Der idyllische 50-Einwohner-Ort hat über die Jahrzehnte Patina angesetzt. Bis zu 600 000 Euro von der EU sind möglich. Nun sucht Westerau nach Ideen für die ehemalige Gutsanlage.

Westerau. Es ist still an diesem Morgen. Schon lange ist kein Auto mehr über die einzige Straße gerumpelt. Das Wasser der Pfützen, die sich in den Schlaglöchern gesammelt haben, steht still, die sandigen Gehwege sind matschig. Es ist ein ganz normaler Morgen in diesem Dorf, dessen Häuser vornehmlich aus rotem Backstein gebaut worden sind, viele davon in den 20er-Jahren des vergangene Jahrhunderts.

An anderer Stelle könnte solch eine Szenerie trostlos wirken. Doch Trenthorst, so verschlafen und verträumt, ist ein einmaliger, ein wunderschöner Ort. Ursprünglich und unverbaut wie kaum ein anderes Dorf in Stormarn, konserviert unter einer über die Jahrzehnte angesetzten Patina. Nun aber haben die Trenthorster Großes vor. Sie wollen ihrem Dorf eine EU-geförderte Frischzellenkur verpassen.

Westeraus Bürgermeisterin Petra Jürß (41, Wählergemeinschaft KWV) hofft auf Geld von der AktivRegion Holsteins Herz. "Voraussetzung dafür ist, dass die Impulse aus der Bevölkerung kommen", sagt sie. Das Interesse scheint groß zu sein: Viele der 50 Trenthorster sind zu einer Einwohnerversammlung gekommen, viele von ihnen haben Interesse an der Mitarbeit in einer Projektgruppe bekundet.

Dabei beschreibt ein Wort wie "Dorfsanierung" nur sehr unzureichend, was die Trenthorster vorhaben könnten. "Zwar ist einer der Ansatzpunkte gewesen, dass die Dorfstraße mal saniert werden müsste", sagt Bürgermeisterin Jürß. Auch die Gehwege bedürften einer Überarbeitung. Und drei Laternen entlang der Straße seien auch nicht gerade viel. Aber es geht um viel mehr. "Es geht darum, den schönen Charakter dieses Ortes zu bewahren", sagt Petra Jürß.

Denn unter der Patina vollzieht sich ein Strukturwandel, der von außen nicht sofort sichtbar ist. Über Jahrhunderte ist der Ort ein großes Ganzes gewesen, zunächst als Gutsanlage, seit 1955 als Sitz mehrerer Forschungsinstitute. Das Institut für ökologischen Landbau, heutiger Nutzer vieler Häuser, konzentriert seine Aktivitäten räumlich gerade auf das denkmalgeschützte Quarree - das einzige Trenthorster Gebäude, das über die Dorfgrenzen hinaus bekannt ist. Viele Häuser, die dem Bund gehören, stehen leer.

"Aber sie sollen nicht verfallen", sagt Petra Jürß. Die Trenthorster lehnen ein Szenario ab: Dass ein großer Investor kommt, die Abrissbirne mitbringt und anschließend 100 uniforme Neubau-Eigenheime errichtet.

Also muss nun ein sogenanntes Leuchtturmprojekt her, also etwas, das weit in die Region ausstrahlt. "Für so etwas könnten wir bis zu 600 000 Euro von Holsteins Herz bekommen", sagt Petra Jürß. Und das sei genau das Moment, für das die Ideen der Einwohner gefragt sind. Was wäre denkbar? Die Bürgermeisterin lässt ihrer Fantasie freien Lauf. "Eine Künstlerscheune könnte zum Beispiel so ein Projekt sein. Mit einem Café, in dem in Zusammenarbeit mit dem Förderverein des Instituts nur Speisen aus ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln angeboten werden."

Scheunen gibt es in genügender Anzahl in Trenthorst. Direkt hinter einer von ihnen öffnet sich der idyllische Mühlenteich. Für Bürgermeisterin Petra Jürß ist es ein ganz besonders schönes Stück Trenthorst. Auch daraus könnte sich mit Sicherheit etwas machen lassen.

"Doch bis zu einem Projekt ist es noch ein langer Weg", sagt Jürß. Eine Art Fahrplan aber steht schon. Nach der Einwohnerversammlung soll sich nun eine kleinere Gruppe treffen, der all diejenigen angehören, die sich an der Ideenfindung und an der Projektentwicklung beteiligen möchten. Ziel der Westerauer Bürgermeisterin: Bis Mitte kommenden Jahres könnte ein Projekt ausgearbeitet sein, mit dem sich die Gemeinde bei Holsteins Herz bewerben kann.