Im Interview mit den Abendblatt-Redakteuren Franziska Behring und Ralph Klingel-Domdey erklärt Ursula Pepper auch ihre Sicht zu zwei Reizthemen.

Hamburger Abendblatt:

Frau Pepper, wie steht Ahrensburg finanziell da?

Ursula Pepper:

Gemessen mit anderen stehen wir gut da. 2009 haben wir 15 Millionen Euro Schulden, etwas mehr als in den Jahren zuvor. Das hängt auch damit zusammen, dass wir 2006 rund 4,6 Millionen Euro in die GAG investiert haben. Wir mussten ein Darlehen aufnehmen. Die Gewerbesteuer ist bei uns noch nicht eingebrochen. Da Ahrensburg jedoch nicht die Insel der Glückseligen ist, schließe ich nicht aus, dass das kommen wird.

Abendblatt:

Nach den Mai-Steuerschätzungen wird das Bild klarer. Sind Projekte in Gefahr, die im Rahmen des Konjunkturprogramms geplant sind?

Pepper:

Wir müssen damit rechnen, dass auch bei uns die Einkommensteueranteile sinken werden. Aber ein Konjunkturprogramm ist nur ein Konjunkturprogramm, wenn man es auch umsetzt. Vielleicht muss die Politik dann über neue Darlehen entscheiden.

Abendblatt:

Bei der Neugestaltung der Großen Straße lief alles nach Plan - bis das Verwaltungsgericht die Stadt ausbremste. Hat die Verwaltung Fehler gemacht?

Pepper:

Nein. Die Schwierigkeit bestand darin, dass sich die Bürger in der Entscheidungsfindungsphase noch nicht zu Wort gemeldet haben. Erst als ihnen die Details deutlich wurden, haben sie protestiert. Auch zu den Fahrradwegen und den Parkplätzen hat es Diskussionen gegeben - aber das war eine politische und fachliche Debatte. Empfindlich reagiert haben die Bürger beim Baumschnitt. Als die Initiative Bürger für Ahrensburg Unterschriften gegen die Kastenlinden gesammelt hat, haben wir mit dem Gutachter auf einer Infoveranstaltung die alternativen Schnitte und ihre Konsequenzen aufgezeigt. Dennoch blieb die Initiative bei ihrer Forderung.

Abendblatt:

Und die Folgen?

Pepper:

Die Meinung der Verwaltung ist, die Bürger hätten sich eher wehren müssen. Und zwar, als 2007 die Grundsatzentscheidung getroffen worden ist. Da hätten sie Zeit gehabt, loszuwetzen und zu sagen: Das wollen wir alles nicht. Im November 2008 ist der alte Beschluss immer wieder bestätigt worden. Die Frist für die Einreichung eines Bürgerbegehrens war abgelaufen. Diese Auffassung teilt das Innenministerium. Dann kam die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts, dass die Stadt die Bäume vorerst nicht schneiden darf.

Abendblatt:

Alles läuft auf einen Bürgerentscheid hinaus - wollen auch Sie ihn?

Pepper:

Wenn unsere Politik sagt, wir wollen die Entscheidung des Bürgerentscheids auch zu unserer Entscheidung machen, so ist das legitim. Fachlich freue ich mich, dass der Umweltausschuss bei seiner Position geblieben ist.

Abendblatt:

Wie bewerten Sie das Engagement der Bürger für Ahrensburg?

Pepper:

Es gibt Bürger, die sich engagieren, wenn sie unmittelbar betroffen sind. Etwa, wenn es um ihr Wohngebiet geht. Und Bürger, die sich engagieren, wenn es um das Herzstück der Stadt geht. Das muss man als hohe Identifikation der Bürger mit der Stadt ernst nehmen. Sie haben aus ihrer Sicht das Interesse, Gutes für Ahrensburg zu tun. Es steht aber auch oft der Wunsch dahinter, es möge sich möglichst wenig verändern. Das sind diejenigen, die jede Veränderung mit Skepsis betrachten.

Abendblatt:

Eine Veränderung des Rathausplatzes würden sicher viele begrüßen. Wann passiert dort endlich etwas?

Pepper:

Ob ich während meiner Amtszeit noch etwas auf den Weg bringen kann, weiß ich nicht. Meine Vorstellung ist, den Platz teilweise zu bebauen. Ich könnte mir eine Markthalle oder ein Geschäftsgebäude vorstellen. Der Platz muss baulich verkleinert werden, damit er als Platz wahrgenommen wird. Vielleicht passiert etwas, wenn das CCA fertig ist, mehr Menschen den Weg zwischen EKZ und Nessler nutzen.

Abendblatt:

Stichwort Verkehr. Ahrensburg ist in Stormarn die Hochburg der Einpendler. Ist die Stadt verkehrstechnisch gerüstet für die Zukunft?

Pepper:

Wenn die Menschen alle mit der Bahn kommen, ja (lacht). Wir haben optimale Verbindungen: Wir haben einen S-Bahnhof, zwei U-Bahnanschlüsse nach Hamburg, werden Ende 2009 einen S-Bahnhaltepunkt Gartenholz haben. Wir liegen an der Strecke des Regionalexpresses von Lübeck nach Hamburg. Das finde ich phänomenal. Und ich finde gut, dass wir unseren Bahnhof schick machen konnten. Er ist eine Visitenkarte der Stadt. Keine Stadt unserer Größenordnung hat so viele Möglichkeiten, sich an die Metropolregion anzunetzen.

Abendblatt:

Die meisten Pendler fahren aber lieber Auto...

Pepper:

Ja, und die haben das Problem mit unseren Knotenpunkten, also Beimoor-Süd und AOK-Kreuzung. Darum müssen wir uns kümmern. Und wir müssen die Nordtangente bauen, die in der Zukunftswerkstatt diskutiert wurde. Politik sollte sich zeitnah und eindeutig zu dieser Trassenführung bekennen.

Abendblatt:

Auch die Ahrensburger benutzen das Auto gern - in der City. Braucht Ahrensburg mehr Parkhäuser?

Pepper:

Ja. Wenn gegenüber vom AOK-Gebäude und an der Gerhardstraße gebaut wird, fallen viele innenstadtnahe Parkplätze weg. Ein Parkhaus mit Tiefgarage hinter der Sparkasse wäre etwas. An die Bürger möchte ich appellieren, das Auto auch mal gegen das Rad zu tauschen.

Abendblatt:

Gebe es weniger Einpendler bei zusätzlichem günstigen Wohnraum?

Pepper:

Ob man das so monokausal ableiten kann, weiß ich nicht. Aber natürlich brauchen wir Wohnraum, auch für junge Familien. Gerade wegen der demografischen Entwicklung. Ahrensburg hat eine hohe Wohnqualität, ist aber relativ teuer.

Abendblatt:

Also gibt es zu wenig bezahlbaren Wohnraum?

Pepper:

Wir können mehr davon gebrauchen. Für junge Familien und junge Leute, die noch am Anfang ihres Berufslebens stehen. Gott sei Dank sind wir uns alle einig, dass Ahrensburg behutsam wachsen soll. Und jeder weiß, dass das allein durch Nachverdichtung nicht zu bewerkstelligen ist. Es wird also die Frage sein, an welcher Stelle Wohnraum ausgewiesen werden kann.

Abendblatt:

Erlenhof?

Pepper:

Ein interessantes Gebiet. Das Gelände ist eine Verlängerung in Richtung Delingsdorf. Aber eine deutliche Trennung zwischen beiden Orten muss sein. Dort wären vielfältige Wohnformen möglich. Einzelhäuser, auch Mietwohnungen für junge Menschen, die in einer WG leben wollen.

Abendblatt:

Es entstünde quasi ein neuer Stadtteil?

Pepper:

Kommt drauf an, in welcher Größenordnung man denkt. Wir brauchen auch eine Verdichtung in der City.

Abendblatt:

Zum Beispiel an der Hansdorfer Straße/Ahrensfelder Weg?

Pepper:

Dort wird ein B-Plan aufgestellt. Das dauert noch ein Jahr. Aber es wird sicher nicht so hoch und dicht gebaut, wie ursprünglich vorgesehen.

Abendblatt:

Wie groß ist der Bedarf an Wohneinheiten?

Pepper:

Etwa 2600 bis zum Jahr 2030. Die Nachverdichtung bringt die Hälfte. Dazu muss es neue Wohngebiete geben.

Lesen Sie morgen: Wie denkt Ursula Pepper über ein Tourismus-Konzept für Stormarn und das Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung?