Abschlag: Wir stellen in einer Serie die Golfplätze in der Region vor. Heute der Golfclub GreenEagle in Winsen

Zuerst einmal tief durchatmen und die Augen genießen lassen. Rechts die Mauer aus mächtigen Findlingen, davor ein bisschen weißer Sandstrand, über Sitzen und Liegen ein rotes Zeltdach, der grün schimmernde See mit einer Entenfamilie. Dann der Blick über das weite Grün bis zum Horizont. Von links jagen kurze, harte Töne in die Landschaft. Das typische Ping, wenn der Golfschläger den kleinen Ball in den Himmel schießt. Es gibt keinen besseren Platz, als hier auf der Klubhaus-Terrasse bei einem Cappuccino die Gründungsgeschichte des Golfclubs GreenEagle in Winsen erzählt zu bekommen.

Es ist eine schöne Geschichte. Und auch sie beginnt wie im Märchen mit den Worten: Es waren einmal zwei Jungen, die in der Schule Freunde fürs Leben wurden. Als sie 13 und 14 Jahre alt waren, lieferten sie sich ehrgeizige Duelle mit den Golfschlägern beim Klub St. Dionys. Der Sport mit den Schlägern und den kleinen, harten Bällen begeisterte und fesselte die beiden Freunde. Und prägte ihr Leben. Michael Blesch, 41, um einen Tag älter als Ralf Lühmann, ließ sich zum Golflehrer ausbilden. Als seine dreijährige Lehrzeit beendet war und Ralf Lühmann noch mitten im Studium zum Bauingenieur steckte, gärte in den beiden eine verwegene Idee. Und noch heute, auf der Terrasse, mit dem modernen Klubhaus im Rücken und der weitläufigen Golfanlage vor Augen, kann man nachvollziehen, wie die Eltern von Michael Blesch damals reagierten: "Was wollt ihr, einen Golfklub gründen? Ohne einen Pfennig Geld? Na, dann träumt mal weiter."

Nun muss man, um die Grundüberlegungen der wagemutigen Freunde zu verstehen, sich noch einmal die damalige Situation des Golfsports in Deutschland in Erinnerung rufen. Golf war eine der exklusivsten Sportarten überhaupt. Die wenigen Klubs mit den schönen, weitläufigen Anlagen hatten sich mit besonderen Eintrittsbedingungen (bei vielen waren zwei Bürgen erforderlich) und hohen Beiträgen abgeschottet. "Kaufe ich mir einen Mittelklassewagen oder bezahle ich die Eintrittsgebühr für einen Golfklub? Das war damals die Alternative", sagt Michael Blesch, der in Bardowick auch Fußball spielte und St. Pauli-Fan auf ewig ist. "Viele unserer Freunde konnten sich Golf nicht leisten", ergänzt Ralf Lühmann.

Aber dass Golf auch vielen Spaß machen würde, denen die Tore verschlossen waren, davon waren die beiden Freunde überzeugt. Nicht gerade Golf für alle, aber doch ein Angebot ohne Hindernisse und abschreckende Formalitäten zu einem vernünftigen Preis - das war das Ziel, von dem sich das Duo Blesch & Lühmann nicht mehr abbringen ließ.

"Die erste wichtige Voraussetzung für unsere geplante Anlage war die neue Autobahn von Hamburg nach Lüneburg", sagt Ralf Lühmann, "dadurch sind uns Harburg und Hamburg näher gerückt." Und Michael Blesch fügt an: "Als nächstes ist uns gelungen, 28 Landwirte davon zu überzeugen, ihre Wiesen und Äcker langfristig an uns zu verpachten. Inzwischen umfasst der Golfclub GreenEagle mit den zwei 18-Loch-Plätzen ein Areal von 186 Hektar."

Aber stopp, so weit waren die beiden jugendlichen Golf-Revoluzzer Anfang der 90er-Jahre noch lange nicht. Allerdings, bei der Stadt Winsen, beim Landkreis Harburg und auf allen kommunalen Ebenen hielt man den Wagemutigen freundlich die Türen auf. "Es dauerte nur drei Jahre, da hatten wir alle Genehmigungen unterschrieben und abgestempelt", bekräftigt Ralf Lühmann, "das ist sensationell für eine neue Golfanlage."

Der eigentliche Startschuss kam nach diversen Anzeigen im Abendblatt. Auf die meldeten sich 400 Interessierte, die bereit waren, je 300 Mark in die Kasse des neuen Golfklubs einzuzahlen, der ja nur auf dem Papier bestand. Das entscheidende Lockmittel: Golfspielen für 140 Mark Monatsbeitrag.

Dann endlich, im Sommer 1996, kam der historische Tag. Michael Blesch und Ralf Lühmann kamen mit Arbeitshandschuhen, mit Zangen, Spaten und Äxten an. "Zuerst haben wir die Zäune an den Wiesen niedergerissen", erzählt Ralf Lühmann, "dann rückten zwei Bagger an. Die ganze Planung von der Driving Range bis zu den 18 Bahnen, von den Wirtschaftsgebäuden bis zum Klubhaus, haben wir selbst gemacht."

Mit einem Tag der offenen Tür wurden 1999 die ersten neun Spielbahnen eingeweiht. Ein Jahr später wurde die 18-Loch-Anlage fertiggestellt, den sie heute Süd-Course nennen. Sechs Jahre später kam der öffentliche Platz mit sechs Löchern dazu. "Da kann jeder kommen und spielen", bekräftigt Lühmann, "für 15 Euro an Werktagen und 20 Euro am Wochenende."

Mit einer Holzbrücke über die Kreisstraße verbunden, wurde 2008 der sogenannte Nord-Course fertiggestellt. Den haben die beiden Jungunternehmer mit Blick auf den großen, internationalen Golfsport konzipiert. "Unser Nord-Course ist der anspruchvollste Platz in Deutschland", bestätigt Michael Blesch. Als Alice Cooper, der US-Rocker, in Winsen zu Gast war, schimpfte er die Anlage als "grünes Monster".

Was aber ist beim Golfclub GreenEagle verwirklicht von den einst aufmüpfigen Schulfreunden bei St. Dionys? "Wir haben viele junge Mitglieder zum Golfsport gebracht", sagt Michael Blesch und wendet sich einem Herrn am Nebentisch zu. "Aber wir sind ja auch ganz lieb zu den Älteren, oder?" Beide lachen. "Bei uns darf jeder auch mit Jeans auf den Platz. Golf mit viel Spaß, mit lockerem Miteinander und ohne exklusives Getue, modern und ohne bürokratische Hindernisse organisiert - darauf basiert unser Erfolg. Grundsätzlich ist Deutschland im Golfsport allerdings noch immer ein Entwicklungsland."