Lehrer befürchten Chaos: Parallel laufende Systeme wären zu unübersichtlich, Schüler die Leidtragenden.

Ahrensburg. Es ist gerade mal zweieinhalb Monate her, dass in Schleswig-Holstein der zweite Jahrgang von Fünftklässlern damit begonnen hat, das Abitur in der auf zwölf Jahre verkürzten Schulzeit anzustreben, da will die neue Landesregierung möglicherweise schon wieder abkehren vom sogenannten Turbo-Abi und zurück zu 13 Jahren Schulzeit bis zur Hochschulreife. Wie Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) am Freitag im Abendblatt-Interview erklärt hat, sollen die Gymnasien ab Sommer 2011 selbst entscheiden können, welchen Weg zum Abitur sie bevorzugen. Möglich sei auch die Koexistenz beider Alternativen an einer Schule.

Bei den Schulleitern der Stormarner Gymnasien stoßen solche Pläne überwiegend auf Skepsis. "Mit einer Rückkehr zu 13 Jahren Schulzeit werden die neuen Arbeitspläne der Lehrer wieder zunichte gemacht", sagt Hans Ilmberger, Direktor des Kopernikus Gymnasiums Bargteheide. Viele seiner Schüler kämen gut mit der verkürzten Gymnasialzeit klar. Sie wären enttäuscht, wenn das System jetzt wieder geändert würde, vermutet Ilmberger. "Ich denke auch, dass die meisten Eltern mit einer Umstellung nicht einverstanden wären."

Auch Edgar Schwenke, Direktor des Gymnasiums Trittau, kann den Plänen nicht viel Gutes abgewinnen. "Ich habe nie gesagt, dass ich für G 8 bin", sagt Schwenke, "aber ich bin dagegen, ständig alles hin- und herzuschieben. Man kann auch mit acht Jahren Gymnasialzeit gut leben." Insbesondere von einer Wahlfreiheit der Schulen hält Schwenke wenig: "Wenn eine Schule G 8 macht und die andere G 9, wird eine Begabtenförderung immer schwieriger." Bei den Informationsveranstaltungen für die zukünftigen Fünftklässler Anfang kommenden Jahres werde seine Schule weiterhin den Bildungsweg G 8 vorstellen.

Bernd-Rüdiger Flegel, stellvertretender Leiter der Theodor-Mommsen-Schule in Bad Oldesloe, kann sich gar nicht vorstellen, dass es überhaupt zu einer Wahlfreiheit kommen könnte. "Es würde ein völliges Chaos geben, wenn die Eltern entscheiden müssten, welche Variante ihr Kind machen soll", sagt Flegel. Er sei sich daher sicher, dass sich Schleswig-Holstein langfristig nicht G 8 entziehen könne.

Gerd Burmeister, Direktor des Heimgarten-Gymnasiums in Ahrensburg, möchte noch nicht in die Diskussion einsteigen. "Wir haben noch keinerlei konkrete Informationen", sagt Burmeister. "Zunächst müssen die Rahmenbedingungen feststehen." Allerdings sieht auch er die Wahlfreiheit als problematisch an. "Wenn die Pläne irgendwann umgesetzt werden sollten, müssten wir uns erst einmal mit den anderen Ahrensburger Schulen besprechen", so Burmeister. "Es wäre verheerend, wenn jede Schule ihr eigenes Süppchen kocht." Außerdem gilt seine Sorge den Jahrgängen, die bis zur Umsetzung der Pläne bereits mit G 8 angefangen haben: "Was passiert mit denen?"

Bedeckt halten sich auch Eckhard Gaumnitz, stellvertretender Direktor der Stormarnschule in Ahrensburg, Klaus Müller, Schulleiter am Emil-von-Behring-Gymnasium Großhansdorf, und Eva Kuhn, Leiterin des Gymnasiums am Schulzentrum in Glinde. "Der Koalitionsvertrag ist erst mal unerheblich", sagt Gaumnitz. "Im Schulgesetz steht G 8, und das wird gemacht." Er weist allerdings darauf hin, dass bereits jetzt vier Konzepte parallel liefen: G 8, G 9, Profiloberstufe und der letzte Jahrgang mit dem alten Kurssystem.

Einer, der die Pläne der Landesregierung begrüßt, ist Christian Wendt, Leiter des Eckhorst Gymnasiums Bargteheide: "Ich finde es gut, dass die Schulen mehr Freiräume bekommen sollen", sagt Wendt. Er könne sich vorstellen, bei einem großen Jahrgang eine Klasse über G 8 laufen zu lassen, die anderen über G 9.