Kriege und Krimis finden nicht nur im Fernsehen zur Unterhaltung statt. Woher kommt das Böse? Eine theoretische Frage. Außer man wird in der U-Bahn angepöbelt oder wartet am Hindukusch auf den nächsten Anschlag.

Es muss nicht gleich ein Amoklauf an der Schule sein, die stille Gewalt zerstört genauso gemeinsames Lernen. Mobbing am Arbeitsplatz, Scheidungsklagen, Erbstreitigkeiten sind nur die Kleinausgabe dieser gleichen Wertewelt.

Die Bibel ist ein nüchternes Buch. Sie erzählt schon auf den ersten Seiten von dem Brudermord. Kain und Abel. So sind wir auch, wenn wir nicht gerade mal ganz nett sein können.

Der Volkstrauertag soll uns an die letzten Kriege erinnern. Auch an ihren Wahnsinn. Die mit steilen Begründungen Krieg gegen andere angezettelt haben. Zuvor Redeverbot, Verhaftungen und Deportation. Der Preis: Millionen Tote. Vertriebene, Geschändete leben unter uns und in Europa mit diesem Trauma. Wer den eigenen Schatten verdrängt, wird blind für eine gemeinsame Zukunft.

Leider hat die Kirche in der Umarmung von Thron und Altar all das nicht verhindert. Nein, wir haben damals alle nicht gewonnen. Nur der Tod.

Gut ist es, sich neu auf Jesu Botschaft zu besinnen, der sogar die Feinde in das Liebesgebot einschließt. "Liebet eure Feinde und segnet die euch verfolgen" (Matthäus 5). Zu viel verlangt? Vielleicht nicht, wenn man erfährt, dass dieser Gott in Jesus so für uns ist. Dem andern seine Würde und Andersartigkeit lassen, ist ein kleiner Anfang. Wir wünschen es ja selber von anderen für uns. Man kann auch anders, als nur die Kain- und Abel-Geschichte fortzusetzen.

Die friedliche Revolution vor genau 20 Jahren ist für uns Deutsche ein Geschenk. Es hätte auch ganz anders kommen können. Mutige Leute haben einfach angefangen, der Hoffnung mehr zu vertrauen als der Angst.

Es begann mit dem Friedensgebet und Besinnung auf die Alternative: "Schwerter zu Pflugscharen" (Jesaja 2,4). Nein. Im Krieg gewinnt keiner, nur der Tod.

Der Volkstrauertag eignet sich weder für nachträgliche Depression oder braunen Patriotismus, eher für die Erinnerung, damit Zukunft möglich bleibt. Aber immer darf Dankbarkeit Raum gewinnen für Jahrzehnte des Friedens in Europa. Demokratie und die Versöhnung mit unseren Nachbarn nach den Kriegen sind wichtige Kräfte für dieses lebensförderndes Miteinander. Einer hat angefangen. Gott. In ihm ist möglich; "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem" (Römer 12,21). Wir können ja weitermachen, damit das Leben gewinnt.

Herbert Böhringer ist Pastor an der Kreuzkirche in Ahrensburg.