Sie ist als Kind auf Bäume geklettert, hat Bäche aufgestaut und ist mit ihren vier Brüdern den ganzen Tag draußen herumgetollt. Jetzt malt sie.

Reinbek. "Wir haben in der Natur herumgewühlt. Dabei hab' ich viel beobachtet und gesehen. All das Wurzelwerk und Geflecht spielt in meiner Malerei jetzt eine Rolle", sagt Ricky Winter.

Wer ihre Bilder anschaut, kommt nicht auf Anhieb darauf, dass ländliche Idylle und Naturerfahrung Inspiration waren. Auch Stormarns Landrat Klaus Plöger nicht, der mit Kreiskulturreferent Johannes Spallek auf seiner Sommertour das Atelier der Reinbekerin besucht hat.

Plöger schaut sich interessiert um. Er ist angetan. "Kann man das auch quer aufhängen?", kommt dann in gewohnt direkter Art seine Frage. Sie ist burschikos gestellt, aber berechtigt. Von Bäumen, Blättern oder Landschaft, die auf die Kindheitserfahrungen schließen ließen, ist nichts zu sehen. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Mit Blumenbildern hat es zwar angefangen. Jetzt sind die Arbeiten der Reinbekerin abstrakt, farbintensiv, mit großer Geste auf die Leinwand gebracht.

"Aber zack und drauf - so einfach ist das nicht. Ich ziehe genaue Striche und setzte bewusst Farbpunkte in die Fläche", sagt Ricky Winter. Manchmal dauere ein Bild eine Nacht, manchmal drei Jahre - so wie das mit dem bezeichnenden Titel "Endlich".

Vom Herumtollen auf dem elterlichen Bauernhof im Sauerland bis zum Malen dieser großformatigen, starken Acrylbilder sind Jahre vergangen. Die Heirat, mehrere Umzüge und die Geburt ihrer Kinder liegen dazwischen. Ricky Winter ist einen langen Weg gegangen, um an ihr Ziel zu kommen. Dafür gibt es jetzt auch keine Alternative mehr.

Malerei, das ist es. Dabei wollte sie eigentlich Designerin werden, besuchte mangels einer Ausbildungsstelle stattdessen die Hauswirtschaftsfachschule und studierte schließlich Ökotrophologie. "Meine Abschlussarbeit habe ich über Fettstoffwechsel geschrieben", sagt Ricky Winter. Aus dem Mund dieser Frau, die auch Papierkunst macht, ihre Farben selbst anmischt und nachmittags ab vier bis weit nach Mitternacht malt und malt, klingt das fast wie Ironie des Schicksals. Sie hat es allerdings gemeistert und ihrem Leben die entscheidende Wende gegeben.

Kann sie von ihrer Kunst leben? "Nein", kommt die offene Antwort. Ein Problem ist das zwar nicht. Es gibt noch den Ehemann, der das Geld verdient. Aber sich in den Elfenbeinturm zurückziehen, das will Ricky Winter auch nicht. So sprach sie Plöger bei einer Ausstellung im Ahrensburger Marstall an und lud ihn ein. Sie stellt auch aus. Zurzeit in der Alten Vogtei in Travemünde. Anja Es, die früher in Sandesneben wohnte und wirkte, leitet die Galerie gegenüber dem Anleger der Fähre zum Priwall. Landrat Plöger, zugleich Vorsitzender der Kulturstiftung der Sparkasse Holstein, war da. "Ich hab' in einer Ausstellung noch nie so viele Bilder auf einem Haufen gesehen, die mir gefallen haben", sagt er. Das lässt darauf hoffen, dass die Kulturstiftung vielleicht eines der Bilder ankauft. Rund 120 Werke sind schon in ihrem Besitz. Die neue Filiale der Sparkasse Holstein in Bad Oldesloe, mit ihren Ausstellungsflächen in der Galerie oben, böte genügend weiße Flächen. Im Oktober soll Eröffnung sein.

Plöger: "Vielleicht kauft ja auch die Sparkasse selbst etwas, aus ihrem Topf für Kunst am Bau." Oder der Landrat privat für seine Ferienwohnung? Dort könnte das Bild dann auch hoch oder quer hängen. Ganz wie es ihm gefällt.