Beamte registrieren Zunahme - 2008 gab es im Kreis 497 Zusammenstöße mit Tieren. Schüler aus Todendorf berichtet von seinem Unfall auf dem Beimoorweg.

Bad Oldesloe. Von einer Sekunde auf die andere steht das Tier auf der Straße. Selbst eine Vollbremsung kann den Zusammenprall nicht mehr verhindern. Rehe, Rothirsche, Damwild und Wildschweine bleiben im Kreis Stormarn immer häufiger auf der Strecke. Im Jahr 2007 zählte die Polizei 402 Wildunfälle. Im vergangenen Jahr waren es 497. Besonders gefährlich ist es in den Monaten Oktober, November und Dezember. Dort kommt es doppelt so häufig zu Zusammenstößen wie in den restlichen Monaten des Jahres.

Im November kreuzen besonders viele Tiere die Straßen. Dies belegt auch die Statistik 2008, in der für diesen Monat 64 Wildunfälle verzeichnet sind. "In den letzten Monaten des Jahres ist beim Rot-, Dam- und Schwarzwild Paarungszeit", sagt Hans Joachim Hermann, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Stormarn. "Die Hirsche und Wildschweine laufen dann liebestoll von einem Wäldchen ins nächste, auf der Suche nach paarungswilligen Artgenossen." Dabei müssen die Tiere oft Landstraßen und Autobahnen überqueren. Dadurch entstehen Gefahren, die auch für Menschen tödlich sein können. Laut ADAC sterben jährlich 30 Autofahrer in Deutschland bei Wildunfällen, rund 2500 werden verletzt. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt den Schaden, der jährlich durch Wildunfälle entsteht, auf rund 400 Millionen Euro. In Stormarn gelten laut Hans Joachim Hermann vor allem die B 75 zwischen Neritz und Bargteheide, die B 404 bei Trittau, Großensee und Lütjensee, die K 86 zwischen Bargteheide und Bargfeld-Stegen und die L 94 zwischen Neuschönningstedt und Witzhave als besonders gefährlich. Auch die K 106 zwischen Ahrensburg und Hammoor ist ein Unfallschwerpunkt.

Vor rund drei Wochen ist Julien Röseler dort ein Hirsch vors Auto gelaufen. "Es war dunkel, rechts und links meterhohe Bäume. Plötzlich kam das Tier aus dem Knick auf die Straße gelaufen. Bevor ich auf die Bremse steigen konnte, hat es schon geknallt", sagt der 19 Jahre alte Schüler: "Es ging alles so schnell." Der junge Autofahrer steuerte den nahegelegenen Waldparkplatz an, das Tier verschwand. "Das Nummernschild war abgerissen, der Kühlergrill gebrochen, die Motorhaube eingedrückt. Und vorn rechts am Auto war die Stoßstange zerfetzt, Fell hing noch dran", erinnert sich der Todendorfer, der mit seinem Hyundai Getz gegen 19 Uhr nach Ahrensburg zu einem Freund fahren wollte. "Nach dem Unfall stand ich unter Schock. Aber ich war glücklich, dass ich nicht von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt bin. Das hätte viel schlimmer ausgehen können." Der ADAC schätzt, dass rund zwei Drittel aller Wildunfälle in der Zeit zwischen Sonnenuntergang und Tagesanbruch passieren. "Wenn Warnschilder am Straßenrand stehen, sollten Autofahrer diese auch ernst nehmen und vom Gas gehen - besonders jetzt in der Brunftzeit der Tiere", sagt Carsten Willms vom ADAC Hansa.

Um die Gefahr zu veranschaulichen, sagt er: "Ein 20 Kilo schweres Reh entwickelt bei einer Kollision mit Tempo 100 eine Aufschlagskraft von rund einer halben Tonne. Da kann man sich ausmalen, was passiert, wenn ein Auto mit einem 150 Kilo schweren Rothirsch zusammenprallt." Der Verkehrsexperte rät, nachts mit Fernlicht auf Landstraßen zu fahren, solange keine anderen Autofahrer behindert werden. "So wirken die Augen der Tiere wie Rückstrahler. Ein Hirsch oder Reh kann rechtzeitig am Straßenrand gesehen werden." Dann das Fernlicht ausschalten, um die Tiere nicht zu blenden. Denn in diesem Fall bleiben sie oft wie erstarrt auf der Fahrbahn stehen. "Wenn das Tier aber bereits auf der Straße steht, sollten Autofahrer hupen, um es zu verscheuchen. Wichtig ist, andere Fahrzeuge durch Warnblinker oder Lichthupe vor der Gefahr zu warnen." Denn ein Reh oder Hirsch kommt selten allein. Ist ein Zusammenprall nicht mehr zu verhindern, sollte der Autofahrer auf keinen Fall versuchen auszuweichen. Willms: "Das endet häufig am Baum." Bleibt ein Tier nach einem Unfall verletzt oder tot auf der Straße liegen, muss die Unfallstelle gesichert werden. "Warnblicklicht anschalten, Warnweste überziehen und Warndreieck aufstellen, dann die Polizei alarmieren", sagt Willms. "Auf keinen Fall versuchen, das Tier selbst von der Straße zu ziehen." Dies sei viel zu gefährlich, weil ein verletztes Tier aufspringen und der Fahrer verletzten kann.

Besonders gefährlich ist der Wildwechsel auf Autobahnen. Horst Körting vom Oldesloer Autobahnrevier erinnert ein Unglück, bei dem eine Frau nach einem Zusammenstoß mit einem Wildschwein mit ihre Fahrzeug von der Fahrbahn abkam und in ein Feld raste. "Sie stieg aus und lief zurück. Sie wollte nach dem Tier sehen, andere Autofahrer warnen. Einer wich dem toten Tier aus und erfasste die Frau mit seinem Wagen. Sie starb.