beglückwünscht, die eine besichtigungswerte Attraktion in Trittau werden dürfte", sagt Asmus Bergemann. Ein Kulturzeugnis, von dem die Friedhofsbesucher jetzt sehr wohl Notiz nehmen.