Die Mediziner bleiben selbstständig, nutzen aber Räume, Technik und das Personal gemeinsam.

Reinbek. Was Frank Lindenlaub plant, gibt es in ganz Deutschland nicht: ein Ärztehaus nicht mit abgeschlossenen Praxen, sondern mit Räumen und Geräten, die von mehreren Medizinern genutzt werden können. Mit einem gemeinsamen Empfang und mit Personal, das alle Ärzte unterstützt. "Gesundheitszentrum" soll es heißen, und die Premiere ist in Reinbek geplant. Direkt neben dem Krankenhaus St. Adolf-Stift will die Hamburger Firma Actmedic, deren Chef Lindenlaub ist, das 4,5 Millionen Euro teure Gebäude bauen. Es soll rund 2400 Quadratmeter Nutzfläche haben und könnte Deutschlands erste echte Gemeinschaftspraxis werden. Der Bauantrag ist bereits gestellt. "Das ist unser Pilotprojekt", sagt Lindenlaub. "Es ist unsere Strategie, ein Haus dieser Art dann zu wiederholen." Im November solle Baubeginn sein.

Eine Kette also, die ihren Anfang in Reinbek nimmt? Bevor dies Wahrheit wird, muss Lindenlaub die niedergelassenen Ärzte überzeugen, in seinem Neubau Mieter zu werden. "Wir haben 100 Praxen in Reinbek und Umgebung angeschrieben", sagt Lindenlaub. Ärzte können nicht beliebig ihren Standort wechseln. Die Krankenkassen schreiben genau vor, welche und wie viele Praxen wo in Stormarn erlaubt sind. Das ist gewissermaßen ein Gebietsschutz für Mediziner. Auf der anderer Seite will man damit auch verhindern, dass sich in einem bestimmten Ort besonders viele Ärzte, in anderen aber keine niederlassen. Stichwort: wohnortnahe Versorgung.

Lindenlaub muss also Mediziner in der Region überzeugen. "Wir haben schon zehn oder elf Kandidaten, mit denen wir in engeren Gesprächen stehen", sagt er. "Ich hoffe, dass wir im September die ersten Verträge abschließen können." Für zwölf Ärzte sei in dem Haus am Krankenhaus Platz. Lindenlaub sieht sich als Dienstleister für selbstständige Mediziner. "Wir wollen ihnen alles abnehmen, was nicht mit der Patientenbehandlung zusammenhängt", sagt er. Er habe zum Beispiel erlebt, dass Arztpraxen derartig überlastet seien, dass dort niemand mehr ans Telefon gehe. "Das führt dann erst recht dazu, dass der Andrang noch größer wird, denn dann kommen die Leute einfach ohne Anmeldung in die Praxis." Im Gesundheitszentrum werde es eine Telefonzentrale geben, die ständig besetzt sei.

Kann man in unserem überbürokratisierten Gesundheitswesen mit einem solchen Konzept Gewinn machen? Lindenlaub glaubt es. "Mit einer besseren Praxisorganisation ist das zu schaffen", sagt er. Und er lädt die Ärzte ein, an den Gewinnen teilzuhaben. "Jeder, der bei uns einzieht, kann sich an der Betreibergesellschaft für das Haus beteiligen."

Der Glinder Gynäkologe Dr. Wolfgang Seebach, zweiter Vorsitzender des Praxisrings Südstormarn, sieht das Vorhaben skeptisch. "Kein Arzt hat die finanziellen Mittel, um seine Praxis, in die er viel Geld reingesteckt hat, einfach aufzugeben und woanders neu anzufangen. Die Praxiseinrichtung kostet einfach zu viel", sagt er. Für ihn käme es schon gar nicht in Frage, aus Glinde wegzuziehen. "Das wäre doch Verrat am Ort", sagt er.

Seebach stellt fest, dass sich mittlerweile auch immer mehr Patienten für die Frage interessierten, wie das Gesundheitssystem zu retten sei. Zu einer vom Praxisring organisierten Informationsveranstaltung in Glinde seien 100 Zuhörer gekommen. Auch Frank Lindenlaub war unter ihnen - Kontaktpflege mit Südstormarner Ärzten.