Krankenkassen haben den Versorgungsvertrag mit Ahrensburger Krankenhaus gekündigt. Patienten sollen länger als nötig behandelt worden sein.

Ahrensburg. Die Schließung der Klinik Ahrensburg hat anscheinend einen anderen Grund als bisher bekannt. Nach Informationen der Regionalausgabe Stormarn des Hamburger Abendblattes haben die Landesverbände der Krankenkassen den Versorgungsvertrag mit dem Krankenhaus bereits am 29. November vergangenen Jahres gekündigt. In einem Schreiben an das Sozialministerium heißt es, dieser Schritt resultiere aus einer Fehlbelegungsanalyse. Dem Papier zufolge hätte jeder fünfte Patient, der in den vergangenen Jahren stationär aufgenommen worden war, eigentlich ambulant behandelt werden sollen. Zudem soll bei 6,5 Prozent der Patienten der Aufenthalt länger als nötig gedauert haben.

Für ein Krankenhaus ist die Kündigung des Versorgungsvertrages quasi der Todesstoß. Weil die Ahrensburger Klinik mit 37 Betten im Krankenhausplan des Landes verankert ist, hätte das Kieler Sozialministerium innerhalb von drei Monaten Widerspruch gegen die Kündigung einlegen können. Tat es aber nicht. Ein Widerspruch wäre nur möglich, "wenn das Krankenhaus für die Versorgung unverzichtbar ist", sagt Ministeriumssprecher Christian Kohl.

Dr. Martin Zellner, Betreiber der Klinik Ahrensburg, wollte trotz mehrfacher Nachfrage nichts zur Kündigung des Versorgungsvertrages sagen. Laut Paragraf 17c des Krankenhausfinanzierungsgesetzes kann der Medizinische Dienst der Krankenkassen, kurz MDK, stichprobenartig prüfen, ob Fehlbelegungen in einer bestimmten Klinik vorliegen. Zuvor müssen die Vertreter der Krankenkassen dem jedoch mehrheitlich zustimmen. Wer eine Überprüfung in Auftrag geben hat, ist unklar, der MDK wollte bisher dazu nichts sagen. Eine Aufhebung des Vertrages ist laut Sozialgesetzbuch V (§110) auch nur dann zulässig, wenn die Kündigungsgründe nicht nur vorübergehend bestehen.

Obwohl der Chef der Ahrensburger Klinik seine Unterlagen offenlegen musste und vom MDK nach den Kontrollen ein Ergebnis bekam, rechnete er offenbar nicht mit dieser Reaktion der Krankenkassen. Noch am 23. Oktober vergangenen Jahres kündigte Martin Zellner an, mit der Klinik von der Manhagener Allee an die AOK-Kreuzung in der Innenstadt zu ziehen, ungeachtet dessen, dass mit der Gesellschaft für Systemberatung im Gesundheitswesen (GSbG) ein Rechtsstreit um die 37 Planbetten lief. Die GSbG ist Eigentümer der Immobilie an der Manhagener Allee. Zellner als Pächter war der Meinung, die Planbetten stünden seiner Klinik zu. Die GSbG, die auch Trägerin der Großhansdorfer Park-Klinik Manhagen ist, war der Ansicht, die 37 Betten gehören zur Immobilie, für die der Pachtvertrag am 30. Juni ausläuft. Im Dezember 2010 urteilte das Verwaltungsgericht in Schleswig, dass der Klinik Ahrensburg die Planbetten zustehen. Kurz darauf teilte das Landgericht in Lübeck die Auffassung der GSbG. "Wir haben uns um Betten gestritten, die es gar nicht mehr gab", sagt Prof. Hans-Heinrich Rüschmann, Gründer und Geschäftsführer der GSbG. Denn mit der Analyse über Fehlbelegungen und der Kündigung des Versorgungsvertrages sind seiner Ansicht nach die Planbetten gestrichen. Ob sie der Region gänzlich verloren gehen, entscheidet die sogenannte Beteiligtenrunde heute Abend.

Das Gremium, das sich unter anderem aus Vertretern der Krankenhausträger, der Krankenkassen und der kommunalen Spitzenverbänden zusammensetzt, soll zudem beraten, wie die Unfallversorgung nach der Schließung der Ahrensburger Klinik in der Region gewährleistet bleibt. Ein Beschluss dürfte jedoch nur noch pro forma sein. Denn die Pläne für eine Unfallchirurgie in der Park-Klinik Manhagen liegen bereits in der Schublade des Geschäftsführers Christian Rotering. Der Anbau ist bereits fertig. Anfang kommenden Jahres soll die unfallchirurgische Notfallaufnahme in Betrieb gehen. Einen zweistelligen Millionenbetrag investierte die Trägergesellschaft GSbG dafür. "In Sachen Orthopädie sind wir Spezialisten, da liegt es doch nahe, dass wir die Unfallchirurgie für die Region übernehmen", sagt Hans-Heinrich Rüschmann: "Die Mitarbeiter der Asklepios Klinik Bad Oldesloe sind Spezialisten im Bereich der allgemeinen Chirurgie, deswegen ist es richtig, dort künftig entsprechende Notfälle zu behandeln."

Auch das Amalie Sieveking Krankenhaus in Hamburg-Volksdorf, das nur rund acht Kilometer von Ahrensburg entfernt liegt, wird künftig Notfälle behandeln, die zuvor in der Schlossstadt versorgt wurden. "Die Ahrensburger werden es gar nicht merken, dass sie keine eigene Klinik mehr haben", mutmaßt Park-Klinik-Chef Christian Rotering. Rund 1400 Patienten waren in der Vergangenheit pro Jahr in der Klinik Ahrensburg behandelt worden. 2010 wurden noch 567 Notfälle dort eingeliefert, bis Mitte Mai dieses Jahres wurden 158 Patienten mit dem Rettungswagen in das kleine Krankenhaus gebracht. Das sei im Vergleich mit den umliegenden Krankenhäusern nur ein kleiner Teil.

"Wir behandeln jährlich rund 4500 Patienten aus dem Kreis Stormarn", sagt Hans-Peter Beuthien, Geschäftsführer des Amalie Sieveking Krankenhauses. Insbesondere internistische Notfälle werden aus Ahrensburg nach Volksdorf gefahren. "Wir arbeiten bereits seit einigen Jahren eng mit dem Rettungsdienst-Verbund Stormarn zusammen", sagt Beuthien. Dabei spiele Telemedizin eine wichtige Rolle. "Erleidet ein Ahrensburger beispielsweise einen Herzinfarkt, wird er im Rettungswagen ans EKG angeschlossen, die Ergebnisse werden per Funk an die Kardiologie gesendet. Der Facharzt kann Anweisungen geben."

Geklärt werden muss jetzt aber, wie die unfallchirurgische Versorgung in Ahrensburg geregelt wird. "Es ist in den vergangenen Monaten viel Porzellan zerschlagen worden, das jetzt wieder zusammengesetzt werden muss", sagt Christian Rotering, der sich mit den Ärzten in Ahrensburg zusammensetzen möchte. In dem Gespräch sollen Zuständigkeiten geklärt werden. Bis das neue Ärztehaus an der AOK-Kreuzung eröffnet, soll der Unfallchirurg Dr. Helge Hansen mit seiner Praxis in dem Klinikgebäude an der Manhagener Allee bleiben dürfen.

Hans-Heinrich Rüschmann: "Auch Dr. Zellner kann bis Jahresende dort seine Praxis weiter betreiben. Vorausgesetzt, er beendet den Rechtsstreit mit uns." Denn der Facharzt für Orthopädie habe das Urteil des Landgerichts Lübeck im Bettenstreit angefochten. Martin Zellner soll gegenüber der GSbG signalisiert haben, das Verfahren zu beenden.