Die Nachbarinnen, die nach dem Verschwinden der Frau nachgehakt hatten, begleiten sie auf ihrem letzten Weg.

Ahrensburg

Es ist das würdevolle Ende einer unfassbaren Geschichte: Gertrud Peemöller ist am Donnerstag beigesetzt worden. Vier Monate und drei Tage nach ihrem Tod ist die Ahrensburgerin endlich an dem Ort, den sie sich als letzte Ruhestätte gewünscht hatte: im Familiengrab auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Vereint mit ihren Eltern und ihrer Tochter Marlies hat sie nun ihren Frieden gefunden.

Die Ereignisse der vergangenen Monate wirken nach. Während die Nachbarinnen gestern auf den Beginn der Trauerfeier warten, werden Erinnerungen wach, kommt die Wut hoch. "Man muss doch Mensch sein", sagt Ute Borchardt, die immer noch nicht begreifen kann, dass sich die Spur von Gertrud Peemöller (86) nach ihrem Tod am 17. März in einem Hamburger Krankenhaus in einem Wirrwarr von Behördenzuständigkeiten verlor (wir berichteten). Borchardt: "Da verschwindet ein Mensch einfach. Unglaublich." Nachbarin Edith Kurp: "Wenn ich mir vorstelle, Frau Peemöller wäre einfach nur lieblos unter die Erde gebracht worden!"

Zwei Mitarbeiterinnen der Friedhofsverwaltung stellen sich zu der Runde. Auch die Immobilienmaklerin Kristin Schropfer ist gekommen. Sie arbeitet ehrenamtlich für die Nachlassabteilung des Hermann-Gmeiner-Fonds, den Gertrud Peemöller als Alleinerbe eingesetzt hat. Der Verein, der weltweit 491 SOS-Kinderdörfer unterhält, hat die Trauerfeier ausgerichtet.

Zu Mozarts "Kleiner Nachtmusik" öffnet sich die Tür zur Kapelle 13: in der Mitte die mit Rosen geschmückte Urne, umgeben von Kandelabern und Teelichtern auf schwarzem Samt. In ihrem Schein wirken die auf den Boden gestreuten weißen Chrysanthemen wie Seerosen. Es sieht schön aus. Die heitere Gelassenheit der Musik erhellt den Raum, während sich draußen dunkle Wolken zusammenziehen.

Die Nachbarinnen haben sich auf die vorderen Bänke gesetzt. Es ist eine verschworene Gemeinschaft. Diese Frauen haben es geschafft, die im Kühlraum des Öjendorfer Friedhofes fast vergessene Gertrud Peemöller vor einem einsamen Ende in einem Reihengrab zu bewahren. Dies ist ein würdevoller Abschied.

Jede der vier Frauen hält eine Rose in der Hand. Die Blumen sollen Gertrud Peemöller auf ihrem letzten Weg begleiten. Vorne ist ihr Gesteck mit rosafarbenen Rosen und Nelken aufgebaut. "Ein stiller, letzter Gruß" steht auf der Schleife. Auf der anderen Seite: die Namen der Nachbarn.

"Sie wissen um die unschönen Dinge der vergangenen Monate. Das muss auch hier angesprochen werden", sagt Trauerredner Ulrich Erdlenbruch, der vorher mit Edith Kurp telefoniert hatte und auch durch die Berichterstattung dieser Zeitung über den "Fall Peemöller" informiert ist.

Der Trauerredner spricht schlicht und doch persönlich. Er spricht von den Schicksalsschlägen der Ahrensburgerin. Davon, dass ihr erster Mann nicht aus dem Krieg zurückkam, dass ihr zweiter Mann an Krebs starb. Davon, dass sie auch noch ihre Tochter loslassen musste, die an Leukämie starb.

"Nun ist ihre Gertrud nicht mehr da. Sie wird ihnen nicht mehr vom Fenster aus zuwinken. Wir spüren jetzt, wie kostbar das Leben ist. Und deswegen ist es so wichtig, sich für andere einzusetzen", sagt der Redner. Die Nachbarinnen verstehen genau, was er meint. Dann öffnet sich die Tür der Kapelle. Zu Händels "Ombra mai fu" - "Nie war der Schatten eines geliebten Baumes lieblicher" - folgt der kleine Trauerzug der Urne, hinaus in den Regen.