Heidschnucken sollen den Landschaftscharakter erhalten und Wildwuchs beseitigen

Stade-Barge. Peter Vollmers hat sich einen Traum erfüllt. "Schon als kleiner Junge wollte ich Schafe haben", sagt er. Als er 1993 den elterlichen Hof übernahm, kaufte der Landwirt und Diplom-Agraringenieur seine ersten drei Schafe. Heute hat er eine eigene Herde weißer Heidschnucken - gerade sind die ersten Lämmer dieses Frühjahrs geboren worden. Auch wenn bei Peter Vollmers "ein bisschen Hobby dabei ist", haben die Schnucken einen klaren Auftrag: Sie sollen helfen, den typischen Landschaftscharakter der Barger Heide zu erhalten.

Der Schäfer, der seine Tage mit seinen braven Hunden und den blökenden Schafen inmitten einer idyllischen Heidelandschaft verbringt - von dieser Klischeevorstellung weicht die Stader Realität ab. Anders als in der Lüneburger Heide sind die hiesigen Schnucken nicht tagein tagaus mit dem Schäfer auf den endlosen Heideflächen unterwegs. Nein, sie suchen ihr Futter auf eingezäunten Weiden.

Peter Vollmers erhielt im Jahr 2004 einen Pachtvertrag

Doch genau wie in der Lüneburger Heide erfüllen die Schnucken auch hier eine wichtige Aufgabe zum Erhalt der Landschaft. Wenn sich Bäume, Büsche und Grasflächen ausdehnen, gehen die Flächen der im Spätsommer so eindrucksvoll violett blühenden Heide zurück. Damit die typische Landschafts- und Vegetationsform erhalten bleibt, muss der Mensch eingreifen und Gehölz und Gräser entfernen - das ist auch in der Barger Heide nicht anders.

Weil das in Stade erkannt worden ist, erhielt Peter Vollmers 2004 einen Pachtvertrag - der Erfolg ist in der Landschaft erkennbar. "Durch die Schafbeweidung hat sich binnen relativ kurzer Zeit die Vegetation merklich verändert, die Landschaft ist wesentlich offener geworden", resümiert Vollmers. Die 36 Hektar große Barger Heide ist teilweise bereits wieder eine richtige Heidelandschaft und als solche ein beliebtes Naherholungsziel. Doch in diesem Jahr müssen sich Spaziergänger und Wanderer auf einige Neuerungen einstellen.

So werden Zäune gezogen und kleinere Wege gesperrt, um die Heideflächen zu schützen, doch "die Hauptwege bleiben frei für Wanderer", verspricht Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof. Er hebt die Bedeutung der Barger Heide als Natur- und Erholungslandschaft hervor und nennt das Gebiet "ein wunderschönes Schmuckkästchen" in der Region. Entstanden ist die Barger Heide schon während der jüngsten Eiszeit vor rund 10 000 Jahren. Der Westwind hatte damals Sand zu Dünen aufgeschichtet, die auch heute noch im Landschaftsbild als wellige Oberflächen weithin erkennbar sind. Der sandige, an Erde arme Boden begünstigte die Ansiedlung von Eichen und Birken. Als die Bäume zur Brennholzgewinnung gerodet wurden und das Gebiet als Weidefläche diente, verbreitete sich dann auch das typische Heidekraut. Schon im 18. Jahrhundert wies die Karte der "Kurhannoverschen Landesaufnahme" den Bereich im Stader Süden als Heidelandschaft aus.

Die militärische "Karriere" der Barger Heide begann dann in der Kaiserzeit, als die Infanterie aus Harburg einen Übungsplatz einrichtete. Seit 1935 übten hier die Luftwaffe und die Pioniere, seit 1955 die Bundeswehr. 1980 hat dann die Stadt das Gelände gekauft - mit dem Ziel, die Heidelandschaft wieder herzustellen.

Unkontrollierter Wildwuchs von Büschen und Bäumen hatte die Heide zurückgedrängt. Deshalb lässt die Stader Stadtverwaltung inzwischen regelmäßig Büsche entfernen, Bäume fällen, Flächen mähen und Schnucken weiden. "In zehn oder 20 Jahren wäre sonst hier keine Heide mehr", begründet Bürgermeister Rieckhof die Maßnahmen.

Dass nun zusätzliche Zäune die Heideflächen schützen und einzelne Wege gesperrt werden, bringt Einschränkungen für Spaziergänger mit sich. Bürgermeister Rieckhof hofft auf das Verständnis der Erholungssuchenden und appelliert: "Bleiben Sie auf den Wanderwegen, leinen Sie Ihren Hund an." Reiter sollten nur auf den ausgewiesenen Reitwegen ihrem Sport nachgehen, Motorfahrzeuge sind nicht erlaubt, auch aufs Feuer- und Lärmmachen sollte in der Barger Heide verzichtet werden.

Das Areal ist Bestandteil des EU-Schutzgebietes Schwingetal, eines Flora-Fauna-Habitat- (FFH-) Gebietes. In Stade hofft man auf künftige Fördermittel des Landes Niedersachsen und der EU. Diese Gelder werden benötigt für den Einsatz von Spezialgeräten zur Reduzierung des unerwünschten Bewuchses.

Mitte April verlassen die Schnucken den schützenden Stall

Doch bei allem maschinellen Einsatz, der heute möglich ist, bleibt der Beitrag der robusten und genügsamen Schnucken für die Landschaftspflege weiterhin unverzichtbar. Die Herde von Peter Vollmers besteht inzwischen aus 40 Mutterschafen, in diesem Jahr werden 50 neue Lämmer erwartet. Zurzeit ist die Herde noch auf Hof Barge im Winterquartier untergebracht. Aber ab Mitte April, wenn der Frühling lockt, verlassen die Schnucken dann wieder den schützenden Stall.