In unserer Serie treffen wir Menschen aus Stormarn auf ihrer Lieblingsbank. Heute ist es der Mann, der die legendäre Kirchenkneipe am Langeneßweg mit aufgebaut und zehn Jahre betreut hat - und der nun geht.

Ahrensburg. Er ist eine Institution im Gartenholz. Hans Sallach wird von jedem gegrüßt, der ihm begegnet. "Das hier wird mir sehr fehlen", sagt der 75-Jährige, der zehn Jahre lang im Haus der Kirche die "Kirchenkneipe" der evangelisch-lutherischen Gemeinde Ahrensburg geführt hat und sein Amt nun abgibt. Jeden Montag, außer an kirchlichen Feiertagen wie Ostern und Pfingsten, öffnete er im Langeneßweg 4 von 19 bis 22.30 Uhr die hauseigene Kneipe. "Zwei Tische und einen Kühlschrank, mehr braucht es nicht für den Thekenbereich, und drumherum jede Menge Tische zum gemütlichen Beisammensein", beschreibt der Hobby-Wirt seinen geliebten Arbeitsplatz.

In diesen Tagen räumt er seine Zweizimmerwohnung im Niebüllweg und zieht nach Lübeck, seiner Frau zuliebe. Elisabeth Sallach wohnt dort seit acht Wochen in einem Pflegeheim für Blinde. "Es ging nicht mehr allein zu Hause. Der Arzt riet mir, kürzer zu treten und Hilfe in Anspruch zu nehmen", sagt Sallach, der seine schwerstbehinderte Frau bis dahin selbst betreut hatte. Eigene gesundheitliche Rückschläge hielten ihn nie davon ab, seiner ehrenamtlichen Verpflichtung als Wirt nachzukommen. "Diese Stunden waren für mich immer eine schöne Abwechslung, sonst war ich ja rund um die Uhr mit der Pflege meiner Frau beschäftigt."

Zu dem Ehrenamt war er durch seinen Freund Heinz Meier gekommen, der Kontakt zu Pastor Holger Weißmann pflegte. Der hatte vor zehn Jahren Helfer für den wöchentlichen Kneipenbetrieb gesucht. Meier und Sallach sagten zu - unter einer Bedingung: "Wir wollten, dass die Erlöse hier den Alten und Kindern im Rahmen der Kirchenarbeit zugutekommen", sagt Sallach. Bis zum Tod von Heinz Meier vor zwei Jahren bewirtschafteten die Freunde gemeinsam die Kirchenkneipe. Beim jährlichen Sommerfest der "Gartenhölzer" und an Himmelfahrt brummte der Laden. Dann konsumierten mehr als 100 Gäste das Bier für einen Euro und Grillwürstchen für 1,20 Euro. Die moderaten Preise gehörten zum Konzept, ein offenes Ohr gab es kostenlos dazu. Viele von Sallachs Nachbarn waren Stammgäste: "Für die Männer waren immer zwei Tische zum Skatspielen reserviert, die Frauen klönten an der langen Tafel." Fehlte ein dritter oder vierter Mann, sprang der gelernte Autoschlosser beim Skatspiel ein. "Bleib sitzen!", riefen dann die Gäste, die sich in solchen Momenten selbst aus dem Kühlschrank bedienten, den Verzehr notierten und Leergut zurückstellten.

Um die schweren Getränkekisten kümmerte sich ein Zivildienstleistender, Sallach übernahm die Erfüllung speziellerer Wünsche: "Den Likör für die Damen und den Jägermeister für die Herren habe ich selbst besorgt." Man merkt ihm an, dass er seine Aufgabe gern erfüllt hat. Der Wirt aus Leidenschaft erwarb sogar eine Gaststättenkonzession. Die Konzession hat seine Nachfolgerin Ruth Knobloch ebenfalls, das Staffelholz übergibt er der 53-jährigen Hamburgerin am Montagabend.

Am Monatsende geht es nach Lübeck. Sein dritter Ortswechsel und wohl sein letzter. Mit neun Jahren kam er aus Ostpreußen nach Trittau, vor zwölf Jahren zog er mit seiner Frau ins Gartenholz. Berufsbedingt kam er dennoch viel herum. Aus dem Schlosser wurde ein Fernfahrer. "Aber irgendwann wollte meine Frau die langen Trennungen nicht mehr, da habe ich den Busschein gemacht", sagt der rücksichtsvolle Ehemann. Er fuhr im Linienverkehr in Hamburg, bis er 59 Jahre alt war. Dann setzt ihm sein Körper Grenzen. Ein Jahr arbeitete er noch als Schlosser bei den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein, danach ging er in Frührente.

Die Kirchenkneipe wurde fünf Jahre später noch mal zur willkommenen Herausforderung. War er im Urlaub, sprangen Nachbarn als Vertretung ein. Ansonsten ließ er nichts zwischen sich und den Montagabend in der Kirchenkneipe kommen. Schwer vorstellbar, dass er nun die Hände in den Schoß legt. Trotz seiner Demenz wirkt Hans Sallach hellwach und vital. Kann er sich vielleicht einen Einsatz im Café des Lübecker Wohnheims vorstellen? Er lacht und winkt ab: "Erst mal ist ausruhen angesagt." Aber der Kontakt zum Hausmeister ist bereits geknüpft. Doch er wird sich schonen, "schließlich will ich in zwei Jahren mit meiner Frau noch Goldene Hochzeit feiern."