“Dort wird etwas besonderes passieren.“ Das wusste Werner Evers, Mitglied beim Gospelchor Stormarn Singers, sofort, als der Chor zu einer Reise nach St. Louis im Süden der USA eingeladen wurde.

Großhansdorf. "Für jeden Gospelsänger ist es eine ganz große Sache, nach Amerika zu gehen", sagt er. Der Großhansdorfer, der zwölf Jahre Artdirektor beim Fernsehsender Sat.1 war, beschloss, einen Dokumentarfilm über die Reise zu drehen. "Ich wusste, dass wir auf große Kontraste stoßen würden", sagt Werner Evers. Anders als in Deutschland werde in den USA Gospel nicht nur als Musikstil verstanden. "Für die Amerikaner ist Gospel vielmehr die Verbreitung des Glaubens." Gestern Abend wurde der Film im Ahrensburger Marstall vor 300 Gästen zum ersten Mal einem größeren Publikum gezeigt. Niels Gehrmann, Vorsitzender des Chorvereins, war beeindruckt: "Das macht nachdenklich."

Als 50 Mitglieder der Stormarn Singers im Oktober 2007 zu ihrer zehntägigen Reise nach St. Louis aufbrachen, hatten sie sich ein Jahr lang gründlich auf die erwartete Konzerttournee vorbereitet. "Wir hatten - typisch norddeutsch - penibel geprobt, jede Note sollte sitzen, der Rhythmus perfekt einstudiert sein", erzählt Chormitglied Ulrike Dreyer von den Proben mit Chorleiter Eggo Fuhrmann in ihrem Probenraum in der Großhansdorfer Lungenklinik.

Doch anstatt organisierte Konzerte in Kirchen zu geben, landeten die Stormarner völlig unerwartet in Gottesdiensten, die die schwarzen Gläubigen laut und mit intensiven Gefühlen zelebrierten. "Die Prediger gingen bis zur Ektase. Das war völlig anders als bei uns", sagt Niels Gehrmann.

"Die Amerikaner haben teilweise geschrien und geweint, sind herum gesprungen", sagt Ulrike Dreyer. "Wir haben uns gefragt: Was passiert hier?" Die Erfahrung sei für viele Chormitglieder ungewohnt und überfordernd gewesen, einige hätten - konfrontiert mit dieser Emotionalität - auch Angst bekommen. "Wir waren zum Teil völlig geschockt", erinnert sich Werner Evers an die Erlebnisse in den ersten Tagen, in denen sie oft in Kirchen mit 200 bis 300 Menschen sangen. Immer dabei: zwei Filmstudenten der Fachhochschule Lübeck, die die Bilder für den Dokumentarfilm drehten. "Wir waren mit der Kamera mittendrin", sagt Werner Evers, der mit dem Film zeigen will, dass Gospel nicht nur Musik bedeutet.

"Am vierten Tag drohte die Reise zu kippen", sagt Ulrike Dreyer. Mit ihren amerikanischen Gospelkollegen vom Progressive Mass Choir St. Louis, mit denen die Stormarn Singers gemeinsam auftraten, besprachen sie die Probleme - und stellten fest, dass auch die Amerikaner über die ruhigen Deutschen verwundert waren. "Für viele der amerikanischen Gläubigen dort ist der Gottesdienst wie für einige Deutsche vielleicht ein Konzert von Michael Jackson. Wenn sie vom heiligen Geist erfasst werden, werden sie sehr emotional und laut", beschreibt die Sängerin die Unterschiede.

Die Aussprache half den deutschen und den amerikanischen Sängern, die unterschiedlichen Mentalitäten besser zu verstehen. "Der Rest der Reise war supertoll, auch wir Norddeutschen konnten unsere Gefühle besser als vorher zulassen." Die Erlebnisse in St. Louis möchte sie nicht missen. "Die Bilder von dieser Reise werden uns alle ein Leben lang begleiten."