Kerzengerade sitzt Donata Nebel auf dem hölzernen Klappstuhl im Kaffeegarten des Zirkus', der gerade im Oldesloer Kurpark gastiert.

Bad Oldesloe. Sie trägt ein rotes T-Shirt und eine weite, knallbunte Hose, die von gelben Hosenträgern gehalten wird. Ihre rote Clownsnase hat sie sich auf die Stirn geschoben. Die blonden Haare sind zu zwei Zöpfen geflochten. "Das sind unsere Ubuntu-Zöpfe. Die hat mir Fiona vorhin gemacht", sagt Donata. Sie ist das Zirkuskind, das ein Jahr lang beim Circus Ubuntu gelebt hat - und das nach den Sommerferien wieder in sein altes Leben zurückkehren wird. Zu den Eltern in Bad Oldesloe, in ihr Jugendzimmer, das ihr plötzlich viel zu groß erscheint.

Zwölf Monate hat sie in "ihrem" Holzwagen gewohnt, auf acht Quadratmetern mit Tisch, Bett und Schrank. "Das ist total gemütlich", sagt Donata. Das "Wagen-Feeling" will sie auf jeden Fall in ihr Jugendzimmer transportieren. Wie? Das weiß sie noch nicht. Überhaupt: Der Abschied fällt ihr schwer. Das Leben in der Zirkusfamilie hat ihr gut getan, sie in ihrer Entwicklung vorangebracht, sagt sie. Sie habe Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten entwickelt, sei selbstbewusster, kontaktfreudiger und konfliktfähiger geworden, meint die 14-Jährige. "Dafür hätte ich sonst noch Jahre gebraucht."

Dabei war der Alltag im Winterquartier des Circus Ubuntu in Horst bei Elmshorn alles andere ein reines Freizeitvergnügen. Die Regeln sind strikt: keine Handys, kein Internet, kein Fernseher. Der Tagesablauf ist straff strukturiert, vom Aufstehen um 7 Uhr bis zum Löschen des Lichts am Abend um zehn. Dazwischen Küchendienst, Unterricht, Werkstattarbeit, Trainingsstunden. Donata hat Jonglieren gelernt, langsamer als die übrigen zwölf Zirkusschulkinder, wie sie sagt. "Aber ich kann es heute." Ihre Stärke ist die Schauspielerei: Sie ist am liebsten der Clown, hat eine eigene Nummer entwickelt.

Mit den zwölf anderen Zirkuskindern verbindet sie echte Freundschaft. "Wir sind ein große Familie geworden", sagt Donata, die - anders als die meisten der Zwölf- bis 17-Jährigen - nicht vom Jugendamt in das Projektgeschickt wurde.

Die Zirkusschule ist eine anerkannte Jugendhilfeeinrichtung. "Wir bieten Kindern und Jugendlichen einen Platz an, die soziale Schwierigkeiten haben und für einen begrenzten Zeitraum aus ihrem normalen Schülerdasein ausbrechen wollen", sagt Alexander Wilgenroth, Zeltmeister, Tontechniker und Trainer der Seilspringertruppe. In der Gemeinschaft lernen sie, sich selbst zu finden. "Die meisten müssen das versäumte Schuljahr nicht nachholen. Das sind die Erfolge, die die Zirkusschule verzeichnen kann", sagt Wilgenroth. Träger des Circus Ubuntu ist der 1995 gegründete "Verein Soziale Projekte". Die Mitglieder der Zirkusmannschaft arbeiten ehrenamtlich.

Bei Donata lag der Fall anders: Es waren die Eltern, die die Tochter auf die Zirkusschule aufmerksam machten. Und ihr erlaubten, ein Jahr Auszeit zu nehmen, die Oldesloer Gesamtschule mit einem Platz in der Zirkusschule zu tauschen. Für Donata war es die Chance, ihren großen Traum und ihre Kreativität ausleben zu können. An ihre alte Schule geht sie nicht zurück: Nach den Ferien wird sie die Walddorfschule in Hamburg-Bergstedt besuchen.

Sechs Wochen tingelt die Zirkusfamilie jetzt durch die Lande. Die große Tournee in den Sommerferien ist der Abschluss des Zirkusschuljahrs. An dem Programm wirken auch Jugendliche und Erwachsene mit, die jeden Sonnabend mit den Zirkusschülern geprobt haben. Alles in allem zählt die Truppe 75 Mitglieder, darunter 55 Kinder. Ihr fast dreistündiges Programm heißt "Sternen-Klänge": Zwischen Artistik, Jonglage, Clownerie und Musik erzählen sie eine Geschichte voller Fantasie und Poesie. Donata sagt: "Wir wollen das Publikum verzaubern."

Die Vorführung im Oldesloer Kurpark sind heute und morgen jeweils um 14.30 und um 19 Uhr. Eintritt: 15 Euro, für Kinder und Jugendliche 9 Euro.