Jürgen Timm hat es geschafft. Zwei Jahre hat er hart trainiert. Nun hat ein neuer Lebensabschnitt für ihn begonnen. Die “Alsterdorf Assistenz Umland“ hat ihn auf sein nunmehr selbstständiges Leben vorbereitet.

Bargteheide. "Ambulantisierung" heißt dieses Projekt. Das Programm reicht von Kochen über Wäschepflege, den Umgang mit Geld bis hin zur Gesundheitsvorsorge. Auch die Bewältigung von Konflikten, Erste Hilfe und Einkaufen stehen auf dem Plan.

Jetzt lebt Jürgen Timm in einem Apartment auf dem Kayhuder Moorhof. Auf 22 Quadratmetern ist Platz für Kochnische, Bett und seine Sammlung von Truck- und Motorradmodellen. Als Hausmeister des Hofs verdient Timm sich noch ein Zubrot. "Mir geht es besser als früher", sagt er, "ich kann jetzt über mein Geld selbst bestimmen." Mit seinem Freund Wolfgang geht er gern abends mal auf ein Bier ins Dorf.

Für ihn hat sich das Projekt gelohnt. "Ich kaufe jetzt selbst ein und koche mein eigenes Essen, das schmeckt mir besser", sagt er. Er bevorzugt Fisch. "Der ist eiweißreich", sagt er, "und ich kaufe gern Bioprodukte. Die sind zwar teurer, aber besser." Er ist stolz auf seine Sammlung von Spielzeugtrucks und -motorrädern. "Früher hatte ich einen Motorroller. Ich würde gern wieder einen haben." Auf dem Moorhof hat er bis vor einigen Jahren den Trecker gelenkt. "Jetzt ist mein Kreuz kaputt", sagt er.

Seit 1937 gehört der Moorhof mit seinen 49 Hektar Ländereien der Stiftung Alsterdorf. Die Bewohner schlagen dort Kaminholz ein, helfen bei der Aufzucht von Bioferkeln oder haben in den Oldesloer Werkstätten einen Arbeitsplatz. Auf dem ersten Arbeitsmarkt hätten sie keine Chance, sie brauchen geschützte Räume. "Die Bewohner sind lernbehindert", sagt die Leiterin des Moorhofs, Felicitas Straßberger, "viele sind schon seit Kindheitstagen traumatisiert."

Auf dem Weg in die Selbstständigkeit sind 21 Menschen mit Behinderung, die von der Assistenz betreut werden. Einige Kurse wurden in Zusammenarbeit mit der Bargteheider Volkshochschule angeboten. Von den 22 Teilnehmern hat nur einer aufgegeben. "Er wird später einen neuen Anlauf machen", sagt Projektleiter Michael Ollech, "andere sind richtig aufgeblüht." Alle erhielten jetzt einen Rucksack und eine Urkunde sowie einige nützliche Dinge für den Alltag.

Das Projekt wurde von der Hamburger Sozialbehörde angeschoben. Sie erhofft sich dadurch langfristig Einsparungen. Deshalb werden zunächst auch diejenigen "ambulantisiert", für die die Hamburger Behörden die Kosten tragen. 400 stationäre sollen in ambulante Betreuungsplätze umgewandelt werden. Ollech: "Ein Problem sind die hohen Mieten. Es gibt nicht genug bezahlbaren Wohnraum."

Die Bargteheider Volkshochschule bietet einige Kurse zur Verselbstständigung an. "Gesund und lecker Kochen für Singles", "Tipps und "Tricks beim Einkaufen" oder "Der Fleck muss weg" sind für alle Interessierten offen. "Unsere Dozenten sind es gewohnt, mit allen Zielgruppen zu arbeiten", sagt VHS-Leiterin Hannelies Ettrich. Das Angebot soll im kommenden Semester noch ausgebaut werden.