In den Hamburger Privatschulen geht in diesen Tagen die Angst um. Wenn Schleswig-Holstein und Hamburg kein neues Gastschulabkommen abschließen (wir berichteten), droht diesen Einrichtungen nicht nur der Verlust von Schülern, sondern auch von Geld.

Ahrensburg. "Wir befürchten erhebliche finanzielle Einbußen", sagt Verena Schröter, die Leiterin der Wichern-Schule in Hamburg-Horn. 1575 Schüler hat die evangelische Bildungseinrichtung, 193 kommen aus Schleswig-Holstein, unter anderem auch aus Ahrensburg und aus dem Südstormarner Raum.

Die Hansestadt Hamburg zahlt der Wichern-Schule derzeit 82,5 Prozent der Kosten, die bei staatlichen Schulen entstehen - egal, ob die Kinder aus Hamburg kommen oder aus dem Nachbarland. Sollte es damit zu Beginn des nächsten Schuljahres vorbei sein, verlöre die Wichern-Schule etwa 12,2 Prozent des staatlichen Zuschusses. "Das können wir nicht ausgleichen, wir haben ja keine reichen Sponsoren oder Förderer", sagt die Schulleiterin. Auch die Eltern, die bislang 50 Euro im Monat für einen Schulplatz zahlen müssen, könnten diese Kosten nicht übernehmen.

Schröter fürchtet deshalb um die Schultradition: "Wir haben uns immer als Schule für ganz Nordelbien verstanden. Vor einigen Monaten wäre ich auch noch zuversichtlich gewesen, dass das so bleibt, aber diese Zuversicht habe ich verloren. Die beiden Länder haben einfach sehr konträre Interessenlagen."

Insgesamt 6315 Schleswig-Holsteiner werden derzeit in Hamburg unterrichtet. Das gekündigte Gastschulabkommen sah vor, dass Schleswig-Holstein für diese Schüler jährlich 8,5 Millionen Euro an die Hansestadt überweist. Die verlangt nun 30 Millionen Euro. Rund ein Drittel dieser 6315 Schleswig-Holsteiner besuchen Privatschulen, zum Beispiel konfessionell gebundene wie die Wichern-Schule oder Waldorfschulen, die es in Stormarn nicht gibt.

Nach Informationen des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Thies Rabe zahlt Hamburg derzeit rund 9,3 Millionen Euro pro Jahr für Gastschüler an diesen Bildungseinrichtungen. Fiele dieses Geld weg, wäre zum Beispiel auch die Rudolf-Steiner-Schule in Hamburg-Bergstedt in Gefahr. Der Geschäftsführer Peter Steinle sagt: "Von unseren 462 Schülern kommen 140 aus Schleswig-Holstein. Wir sind ja nur 500 Meter von der Landesgrenze weg."

Was passiert, wenn Hamburg die Zuschüsse für diese Schüler streicht? "Das wäre eine Katastrophe", sagt Steinle. "Das Geld von der Hansestadt macht 74 Prozent unseres Etats aus. Außerdem brauchen wir die Schüler aus Schleswig-Holstein, sonst werden wir als Schule zu klein." Am Montag soll in der Mitgliederversammlung über den Länderstreit um die Gastschüler gesprochen werden. "Die Eltern sind beunruhigt", weiß Steinle. "Das ist schon verrückt: Wir haben ein vereintes Europa, aber hier klappt der Schulbesuch nicht."

Auch die Rudolf-Steiner-Schule in Bergedorf hat einen erheblichen Anteil an Gastschülern. Thomas Schramm, der Geschäftsführer der Schule, sagt: "Von unseren 380 Schülern kommt ziemlich genau die Hälfte aus Schleswig-Holstein." In der ersten Klasse kämen jetzt ein Drittel der Schüler aus dem Nachbarland. "Wenn die bei der nächsten ersten Klasse fehlen, ist eine Lehrerstelle weg", sagt er. Was also tun? "Die Waldorfschulen müssen, wenn sich die Länder nicht einigen, direkt mit Kiel über Geld für die Gastschüler verhandeln."

In der Rudolf-Steiner-Schule in Hamburg-Wandsbek, in der 860 Schüler unterrichtet werden, gibt es rund 150 Gastschüler.