Ohne Üben und Disziplin geht es auch bei aller Begabung nicht: Konstanze Erker, Marie Nagel, Björn Jürs und Björn Baxter über Erfolgsrezepte und ihre Zukunft.

Ahrensburg. Abitur mit der Note 1,0? Konstanze Erker (19) kennt die Reaktionen. "Natürlich haben einige aus dem Jahrgang gesagt: 'War ja klar. Du lernst ja eh den ganzen Tag.' Aber meine Freunde haben sich gefreut. Die haben das mehr kommen sehen als ich", meint Konstanze, die in Hamburg-Bergstedt wohnt und am Eckhorst-Gymnasium in Bargteheide ihr Abitur gemacht hat. Den ganzen Tag über gelernt hat sie natürlich auch nicht. Etwa einen Monat vor den schriftlichen Prüfungen begann sie mit den Vorbereitungen, zwei bis drei Stunden täglich.

Konstanze ist überzeugt davon, dass sie ohne ihren Perfektionismus und ihren Ehrgeiz nicht ein so gutes Abitur geschafft hätte. In ihren Lieblingsfächern Deutsch und Geschichte, die sie als Leistungskurse wählte, schrieb sie 13 und 14 von 15 möglichen Punkten. "Nachdem die schriftlichen Noten bekannt waren, wusste ich, dass ich selbst wenn ich mündlich null Punkte machen würde noch einen 1,3er-Schnitt hätte", sagt sie.

Konstanze Erker ist eine von vier Stormarner Abiturienten, die in diesem Jahr mit der Note 1,0 bestanden haben: Neben ihr sind das Marie Nagel (19, Emil-von-Behring-Gymnasium in Großhansdorf), Björn Jürs (19, Theoder-Mommsen-Schule in Bad Oldesloe) und Björn Baxter (19, Sachsenwaldschule in Reinbek).

"Ich habe mir mein Abi echt erarbeitet. Das ist mir nicht einfach zugefallen", meint Marie Nagel aus Großhansdorf. Sie stellte sich direkt nach den Weihnachtsferien einen Lernplan auf. Jeden Tag übte sie etwa zwei Stunden, sonntags sogar bis zu vier Stunden. In ihrer Abiturprüfung bekam sie in Biologie und Englisch 14 sowie in Latein und Geschichte 15 Punkte. Ihr schlechtestes Fach: Mathe mit 11 Punkten. "Gerade für Mathe habe ich mehr getan als für die anderen Fächer, aber jetzt weiß ich gar nichts mehr", sagt Marie und lacht.

Björn Baxter aus Reinbek schrieb in seinen Leistungskursen Mathe und Physik 15 und 14 Punkte. Mit dem Lernen hatte er nie Probleme. Zusammen mit drei Mitschülern übersprang er die zehnte Klasse. Den Stoff mussten sie nacharbeiten. "Wenn man sich alles selbst beibringt, beherrscht man die Materie besonders gut. Das ist besser, als wenn man ein Jahr lang einem Lehrer zuhören muss, und gibt zusätzliche Motivation", meint Björn. Zehn Monate vor dem Abi fing er an zu lernen. "Es ist wichtig, dass man auf das aufbaut, was man vorher gemacht hat. Die letzten Tage und Stunden bringen nicht viel." Björn lernte nicht jeden Tag, aber wenn, dann drei bis vier Stunden am Stück. Sein Ziel war klar: die 1,0.

Björn Jürs aus Bad Oldesloe hing in der heißen Phase vor dem Abitur bis zu sieben Stunden pro Tag über seinen Büchern. In drei seiner vier Prüfungen hat er 15 Punkte erreicht - in Physik, Mathematik und Latein. "Ich hatte immer einen Einser-Schnitt, aber noch nie 1,0", sagt Björn und grinst. Als Streber habe er deshalb aber nie gegolten. "Meine Freunde haben mir zum Abi gratuliert. Da war nichts Negatives."

Auch wenn alle Vier viel Zeit mit Lernen verbracht haben, so haben sie doch noch andere Hobbys. Konstanze Erker tanzt und segelt gern. Björn Jürs trifft sich mehrmals pro Woche mit ein paar Freunden zum Fußballspielen. Seit zehn Jahren spielt er Basketball beim VfL Oldesloe. Mit dem Klavierunterricht hat er allerdings vor dem Abitur aufgehört, um mehr Zeit zum Lernen zu haben.

Marie machte acht Jahre lang Jiu Jitsu, musste aber wegen eines Sehnenrisses gegen Ende der zwölften Klasse aufhören. Jetzt arbeitet sie jeden Freitag in einem Ahrensburger Café. Björn Baxter spielt seit vier Jahren Klavier und macht einmal die Woche Krafttraining im Fitnessstudio.

Und was fangen die Vier jetzt mit ihrem Einser-Abi an? "Ich will Journalistin werden", sagt Konstanze und lächelt. Sie hat sich schon an der Uni Hamburg für Medien- und Kommunikationswissenschaften beworben und sofort eine Antwort bekommen, dass sie mit ihrem Schnitt angenommen ist. Ihren Master in Journalismus will sie an der Hamburg Media School machen. Doch bevor sie anfängt, macht sie mit ihrer Familie Urlaub an der Schlei.

Am 1. August beginnt für Björn Baxter der Wehrdienst bei der Marine in Bremerhaven. "Da will ich mal etwas anderes erleben und Disziplin lernen." Am liebsten würde er danach Physik in Cambridge studieren: "Weil es eine renommierte Uni ist und man mit den Besten der Welt zusammen ist." Später möchte er Forscher in den USA werden, denn da gibt es "das beste Equipment".

arie reist im Herbst mit einem Freund für drei Monate nach Tansania. Dort möchte sie in einem Waisenhaus helfen. "Ich wollte nicht direkt nach dem Abi anfangen zu studieren. Denn wenn ich noch etwas Besonderes mache, dann jetzt", meint Marie. Die letzten beiden Wochen in Afrika will sie im Land herumreisen und sich Sansibar angucken. Für sie steht schon seit Jahren fest, dass sie später als Ärztin arbeiten will. "Da mache ich jeden Tag etwas anderes und bin ganz viel unter Menschen. Das ist total spannend."

Schon früh entdeckte Björn Jürs seine Liebe zu Neuseeland. "Ich war dreimal mit meinen Eltern dort. Die Natur ist sehr vielfältig, und das auf kleinem Raum. Das ist überwältigend." Kein Wunder also, dass er ab Oktober ein halbes Jahr in Neuseeland verbringt. Vorher macht er noch ein Praktikum in der Oldesloer Asklepios-Klinik. Das braucht er, denn er will Medizin studieren. "Als Arzt arbeitet man mit Menschen. Ich will später keinen Schreibtischjob haben", sagt Björn. Seine Eltern sind beide Mediziner und haben eine eigene Praxis.

In den vergangenen Jahren sind die Abiturienten in Schleswig-Holstein immer besser geworden. 2004 lag die Durchschnittsnote noch bei 2,64 landesweit, 2007 dann bei 2,61. Im vergangenen Jahr wurde in Schleswig-Holstein das erste Mal das Zentralabitur geschrieben. Viele Schüler befürchteten, dadurch schlechter abzuschneiden, doch der Landesschnitt besagt etwas anderes. Der lag nämlich bei 2,58. Den Durchschnitt für dieses Jahr hat das Kieler Bildungsministerium noch nicht ermittelt. Zahlen für Stormarn liegen dem Ministerium ebenfalls nicht vor.