Manchmal reicht schon ein längeres Telefongespräch mit den Klienten, um erhitzte Gemüter zu besänftigen.

Bargteheide

"Durch mein Amt als Schiedsfrau bin ich verständnisvoller und nachsichtiger geworden", sagt Jutta Werner. Die Steuerberaterin arbeitet ehrenamtlich als Streitschlichterin in Bargteheide. Viele kennen diese Institution nicht. Sie ist die erste Instanz bei Nachbarschaftsstreit, Beleidigung oder auch bei Körperverletzung. Erst wenn diese Schlichtung scheitert, werden die Gerichte tätig. "Das wird dann deutlich teurer und dauert viel länger", sagt Jutta Werner.

Mit 75 Prozent liegt die Erfolgsquote in Bargteheide sehr hoch. Der Bundesschnitt liegt bei 55 Prozent. "Deshalb haben wir auf eine Neuausschreibung des Postens verzichtet", sagt Bürgermeister Henning Görtz (CDU). 2008 wurden Jutta Werner und ihr Stellvertreter Friedrich Westerworth von der Stadtvertretung für eine zweite Amtsperiode gewählt. In jenem Jahr hätte Werner fast die Traumquote von 100 Prozent erreicht. Doch den letzten Fall kurz vor Weihnachten konnte sie nicht schlichten. "Alles sah zunächst gut aus, ich dachte, das schaffst du", sagt sie. Doch nach vier Stunden scheiterte die Schlichtung. "Die Antragsgegner waren zu einem Kompromiss bereit", erzählt sie, "doch die andere Seite nicht." Das habe ihr Magendrücken beschert.

Westerworth erinnert sich an einen Termin mit zwei alkoholkranken Streithähnen. "Während der Verhandlung ließ der Alkoholpegel nach, und dann wurde es schlimm", sagt er. Schiedsleute sind immer auch Psychologen. "Die Streitgründe liegen oft tiefer", sagt Jutta Werner, "der über das Grundstück ragende Zweig ist dann nur der letzte Anlass." Zuvor hat sich der Ärger lange angestaut - vielleicht, weil ein Auto stets falsch geparkt wird oder der Nachbar nie grüßt.

Manchmal wollen sich die Klienten auch nur aussprechen. Dann reicht schon ein längeres Telefongespräch. "Wir nennen das Tür- und Angel-Fälle", erklärt Westerworth, "die tauchen in der Statistik bisher nicht auf."

Die Schlichter bemühen sich um Unparteilichkeit. "Wir gehen nie mit nur einer Seite auf ein Grundstück", sagt Jutta Werner, "es müssen immer beide Seiten anwesend sein." Die Schiedsleute versuchen, das Gespräch so zu steuern, dass die Kontrahenten selbst zu einer Lösung kommen.

Für eine Schlichtung wird eine Gebühr fällig - je nach Arbeitsaufwand zwischen 20 und 40 Euro. Die Hälfte wird an die Stadt überwiesen. Die zahlt dafür die Seminare, an denen beide regelmäßig teilnehmen.