Jedes Jahr bekommen zwischen zehn und 18 junge Frauen in Stormarn ein Baby. Zwei berichten über ihre Sorgen - und über die schönen Momente.

Ahrensburg. Andere Mädchen in ihrem Alter begeistern sich für neue Schuhe - Sarah Lamprecht sammelt Kinderwagen. "Einige habe ich weiter verschenkt, jetzt sind es noch vier oder fünf", sagt Sarah, die mit 17 Jahren Mutter wurde. Ihr

Sohn Jerome krabbelt neugierig durch das Wohnzimmer ihrer Freundin Ariana Buchschmid. Die jungen Mütter helfen sich gegenseitig. Laut Statistikamt ist die Geburtenrate bei den 15- bis 18-Jährigen in Stormarn von 2001 bis 2007 zwar relativ gleich geblieben. Doch nach wie vor werden allein in diesem Kreis etwa zehn bis 18 Mädchen oder junge Frauen Mütter. Und die sind nach Einschätzung von Fachleuten oft auf Beratung (siehe Kasten) angewiesen.

Vor neun Monaten kam Jerome zur Welt. Da hatte Sarah gerade ihren Hauptschulabschluss in der Tasche. Ein Kind war eigentlich nicht geplant. "Als mir der Arzt sagte, dass ich schwanger bin, war da erst nur Panik und Angst", sagt Sarah. Sie war in der elften Woche, musste sich in wenigen Tagen entscheiden, ob sie das Baby bekommen wollte. "In der ersten Nacht habe ich kaum geschlafen", erinnert sich Sarah und streicht ihre schulterlangen Haare aus dem Gesicht. Mit ihrem Freund Marc Braunbarth, Jeromes Vater, stellte sie eine Liste auf, was für und was gegen ein Baby sprach.

"Da war viel mehr auf der Dagegen-Seite", sagt sie. Trotzdem hat das Paar sich für ihr Kind entschieden. Sarah fing sofort an, sich zu informieren, las Broschüren, ging zu Pro Familia und suchte sogar schon Kinderkrippen. "Ich war so stolz, als ich zum ersten Mal den Mutterpass in den Händen hielt", erzählt Sarah. In der Schwangerschaft sei sie kugelrund geworden. "Ich habe gleich mit zugenommen", sagt der 21-jährige Marc und klopft sich lachend auf den Bauch. Seine zierliche Freundin konnte ihren Bauch irgendwann nicht mehr verstecken. In der Berufsschule ignorierte Sarah die Blicke ihrer Mitschüler. "Wenn hinter meinem Rücken geredet wurde, war mir das egal", sagt sie. Zwei Monate nach ihrem Abschluss näherte sich der Geburtstermin. Da war Sarah 17 Jahre alt.

"Wir standen gerade in der Krankenhauskantine, als die Fruchtblase platzte", erzählt Marc. Zum Essen kam er an dem Tag nicht mehr. Über die Geburt seines Sohnes sagt er: "Das waren spannende 20 Minuten." Auch seinen Namenswunsch konnte er an dem Tag durchsetzen. Seine erschöpfte Freundin gab ihren Widerstand gegen "Jerome" auf.

Der Alltag mit dem Baby sei unkompliziert, finden die beiden, die in einer 2,5-Zimmer-Wohnung in Ahrensburg wohnen. "Wir haben uns das schwieriger vorgestellt."

Jerome sei ein echtes "Einsteigermodell", beschreibt Sarah ihren Sohn. Er habe fast nie geschrieen und nach kurzer Zeit durchgeschlafen. Nur das Stillen sei anstrengend gewesen, sagt seine Mutter. Ihre 21-jährige Freundin Ariana hat mehr Stress im Babyalltag. Ihre heute sieben Monate alte Tochter Julina sei ein Schreibaby gewesen, habe acht Stunden am Stück geschrieen, sagt die Alleinerziehende, die ihre Schwangerschaft erst im fünften Monat entdeckte. "Das war am Anfang schon heftig", sagt Ariana nachdenklich. "Aber jetzt ist es mit Julina sehr, sehr schön." Die zahnmedizinische Fachangestellte möchte im nächsten Jahr wieder arbeiten. Noch fällt es der jungen Mutter jedoch schwer, auch nur für kurze Zeit von Julina getrennt zu sein. "Aber ich brauche meine Arbeit und ich wollte auch nie von der Arge leben." Wie Sarah und Marc, der auf Ausbildungssuche ist, lebt sie im Moment von Hartz IV, Elterngeld und Kindergeld.

Die Freundinnen haben sich beim Frühstück für junge Mütter in der Beratungsstelle von Pro Familia in Ahrensburg kennen gelernt. "Ich dachte: Die ist ja noch viel jünger als ich", erzählt Ariana von ihrer ersten Begegnung. Sie unterstützen sich gegenseitig, werden von derselben Hebamme betreut. "Die ist toll, ich rufe sie heute noch in Notfällen an", sagt Sarah. Die Hebamme hilft den jungen Müttern auch bei Behördengängen, an denen sie oft verzweifeln. Ariana erzählt: "Einmal war das Milchpulver alle und ich hatte kein Geld mehr." Bei der Arge stieß sie jedoch auf taube Ohren. Dort hätten ihr die Blicke vielmehr gesagt: Ihr jungen Eltern habt doch alle versagt. "Allein hätte ich aufgegeben", sagt sie.

Da Sarah bei Jeromes Geburt noch minderjährig war, hatte zunächst das Jugendamt das Sorgerecht für ihren Sohn. "Wenn er mal einen blauen Fleck hatte, hatte ich schon Panik", berichtet Sarah. Aber es habe nie Probleme gegeben. Seit vier Monaten ist sie 18 und hat das Sorgerecht für Jerome.

"Ich bin verantwortungsvoller geworden", sagt Sarah. Und sie passe heute besser auf sich auf. Regelmäßig essen, weniger Cola, mehr Vitamine. Auch wenn es manchmal anstrengend sei, kann sich das junge Paar ein Leben ohne ihren Sohn nicht mehr vorstellen. "Es ist total faszinierend, was er alles kann", sagt der stolze Vater. "Mit dem Kopf schütteln, alleine sitzen, Türen öffnen - er lernt jeden Tag etwas Neues", freut sich Sarah. Jerome könne sogar schon "Mama" und "Papa" sagen.

Ob sie als junge Mutter nicht auch auf Vieles verzichten müsse? Sarah überlegt, ihr fällt nichts ein. Alkohol und Partys seien für sie noch nie wichtig gewesen. Auch ihr Freund hat nicht das Gefühl, etwas zu verpassen. "Ich habe schon alles gemacht", sagt er. Nur manchmal sei er ein wenig eifersüchtig auf den Kleinen, der die ganze Aufmerksamkeit seiner Mutter bekommt.

Eigentlich wollte Sarah nicht so früh ein Kind. "25 wäre ein gutes Alter", findet sie. Jetzt will die 18-jährige bald eine Ausbildung anfangen. Gerne würde Sarah Malerin lernen, ein Praktikum hat ihr bereits viel Spaß gemacht. Auch wenn Sarah und Marc genügend Kinderwagen für eine Großfamilie hätten - ein zweites Kind wollen die beiden frühestens in ein paar Jahren. Ihre Entscheidung für ihren Sohn hat Sarah jedoch nie bereut: "Ich bin so super glücklich."