Wohnen in Schleswig-Holstein, Schulbesuch in Hamburg: Mit diesem in der Metropolregion weit verbreiteten Lebensmodell könnte es schon bald vorbei sein. Die Landesgrenze könnte zur unüberwindbaren Mauer werden.

Ahrensburg. Denn Hamburg hat - wie berichtet - das Gastschulabkommen mit Schleswig-Holstein zum Jahresende gekündigt. Und Brigitte Köhnlein, die Sprecherin der Schulbehörde, lässt keine Zweifel an den Konsequenzen: "Wenn wir uns mit Schleswig-Holstein nicht auf einen neuen Vertrag einigen können, dann werden wir ab 2010 an unseren Schulen keine neuen Schüler aus Schleswig-Holstein aufnehmen. Jedenfalls nicht ohne Ausgleichszahlung für jedes einzelne Kind." Diejenigen, die jetzt schon in Hamburg unterrichtet würden, könnten ihre Ausbildung allerdings dort zu Ende führen.

Stormarner Politiker kritisieren den Streit um die Gastschüler. Thomas Schreitmüller, Bürgermeister der Gemeinde Barsbüttel, die direkt an der Landesgrenze liegt, sagt: "Das würden die Eltern nicht verstehen, wenn sie ihre Kinder nicht in eine Schule schicken könnten, die zwei Kilometer entfernt ist. Hier muss ganz schnell eine Lösung her, sonst gibt es in diesem Streit viele Verlierer."

Und der Oststeinbeker Joachim Wagner, CDU-Fraktionschef im Stormarner Kreistag, meint: "Im Interesse der Kinder muss man sich einigen, alles andere wäre absurd." Martin Habersaat, der SPD-Kreisvorsitzende, ergänzt: "Dass Kinder in Hamburg nicht aufgenommen werden, das darf es nicht geben."

Der Länderstreit um die Gastschüler zieht sich seit Jahren hin. Schon die derzeit geltende Regelung, die 2004 in Kraft trat, war nur eine Notlösung, die das Unvermögen der Vertragspartner beim Herbeiführen einer echten Einigung kaschieren sollte. Das Grundproblem ist bis heute geblieben: Hamburg will mehr Geld für die Gastschüler als Schleswig-Holstein zu zahlen bereit ist. 8,5 Millionen Euro überweist Kiel Jahr für Jahr an die Hansestadt, aber die möchte gern 30 Millionen Euro bekommen. In Zeiten knapper Staatskassen ist dieser Unterschied schon einen Streit wert.

Dennoch: Der aktuelle Schritt ist eine Eskalation. Denn auch in den Vorjahren hatte es regelmäßig die Möglichkeit gegeben, den Vertrag zu kündigen. Genutzt wurde sie nicht "Wir wollten jetzt nicht, dass sich der Vertrag automatisch verlängert", erklärt Köhnlein das Vorgehen der Behörde. "Wir gehen nach wie vor davon aus, dass es eine Einigung gibt. Es müsste doch eigentlich möglich sein, das zu regeln." 6315 Schleswig-Holsteiner werden derzeit an allgemein- und berufsbildenden Schulen in Hamburg unterrichtet, nimmt man staatliche und private Einrichtungen zusammen. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. 2004 waren es nur 3200 Gastschüler. Der aktuelle Wert entspricht etwa 210 Klassen.

Dem gegenüber stehen nur 747 Hamburger, die in Schleswig-Holstein zur Schule gehen. Eine Zahl, die es dem Kieler Bildungsministerium ein bisschen schwer macht, überzeugend zu argumentieren. In einer Pressemitteilung bezeichnet Bildungsstaatssekretär Wolfgang Meyer-Hesemann die finanziellen Forderungen der Hamburger dennoch als "ungerechtfertigt". "So muss auch das sehr kostenträchtige Kapitel der Hamburger Heimkinder, die in Schleswig-Holstein zur Schule gehen, berücksichtigt werden", heißt es im Text. Wie viele Kinder das sind, bleibt unklar. Meyer-Hesemann war gestern nicht zu erreichen, die Ministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) ebenfalls nicht: Sie weilte auf der Kieler Woche.